© Walther Gastinger / WWF
WWF-Studie: Unsere Natur, die unbekannte Verbündete des Klimas
Die Rolle der Natur im Sechsten IPCC-Sachstandsbericht
Ob saubere Luft, trinkbares Wasser oder fruchtbare Böden für den Anbau von Nahrungsmitteln: Unsere Natur erbringt viele Leistungen, die für unser Leben essentiell sind. Das ist den meisten Menschen bewusst. Weitgehend unbekannt ist jedoch, dass die Natur auch unsere beste Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise ist. Welche wichtige Rolle die Natur im Kampf gegen den Klimawandel spielt, zeigt der neue WWF-Bericht „Die Verbündete unseres Klimas“ basierend auf dem 6. Sachstandbericht des Weltklimarats (IPCC). Doch damit die Natur uns eine Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise sein kann, müssen wir aufhören sie zu zerstören. Wir müssen uns zunächst mit ihr verbünden und ihr genügend Raum lassen.
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DER MENSCHENGEMACHTEN CO2-EMISSIONEN WURDEN IN DEN LETZTEN 10 JAHREN VON DER NATUR GESPEICHERT
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DER MENSCHENGEMACHTEN CO2-EMISSIONEN WURDEN IN DEN LETZTEN 10 JAHREN VON DER NATUR GESPEICHERT
Intakte Natur verlangsamt die Erderhitzung und schützt uns vor den Folgen der Klimakrise
In den vergangenen 10 Jahren haben Ozeane, Pflanzen, Tiere und Böden 54 % des vom Menschen verursachten CO2 aufgenommen und dadurch die Erderhitzung stark verlangsamt. Das bewahrte die Menschheit vor weitaus schwerwiegenderen Auswirkungen der Klimakrise.
Zugleich schützt uns die Natur mit ihrer Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit vor den Folgen der Klimakrise. Indem zum Beispiel intakte Wälder überschüssiges Regenwasser nach Starkregen aufnehmen, verhindern sie Erdrutsche und Schäden durch Überschwemmungen.
All das macht die Natur zu unserer stillen Verbündeten zur Bewältigung der Klimakrise.
Natur schwindet schneller als je zuvor
Wir laufen Gefahr, die Natur als Verbündete zu verlieren. Eine Million Arten sind akut bedroht. Haupttreiber des Artensterbens sind Lebensraumzerstörung, Übernutzung und die Klimakrise. Durch Verschmutzung, Übernutzung und Zerstörung geraten natürliche Kreisläufe ins Wanken. Steigende Temperaturen und neue Niederschlagsmuster führen dazu, dass Tiere und Pflanzen ihre Lebensräume verlassen. Auf diese Weise verändern sich ihre Verbreitungsgebiete, was wiederum die Nahrungsnetze und Fortpflanzungsmuster stört. Auch extreme Wetterereignisse wie Dürren, Waldbrände oder Hitzewellen im Meer verfügen über das Potenzial, ganze Ökosysteme zu zerstören und Massensterben zu verursachen.
Jenseits bestimmter Schwellenwerte werden einige Auswirkungen der Klimakrise unumkehrbar. Den tropischen Korallenriffen der Welt droht selbst bei einer globalen Erhitzung von 1,5 °C eine nahezu vollständige Zerstörung. Wenn Gebiete mit Regenwald zu stark zerstört und zerstückelt sind, können sie dauerhaft zu Savanne werden. Gletscher in Österreich oder ausgetrocknete Gewässer können nicht wiederhergestellt werden.
Die Risiken bedrohen nicht nur die Natur, sondern auch uns Menschen, unsere Kultur und unsere Wirtschaft. Intakte Ökosysteme garantieren uns Nahrung, Wasser, Luft, schützen vor Krankheiten und versorgen uns mit Energie und Ressourcen. Wir halten viele dieser Leistungen für selbstverständlich. Dabei versäumen wir, das zu schützen, was letztlich uns selbst am Leben hält.
Ohne Naturschutz kein Klimaschutz
Weltweit müssen wir unsere Treibhausgasemissionen bis 2030 mehr als halbieren. Zusätzlich ist es notwendig, die Fähigkeit der Natur zu nutzen, Kohlenstoff zu speichern und das Klima zu regulieren. Nur so können wir im Einklang mit dem Pariser Abkommen die globale Erhitzung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau begrenzen, die Folgen der Klimakrise minimieren und dadurch eine lebenswerte Zukunft für uns alle ermöglichen.
Konkret bedeutet das:
Naturjuwele schützen
Nach den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie sollen 30 % der Landflächen bis 2030 unter Naturschutz gestellt werden, circa ein Drittel davon als streng geschützte Gebiete. Die Politik hat hier enormen Nachholbedarf. Aktuell sind weniger als 3 % streng geschützt.
Zerstörte Ökosysteme wiederherstellen
Die Wiederherstellung von zerstörten und belasteten Ökosystemen ist die beste Vorsorge gegen die Klimakrise. Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 gibt als Ziel vor, bei 30 Prozent der Lebensraumtypen und Arten eine Verbesserung zu erreichen. In Österreich sollten beispielsweise Tausende unnötiger Flussverbauungen zurückgebaut werden. Laut Umweltbundesamt würden solche Renaturierungen für rund 15 Prozent der Landfläche Investitionen von rund 10,7 Milliarden Euro erfordern. Damit ließen sich zugleich eine Vielzahl von Green Jobs sichern und schaffen. Besonders wichtig ist ein ambitioniertes EU-Renaturierungsgesetz.
Naturverträglich investieren
Falsch ausgerichtete Subventionen und Steuern befeuern sowohl die Klima- als auch die Biodiversitätskrise. Die Folgekosten trägt letztendlich die gesamte Gesellschaft – wegen ausbleibender Ökosystemleistungen und der Folgen der Klimakrise. Daher muss die Politik umwelt- und klimaschädliche Subventionen abbauen. Allein in Österreich liegt das Volumen laut WIFO-Angaben bei mindestens sechs Milliarden Euro pro Jahr.
Klimaschutzgesetz für Österreich
Die Bundesregierung muss ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz mit integrierten Energiespar- und Klimaschutz-Maßnahmen beschließen. Dieses Gesetz muss vor allem die folgenden Punkte gewährleisten: verbindliche Ziele für die Klimaneutralität 2040; jährliche Emissionsziele für jeden Sektor; wissenschaftliche Kontrolle; verbindliche klima- und naturverträgliche Maßnahmenprogramme; wenn Ziele verfehlt werden, klare Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern sowie Rechtsschutz für die Bevölkerung.
Ausbau erneuerbarer, naturverträglicher Energien
Erneuerbare Energien müssen konsequent nach Maßgabe von Naturschutz-Kriterien ausgebaut werden. Wasserkraft hat ihr Potenzial abseits von Effizienzsteigerungen bereits ausgeschöpft. Bei Windkraft und Photovoltaik gibt es noch sehr große Ausbaupotenziale in Österreich. Insbesondere die Bundesländer müssen die dafür notwendigen Flächen ausweisen.
Downloads
Die gesamte Studie in Deutsch:
„Durch die Zerstörung und rücksichtslose Ausbeutung der Natur – wie die Verbauung, Abholzung und Überfischung – sägen wir am eigenen Ast. Die österreichische Politik muss wirksame Maßnahmen dagegen in die Tat umsetzten.”