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© Tomas Hulik

Gefangen, vergiftet, geschossen: Illegale Verfolgung in Österreich

19. Juli 2023

Ein geschossener und enthaupteter Wolf, der in Tirol aufgefunden wird. Ein verschwundener Bär, der ausgestopft im Haus eines Jägers auftaucht. Oder ein gewilderter Luchs, der zur Tarnung auf die Zuggleise geworfen wird. Tote Biber mit Schussverletzungen in einem Bachbett oder mit Fischködern bestückte Fallen in einer Fischzucht. Vergifte Seeadler, Kaiseradler und Rotmilane.

Das sind nur einige Beispiele von Wildtierkriminalität in Österreich. Über 200 Wildvögel wurden in den Jahren 2016 bis 2022 Opfer illegaler Verfolgung – ebenso wie 16 streng geschützte Säugetiere, darunter Wolf, Luchs, Biber und Fischotter. Diese traurige Bilanz zieht der neue Wildtierkriminalitäts-Bericht der Naturschutzorganisationen BirdLife Österreich und WWF Österreich. Ein großes Problem – denn illegale Verfolgung von seltenen Tieren kann dazu führen, dass hierzulande eine Art ausgerottet wird, so wie es beim Bären in Österreich bereits zwei Mal geschehen ist.

Die Bestände von Biber, Fischotter, Wolf und Seeadler erholen sich in den letzten Jahrzehnten durch strenge Schutzmaßnahmen. Und auch ein kleines Luchsvorkommen gibt es wieder in Österreich. Doch nicht alle finden das gut und manche greifen auch zu verbotenen Mitteln und machen sich damit strafbar.

toter-wolf

Dass Wildtiere abgeschossen, in Fallen gefangen oder vergiftet werden, ist in Österreich leider keine Seltenheit. Doch warum werden seltene Wildtiere illegal getötet? „Bei Wildtierkriminalität in Österreich geht es nicht darum, Teile der Tiere zu essen oder damit zu handeln“, sagt Christina Wolf-Petre, WWF-Expertin für Artenschutz und Wildtierkriminalität. „Der Grund liegt woanders: Reale oder auch gefühlte Mensch-Wildtier-Konflikte stehen hier im Vordergrund. Ein Unverständnis für ökologische Wechselwirkungen, fehlende Kompromiss- oder Anpassungsbereitschaft oder absolute Nutzungsansprüche können der Auslöser für Wildtierkriminalität sein. Oft finden sich die Ursachen auch in der Geschichte oder alter Tradition begründet, denn früher wurden manche Tierarten systematisch verfolgt.“

Arten als Sündenböcke

Ein Beispiel dafür ist der Fischotter: Er wurde im 19. Jahrhundert fast vollkommen ausgerottet. Für erlegte Fischotter wurde eine Prämie ausbezahlt, denn man dachte, so könne der Fischbestand erhöht werden. Das Vorkommen von Fischottern erholte sich langsam und durch strengen Schutz. Erst in den letzten 20 Jahren ist die Art wieder in fast alle Bundesländer zurückgekehrt.

„Die Einteilung in ,nützliche‘ und ,schädliche‘ Tiere ist leider teilweise bestehen geblieben, einige sehen illegale Verfolgung geschützter Arten nach wie vor als eine Art ,Schädlingskontrolle‘“, sagt Christina Wolf-Petre. Fälle von illegaler Verfolgung mit Fallen wie Tellereisen und Reusen sowie einschlägige Verfahren und Urteile sind leider traurige Belege dafür. Und nicht nur der Fischotter ist Ziel von strafrechtlichen Übergriffen.

Fischotter

Kein Kavaliersdelikt

Auch Tiere wie Wölfe, Luchse oder Bären werden illegal verfolgt. Über ein Jahrhundert lang gab es in unseren Wäldern kaum noch Raubtiere. „Deshalb hat man auch den Umgang mit ihnen verlernt“, so Christina Wolf-Petre. In Österreich gibt es eine sehr hohe Wilddichte, die durch Raubtiere ganz natürlich verteilt und auf ein naturverträgliches Maß gesenkt werden könnte. Damit wäre dem Wald sehr geholfen. „Aber manche sehen für diese Tiere gar kein Existenzrecht mehr. Doch das illegale Töten ist weder Kavaliersdelikt noch Lösung“, sagt Christina Wolf-Petre.

Übernutzung und Verbauung der Landschaft verstärken Nutzungskonflikte um die verfügbaren Ressourcen noch zusätzlich. In den meisten Fällen lässt sich aber ein wirtschaftlicher Schaden durch Anpassungen in der Bewirtschaftung und der Haltung von Nutztieren vermeiden. Es gibt hier je nach Situation unterschiedliche Lösungsansätze. Wenn es doch zu einem Schaden kommt, können Schadensersatzzahlungen greifen.

Kampf gegen Wildtierkriminalität

Der WWF setzt sich gemeinsam mit BirdLife seit vielen Jahren gegen illegale Verfolgung geschützter Tierarten ein. Viele Unwahrheiten und Übertreibungen ranken sich nach wie vor um Arten wie Wolf, Fischotter, Biber und Greifvögel. Es ist deshalb wichtig, solche Missverständnisse zu klären, denn Akzeptanz und Verständnis betroffener Gruppen und der lokalen Bevölkerung sind im Kampf gegen Wildtierkriminalität ausschlaggebend. Aus diesem Grund informieren WWF-Expert:innen mit BirdLife bei Veranstaltungen in den Bundesländern über das Thema und motivieren dazu, solche Übergriffe vermehrt zu melden. In konkreten Fällen werden Mensch-Wildtier-Konflikte vor Ort aufgegriffen und mit lokalen Interessengruppen aufgearbeitet.

In Fällen von Wildtierkriminalität unterstützt der WWF auch mit fachlicher Expertise die ermittelnden Behörden. Ein wichtiger Schritt zur verbesserten Bekämpfung von Wildtierkriminalität ist der Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Expert:innen, Exekutive und Justiz. Schon jetzt werden Vorträge für die Exekutive gehalten und die rechtlichen Rahmenbedingungen mit Unterstützung von Jurist:innen aufgearbeitet.

Wenn Täter:innen ausgeforscht werden können, muss es zu einer verstärkten Ahndung von Delikten kommen, um eine abschreckende Wirkung zu erreichen. Denn Wildtierkriminalität ist kein Kavaliersdelikt. Bei der Ermittlung in Fällen von Wildtierkriminalität kommen auch Hunde zum Einsatz, die Kadaver oder auch gezielt Gift aufspüren können.

Zum Projekt

Aufdecken, aufklären und eingreifen – das ist der Leitspruch hinter dem Projekt „wildLIFEcrime“. Das Ziel des EU-LIFE-Projektes: Bis 2028 die Wildtierkriminalität in Deutschland und Österreich deutlich zu reduzieren. Dafür hat sich der WWF Österreich mit anderen NGOs wie etwa BirdLife sowie Behörden, Veterinärmedizin, Polizei und der Wissenschaft zusammengeschlossen. Durch eine verbesserte Zusammenarbeit sollen die Effizienz bei der Strafverfolgung erhöht und Wildtierkriminalität bei ausgewählten streng geschützten Arten in Deutschland und Österreich reduziert werden. Neben der Umsetzung von präventiven Maßnahmen fokussiert das Projekt darauf, dass Fälle entdeckt, effektiv bearbeitet, aufgeklärt und Täter:innen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Deswegen arbeiten die Projektpartner unter anderem an der Verbesserung forensischer Untersuchungen und bieten Fortbildungen für Polizei und Staatsanwaltschaften an.

Verdachtsfälle melden

Verdächtige Funde oder andere Hinweise auf Wildtierkriminalität bitte sofort über die WWF-Hotline +43 676 444 66 12 oder die BirdCrime-Hotline +43 660 869 23 27 melden. Per E-Mail ist dies unter meldung@wildlifecrime.at möglich. Gerne können Meldungen auch anonym und diskret bearbeitet werden.

Fakten

  • Der WWF hat in einem neuen Bericht den Wissensstand zu Wildtierkriminalität in Österreich zusammengefasst: Zwischen Oktober 2016 und Jänner 2023 gab es über 350 Verdachtsfälle. Dazu zählt etwa auch die Auslegung von Fallen oder Giftködern.
  • Im Berichtszeitraum 2016 bis 2023 wurden über 200 tote oder verletzte Wildvögel aufgefunden und über 30 verschiedene Arten wurden Opfer illegaler Verfolgung. Opfer waren vor allem Greifvögel, Falken und Eulen.
  • Unter den Verfolgungsmethoden ist der direkte Abschuss mit etwa 45 % die häufigste. In etwa einem Viertel der Fälle wurde Gift als Todesursache festgestellt.

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