Artenlexikon
Grauer Kranich
Artenlexikon:
Verbreitung
Der Graue Kranich – eleganter Langstrecken-Profi
Tausende Kilometer legen die Vögel jedes Jahr zurück – eine unglaubliche Leistung. Und wichtig für Ökosysteme, denn die Zugvögel tragen Nährstoffe und Samen über weite Strecken. Als Raub- sowie Beutetier stehen sie in der Mitte der Nahrungskette. Vor Menschen brauchen die Tiere vor allem eines: Ruhe.
Körperliche Merkmale
Der Kranich ist der größte Schreitvogel in Europa, sieht man von importierten Arten, wie Sträußen ab. Akustisch macht er sich vor allem durch seinen lauten, trompetenartigen Ruf bemerkbar. Möglich wird dieser durch eine verlängerte Luftröhre. Sein Federkleid ist überwiegend grau, Teile der Schwung und Schwanzfedern, Hals und Kopf sind schwarz. Den Hals hinab zieht sich ein weißer Streifen. Einziger Farbflecks ist die federlose rote Kopfplatte. Die buschig verlängerten Federn der Armschwingen überdecken als „Schmuckfedern“ den kurzen Schwanz wie eine kleine Schleppe. Das Flugbild der Kraniche ist an den weit ausgestreckten Beinen und Hals gekennzeichnet. Vermutlich können frei lebende Exemplare bis zu 30 Jahre alt werden, in Gefangenschaft erreichen sie sogar über 40 Jahre.
Lebensweise und Fortpflanzung
Kraniche sind Zugvögel, ihre Winterquartiere, in denen sie in großen Gruppen zusammenleben, liegen in Frankreich, Spanien und Teilen von Nordafrika. Ihre Wanderung dorthin beginnen die Tiere im November und kehren im Februar zurück. Zu diesem Zeitpunkt sind die Vögel meist schon verpaart. Gemeinsam suchen sie dann ihre angestammten Reviere wieder auf und beginnen mit dem aufwendigen Balzritual. Bei diesem „Tanz der Kraniche“ schreiten die Vögel umeinander, springen, drehen oder nicken mit dem Kopf, stellen die Flügel auf uns stoßen ihre lauten Rufe im Duett aus. Die Balz findet ihren Höhepunkt in der Paarung und leitet die Brutzeit ein. Erste Paare können je nach Witterung schon Ende Februar mit der Brut beginnen, späte Bruten oder Nachgelege sind aber auch noch bis Mitte Mai möglich.
Ihre Nester bauen Kraniche auf Plattformen auf dem Boden wasserreicher Bruchwälder und Moore, mitunter auch in den Uferzonen verlandender Seen, manchmal sogar auf schwimmenden Torfmoos Polstern. So sind sie vor Bodenfeinden wie Wildschweinen, Füchsen und streunenden Hunden am besten geschützt. Als Nistmaterial verwenden die Vögel Pflanzenteile. Die Nestplattformen können bis über einen Meter Durchmesser haben. Meist legt das Weibchen zwei Eier, seltener eines oder drei, die rund 28 Tage lang von beiden Partnern abwechselnd bebrütet werden. Die Küken sind Nestflüchter und können sich schon nach wenigen Tagen zu Fuß weit vom Nest entfernen. Auf der Suche nach Nahrung unternimmt die Kranichfamilie zum Teil ausgedehnte Wanderungen. Nach etwa zehn Wochen kann der Nachwuchs fliegen.
Im Frühherbst beginnen sich mehrere Familienverbände zu großen Gruppen zusammenzufinden. Gemeinsam bilden sie dann eine keilförmige Zugstaffel. Diese Formation vermindert den Luftwiderstand und macht die Reise weniger anstrengend für die Kraniche. Bei ihren Wanderungen folgen die Tiere – je nach Heimatregion – im wesentlichen zwei Routen: aus dem Osten über Ungarn, aus dem Westen über Frankreich, Spanien und Nordafrika. Auch Deutschland ist ein Haupt-Durchzugsland. Die 2.000 bis 6.000 Kilometer bis zu ihrem Winterquartier legen sie in Etappen zurück – je nach Witterung fliegen sie zwischen 100 und 1.000 Kilometer pro Tag zurück – im Ruderflug, bei dem sie mit den Flügeln schlagen, werden die Kraniche zwischen 45 und 55 Kilometer pro Stunde schnell, bei guten thermischen Verhältnissen auch schneller. An einem Sammelplatz machen mitunter bis zu 65.000 Vögeln Rast, wie etwa in der deutschen Rügen-Bock-Region.
Ernährung
Kraniche sind Allesfresser mit einem breiten Nahrungsspektrum: dazu gehören Insekten, Frösche, Würmer und Schnecken aber auch verschiedenste Pflanzenteile, Feldfrüchte wie Getreide und Mais, Erbsen, Bohnen und Kartoffeln. Jungtiere ernähren sich in erster Linie von tierischer Nahrung, da sie das Protein zum Wachsen brauchen.
Grauer Kranich und Mensch
Kraniche brauchen Feuchtgebiete – die der Mensch aber oft durch Trockenlegung für sich nutzbar macht oder auf Feuchtwäldern Holz gewinnt. Das größte Problem der Kraniche ist also – wie so oft – der Lebensraumverlust. Selbst wenn die Feuchtgebiete erhalten werden, sind Wege, Freizeitverkehr, oder auch Jagd auf andere Tiere ein großer Störfaktor. Oft werden die Tiere dadurch bei der Brut aufgeschreckt oder von den Jungen getrennt. So sind die Eier oder Küken leichte Beute für Wildschweine, Füchse oder Raubvögel. Auch wildernde Hunde sind ein großes Problem.
Die flugunfähigen Küken bleiben mitunter in Stacheldraht hängen und verenden, für erwachsene Tiere sind Freilandleitungen und Windräder gefährliche Hindernisse. Auf dem Weg in ihre Winterquartiere sind die Kraniche auf die Rastgebiete angewiesen – werden sie dort gestört und fliegen auf, verbrauchen die die notwendigen Energiereserven für den langen Flug.
Der Kranich in der Kulturgeschichte
Die schöne Erscheinung der Vögel und ihr eleganter Balztanz faszinieren die Menschen seit Jahrtausenden. Im Alten Ägypten galt der Kranich als Sonnenvogel und wurde als Opfergabe für die Götter ebenso wie als Speisevogel genutzt. Im alten Griechenland wurde der Kranich mit dem Sonnengott Apoll, der Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin Demeter und dem Götterboten Hermes in Verbindung gebracht. Außerdem galten sie als Symbol für Klugheit und Wachsamkeit. Die Auguren – griechische Priester – glaubten, aus den Flugformationen der Kraniche die Zukunft weissagen zu können.
Auch in verschiedenen Asiatischen Kulturen spielt der Kranich eine Rolle: im alten Kaiserreich China standen die Vögel für langes Leben, Weisheit, und Alter. In Japan ist der Kranich ein Symbol des Glücks und der Langlebigkeit.
Projekte und Engagement des WWF
Die Jagd auf Kraniche ist international verboten – doch um das Überleben der schönen Vögel auf Dauer sicherzustellen, müssen vor allem ihre Lebensräume, ihre Brut- und Rastplätze und ihre Nahrungsversorgung geschützt werden – kurz gesagt: die Tiere brauchen ihre Ruhe. Deshalb kaufen wir als WWF Flächen an, um entwässerte Feuchtgebiete wieder aufzustauen und fördern die Ausweisung von Naturschutzgebieten. Wichtig ist es auch Besucher und Touristen in betroffenen Gebieten zu informieren und so zu lenken, dass sie den Tieren aus dem Weg gehen können.
Unsere Arbeit zugunsten der Kraniche begann 1973 ein Kranichschutz-Projekt am Westrand ihrer Brutverbreitung in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Feuchtgebiete wurden renaturiert und Ruhezonen gesichert. Durch länderübergreifende Naturschutzprogramme konnte der Bestandsrückgang gestoppt werden. Nun besteht sogar die Chance, dass die Kraniche sich wieder nach Westen und Süden ausbreiten und auch dort ehemalige Brutgebiete zurückerobern.
Retten Sie bedrohte Tierarten mit einer
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