Artenlexikon
Spitzkrokodil
Artenlexikon:
Verbreitung
Das Spitzkrokodil – Amerikas Urzeit-Jäger
Körperliche Merkmale
Das Spitzkrokodil trägt seinen Namen wegen seiner spitz zulaufenden Schnauze und ist ein Vertreter der Echten Krokodile. Diese unterscheiden sich durch andere Krokodilarten vor allem durch Schädelmerkmale – Ober- und Unterkiefer laufen spitz zu und sind gleich breit, wodurch die Zähne auch bei geschlossenem Maul zu sehen sind. Der vierte untere Zahn greift in eine Einbuchtung im Oberkiefer und ist deshalb besonders markant. Bei Alligatoren und Kaimanen ist das Maul runder und breiter, der Oberkiefer verdeckt den Unterkiefer. Die Zunge der Krokodile ist mit dem starren Unterkiefer fest verwachsen, weshalb sie nicht kauen, sondern nur schnappen können. Zähne, die ausfallen, wachsen nach – im Laufe eines Krokodillebens können das bis zu 3.000 Zähne sein. Ihren deutschen Namen Panzerechsen verdanken die Krokodile ihren Hautpanzern, die allen Unterarten gemein sind. Ihren langen, kräftigen Schwanz verwenden Krokodile als Antrieb beim Schwimmen.
Gut erkennbar ist das Spitzkrokodil an den verknöcherten Hornschuppen die in unregelmäßigen „Spitzen“ seinen Rücken bis zum Schwanzende hinunter ausgebildet sind. Spitzkrokodile besitzen eine hellgraue bis dunkel-olivfarbene Haut mit dunkelgrauen Streifen und Punkten, die zur Unterseite einheitlich hellgrau werden. Die Körperfunktionen wechselwarmen Reptilien werden von der Körper- und damit von der Umgebungstemperatur bestimmt. So verdaut das Spitzkrokodil bei 30 Grad Celsius dreimal schneller als bei 15 Grad Celsius. Beim Tauchen werden die Nasen und Ohrenöffnungen mit Hautklappen verschlossen und das Auge wird mit einem transparenten dritten Augenlid, der Nickhaut geschützt.
Lebensweise und Fortpflanzung
Spitzkrokodile graben Wohnhöhlen mit ein bis drei Ausgängen am Flussufer, die von mehreren Artgenossen als Schutz dienen. In der trockenen Jahreszeit halten die Tiere eine Ruheperiode von zwei bis drei Monaten, die sie in diesen Höhlen verbringen. Manchmal graben sich die Krokodile dazu auch in den feuchten Schlamm der Lagunen ein. Zu Auseinandersetzungen kommt es in der Regel selten, vor allem in der Paarungszeit, wenn mehrere Männchen um ein Weibchen buhlen. Balz und Paarung der Reptilien spielt sich im Wasser ab. Die Paarungszeit variiert je nach Verbreitungsgebiet und dauert meist sechs bis acht Wochen, in denen sie sich üblicherweise mit mehreren Partnern paaren. Geschlechtsreif werden Spitzkrokodile mit etwa drei Metern Länge, sie sind dann ungefähr zehn Jahre alt.
Etwa drei Monate nach der Paarung legt das Weibchen zwischen 30 und 60 Eier in ein selbst gebautes Nest. Spitzkrokodile bauen unterschiedliche Nesttypen – je nach Standort: Die arteigenen Grubennester, die bis zu einem halben Meter tief sind, werden in Überschwemmungsregionen durch Hügelnester ersetzt. Diese sind 30 bis 45 Zentimeter hoch mit einem Durchmesser von etwa drei Metern. Das Weibchen bleibt in einigen Regionen während der Brutzeit in der Nähe des Nestes und wehrt Fressfeinde wie Vögel und Raubkatzen ab. Drei Monate nach der Eiablage schlüpfen die Jungen – dabei beginnen sie noch im Ei zu quäken, für die Mutter das Signal, die Eier auszugraben. Danach trägt sie die kleinen zum Wasser. Die Bindungen von Mutter und Jungtieren sind nicht sehr eng, nach wenigen Tagen verlassen die Jungtiere die Mutter.
Ernährung
Junge Spitzkrokodile ernähren sich in erster Linie von kleinen Fischen und Fröschen, Insekten, Schnecken, Würmern und anderen Wirbellosen, die im und am Wasser leben. Erwachsene Spitzkrokodile jagen größere Fische, Vögel und Säugetiere. Hin und wieder fallen ihnen auch Haustiere wie Hunde, Katzen oder Ziegen zum Opfer. Unter bestimmten Bedingungen, wie zum Beispiel einer hohen Bestandsdichte, wurde auch schon Kannibalismus beobachtet.
Spitzkrokodil und Mensch
Von den 1930er bis 1960er Jahren wurde eine intensive Jagd auf Spitzkrokodile betrieben. Das Leder dieser Krokodilsart galt als besonders wertvoll. Neben der Jagd ließen auch die Überfischung die Krokodilbestände sinken, da den Tieren eine wichtige Nahrungsquelle fehlte. Hauptbedrohung für das Spitzkrokodil ist derzeit die Zerstörung seines Lebensraumes. In Ecuador beispielsweise werden die Krokodilbestände durch die Zerstörung von Mangrovenwäldern für den Bau von Schrimpszuchtanlagen beeinträchtigt. Weitere Gefahren für Spitzkrokodile entstehen durch die Verbauung vieler Flüsse, die Entwässerung von Feuchtgebieten und Waldbrände. In südamerikanischen Ländern stellen außerdem die Abwässer von Zuckerfabriken eine Gefahr für Krokodile dar: Durch den erhöhten Zuckergehalt im Wasser können Fische ihren Wasserhaushalt nicht mehr regulieren und sterben. Wiederum geht des Krokodilen so eine wichtige Nahrungsquelle verloren.
Das Krokodil in der Kulturgeschichte
Es ist kaum vorzustellen, dass in den Mythen und Legenden der indigenen Völker von Nord- und Südamerika Krokodile und Alligatoren keine große Rolle gespielt haben sollen. Leider ist allerdings über diese Rolle sehr wenig überliefert. Maya und Azteken beispielsweise glaubten, die Welt ruhe auf dem Rücken eines krokodilähnlichen Reptils in einem Seerosenteich. Ah ouh puc, bei den Maya der Dämon der Zerstörung, wurde meist als Skelett mit Krokodilrücken dargestellt.
Weltweit gibt es natürlich eine Unzahl von Krokodilmythen aus allen Epochen und von unterschiedlichsten Kulturen – hier nur ein paar Beispiele:
Im Alten Ägypten, wo das Nilkrokodil und das mittlerweile ausgestorbene Westafrikanische Krokodil heimisch waren, wurden sie in Gestalt der Gottes Sobek verehrt, der für ewigen Fortbestand steht. Zahlreiche Sobek geweihte Tempelanlagen verfügen über Teiche, in denen die Tiere gehalten wurden – Krokodile, die in Tempeln starben, wurden wie menschen mumifiziert.
Auf Madagaskar glaubte man, Krokodile würden nur Menschen töten, wenn diese zuvor einen Menschen getötet hatten – stand man also unter Mordverdacht, konnte man seine Unschuld beweisen, indem man unversehrt einen Fluss mit Krokodilen überquerte.
In der Kultur der Australischen Ureinwohner spielen Krokodile ebenfalls eine große Rolle: So gilt ein Krokodilvorfahr als Erschaffer des heutigen Liverpool River, indem er bei der Durchquerung des Landes den Boden durchkaute. Die Rillen füllten sich mit Wasser und bildeten den Fluss. Aus Australien stammen auch die ältesten bekannten Darstellung von Krokodilen, die rund 30.000 Jahre alt sind.
Projekte und Engagement des WWF
Auch wenn die Bedrohungen für die Spitzkrokodile weiterhin bestehen, kann man doch auch von Fortschritten berichten: Viele Spitzkrokodil-Lebensräume sind durch Schutzgebiete wie etwa den „Everglades-Nationalpark“ gut geschützt und erlauben eine ungestörte Entwicklung der Populationen. Auch die Aufnahme des Spitzkrokodils in das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES 1975 war ein wichtiger Schritt und bietet den Tieren Schutz.
In Regionen mit stagnierenden oder sogar rückläufigen Beständen, setzen sich WWF und TRAFFIC weiterhin für die Verschärfung der Gesetzgebung und der Kontrolle der illegalen Jagd auf die Krokodile ein. Unter der Beteiligung von Regierungen, Wissenschaftlern und Naturschutzorganisationen werden Schutzgebiete eingerichtet. Wir als WWF sind in mehrere Projekten in Südamerika involviert, die Mangrovenwälder schützen sollen – dieser wichtige Lebensraum für so viele Tierarten ist auch die Heimat vieler Spitzkrokodile.
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