Artenlexikon
Buckelwal
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Verbreitung
Der Buckelwal – verspielter Akrobat
Wir alle kennen das Bild der Schwanzflosse, die gigantisch über den Wellen ragt. Was sich unter der Oberfläche verbirgt, ist genauso faszinierend. Da der Buckelwal oft in Küstennähe anzutreffen ist, ist er ein beliebtes Ziel für Whale Watching geworden, einer viel einträglicheren “Nutzung” dieser Ozeanriesen, als die Jagd nach ihnen.
Körperliche Merkmale
Der Buckelwal hat einen eher gedrungenen Körper. Die Oberseite der Tiere ist schwarz, blau-schwarz oder dunkelgrau gefärbt. Die Furchen, Flanken und Unterseiten der Fluke (Schwanzflosse) und Flipper (Brustflossen) können schwarz oder weiß sein. Wale mit dunkler Unterseite weisen dort aber meist ganz unterschiedliche weiße Flecken auf. Als Furchenwal besitzt auch der Buckelwal die namensgebenden Furchen, Kehlfalten, die ihm erlauben, sein Maul weit aufzudehnen und so wesentlich mehr Wasser aufnehmen zu können. Aus diesem Wasser filtert er dann Nahrung mit seinen Barten. Prägnant sind vor allem die langen Brustflossen der Tiere, die bis zu einem Drittel der Körperlänge ausmachen können und oft mit Seepocken besetzt sind. Ein bekanntes Bild ist auch die breite Schwanzflosse, die aus dem Wasser ragt, wenn die Wale abtauchen. Die Musterung auf der Unterseite der Schwanzflosse ist übrigens so individuell wie der menschliche Fingerabdruck. Wissenschaftler nutzen diese Eigenschaft zur Dokumentation der Tiere.
Das Rostrum, der Kopfbereich vor den Blaslöchern, und die Unterlippe des Buckelwals sind mit Beulen oder Tuberkeln bedeckt, auf denen ebenfalls Seepocken sitzen können. Die Anzahl und Verteilung der Tuberkel ist unterschiedlich für jeden Buckelwal. Sie haben etwa die Größe eines Golfballs und jeder Tuberkel ist ein Haarfollikel aus dem ein einzelnes Haar von 1-3 Zentimetern Länge wächst. Man vermutet, dass diese Haare sensorische Funktionen haben. Die Rückenfinne der Buckelwale ist in ihrer Form und Größe sehr variabel. Sie kann höckerig bis sichelförmig aussehen und 15 – 60 Zentimeter hoch werden. Vor der Rückenfinne befindet sich ein ausgeprägter Höcker – der namensgebende Buckel.
Buckelwale sind anmutige Schwimmer und unter den Großwalen die akrobatischsten Wale. Oft springen sie mit dem ganzen Körper aus dem Wasser und lassen sich rücklings auf die Meeresoberfläche fallen. Andere Verhaltensweisen sind das Herausstrecken des Kopfes aus dem Wasser und das Schlagen der Schwanz- oder Brustflosse auf die Wasseroberfläche. Manchmal rollen sie sich auf die Seite oder den Rücken und strecken einen oder beide Brustflossen in die Luft. Mit einer durchschnittlichen Schwimmgeschwindigkeit von 7 Kilometern pro Stunde sind Buckelwale eher langsame Schwimmer, können aber bis zu 27 Kilometer pro Stunde schnell werden. Buckelwale tauchen gewöhnlich nicht länger als 3 bis 9 Minuten. Ihre Tauchgänge können aber bis zu 45 Minuten dauern. Zwischen den Tauchgängen versprüht der Buckelwal beim Ausatmen Wolken aus Wasserdampf an der Meeresoberfläche, den so genannten Blas. Diese Wolken können eine Höhe von etwa 3 Metern erreichen. Buckelwale gelten als sehr neugierige Tiere, auch wenn sie eine gewisse Scheu vor Schiffen haben. Bekannt sind Buckelwale auch wegen ihrer Gesänge: Diese zählen zu den längsten und komplexesten im gesamten Tierreich. Ausgewachsen sind Buckelwale nach neun bis zehn Jahren – ihre genaue Lebenserwartung ist nicht bekannt, das bisher älteste gefundene Tier war 48 Jahre alt.
Lebensweise und Fortpflanzung
Wie viele Wale wandern auch Buckelwale im Jahresverlauf zwischen den Nahrungs- und den Paarungsgebieten, die auch die Winterquartiere sind. Auf der Nordhalbkugel dauert die Paarungszeit von Oktober bis März, auf der Südhalbkugel von April bis September. In den Nahrungsgründen können Buckelwale in Gruppen mit bis zu 150 Tieren beobachtet werden. Normalerweise leben Buckelwale aber allein oder in Zusammenschlüssen von 2 – 9 Individuen. Die Tiere erreichen die Geschlechtsreife mit etwa zwölf Metern, sie sind dann vier bis fünf Jahre alt. Zur Paarung suchen Buckelwalkühe stille, geschützte Gewässerbereiche auf. Die Bullen versammeln sich in ihrer Nähe und umwerben sie. Dabei begleitet ein Bulle das Weibchen, wobei er versucht andere interessierte Männchen zu vertreiben. Dieser Wettstreit dauert einige Stunden, wobei sich die Männchen aggressiv einander gegenüber verhalten. Das Singen der Bullen dient dazu, Weibchen anzulocken. Männliche Buckelwale produzieren eine lange Reihe von Rufen, die man besonders während der Fortpflanzungszeit im Winter hört, obwohl auch im Sommer gelegentlich Gesänge aufgezeichnet wurden. Die Wale wiederholen die langen, komplexen Gesänge von etwa 10 Minuten, manchmal bis zu 24 Stunden lang. Innerhalb einer Population erzeugen die Bullen sehr ähnliche Gesänge, die sich deutlich von den Gesängen anderer Buckelwalbestände unterscheiden. Es wurden aber auch einige Ausnahmen beobachtet. So übernahm eine Buckelwalpopulation die Gesänge von abgewanderten Tieren anderer Bestände. Das brachte die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Walgesänge nicht abhängig sind von genetischen Unterschieden zwischen den Buckelwalpopulationen.
Buckelwalkühe bringen alle zwei Jahre – nach einer Tragezeit von etwa 11 Monaten – ein einzelnes Kalb zur Welt. Bei der Geburt wiegt das Junge etwa 1300 Kilogramm. Das Kalb wächst sehr rasch und ist innerhalb eines Jahres entwöhnt. Es ist dann 8 bis 9 Meter lang. Die Buckelwale wandern in dieser Zeit aus den wärmeren in die kälteren, nahrungsreicheren Gewässer. Bei den Wanderungen gibt es eine Reihenfolge nach Alter und Geschlecht, in der Buckelwale aufbrechen. Trächtige Weibchen brechen im Herbst als letzte aus den Nahrungsgründen der höheren Breiten auf. Sie benötigen die längste Zeit in den Futterplätzen, da sie in den folgenden Monaten kaum Nahrung zu sich nehmen und die Geburt ihres Kalbes und die Stillzeit erheblich an ihren Fettreserven zehren. Im Frühjahr wiederum verlassen die Buckelwalkühe mit ihren Kälbern als letzte die warmen tropischen Gewässer. Damit die Kälber, die noch gesäugt werden, möglichst viel Fett für die lange Wanderung aufbauen können.
Ernährung
Die Diät der Buckelwale hängt von ihrem jeweiligen Lebensraum ab: während die Tiere auf der Nordhalbkugel in erster Linie Fisch fressen, ernähren sich ihre Kollegen auf der Südhalbkugel von Krill. Wie alle Bartenwale haben sie keine Zähne, sondern eben Barten, davon besitzen sie 270 bis 400 Stück in dunkelgrau. Beim Fressen nehmen die Tiere große Mengen Wasser in ihr Maul auf und pressen es durch die Barten hinaus, wobei das Futter darin hängenbleibt. Indem sie ihre Kehlfalten aufblähen, können sie ihr Maul noch mehr vergrößern. Der Buckelwal hat einige erstaunliche Fangtechniken entwickelt. Er schwimmt schnell mit offenem Maul durch Schwärme von Krill oder Fischen und schluckt dabei eine Vielzahl von Beutetieren. Es wurde auch beobachtet wie Buckelwale mit einem Schlag ihrer Schwanzfluke oder der Flipper ihre Beute betäubt haben. Die „Fangnetze“, die die Buckelwale aus Luftblasen um ihre Beute aufbauen, sind aber wohl die beeindruckendste Jagdtechnik der Tiere. Entdecken die Buckelwale einen Schwarm kleiner Fische oder Krillkrebse beginnen sie ihn in Spiralen zu umrunden und lassen dabei Atemluft in Blasen hochperlen. Die Luftblasen können einen Art Vorhang von bis zu 45 Metern Höhe bilden, der die Beute umgibt und zusammendrängen lässt. Die Fische und Krebse durchschwimmen diesen Blasenvorhang nicht. Ist der Beuteschwarm in der Mitte des Blasennetzes konzentriert, schwimmen die Buckelwale mit geöffnetem Maul von unten durch das Zentrum und fressen.
Buckelwal und Mensch
Ihre Neugier wurde den Buckelwalen seit jeher zum Verhängnis: Da sie sich immer wieder Schiffen nähern, sind sie leicht zu fangen. Auch die Tatsache, dass ihre Fortpflanzungsgebiete in Küstennähe liegen und die Tiere langsame Schwimmer sind, machten sie zu leichter Beute für Walfänger. Buckelwale werden schon viel länger bejagt als andere Großwalarten. Sie wurden vor allem wegen ihres wertvollen Fetts (Blubber), dem Fleisch und der Barten gejagt. Für die indigenen Völker im Nordwesten Nordamerikas und später in der Karibik, den Pazifischen Inseln und Grönlands stellten die Tiere eine wichtige Ressource zum Überleben dar. Die intensive, kommerzielle Jagd auf die großen Säugetiere begann erst im frühen 20. Jahrhundert mit dem Aufbau von Walfangstationen auf Inseln um die Antarktis. Insgesamt wurden von 1904 bis 1939 über 100.000 Buckelwale auf der Südhalbkugel getötet, die Bestände brachen zum Teil dramatisch ein. Was dem industriellen Walfang jedoch keinen Abbruch tat – bis 1963 die Internationale Walfangkommission (IWC) die Jagd auf Buckelwale schließlich gänzlich verbot. Die intensive illegale Jagd sowjetischer Fangschiffe zwischen 1950 und 1980 verzögerte allerdings die Erholung der Bestände vor allem der südlichen Hemisphäre. Heute gibt es nun endlich wieder eine größere Zahl an Buckelwalen. Die letzten Buckelwale wurden im östlichen Karibischen Meer um St. Vincent und den Grenadinen 2019 gejagt (also sogenannte Subsistenzjagd indigener Bevölkerungsgruppen), sowie 4 in Grönland. Jedoch setzt sich zunehmend durch, das mit Whale Watching wesentlich mehr Einnahmen zu lukrieren sind, als mit der Jagd auf diese Tiere. Dabei ist die Jagd bei weitem nicht mehr das größte Problem der friedfertigen Giganten: Schiffskollisionen, Beifang in Fischernetzen, Meeresverschmutzung, Klimawandel und Lärmbelastung unter Wasser machen ihnen ebenso zu schaffen.
Der Wal in der Kulturgeschichte
Die Wahrnehmung des Wals hat sich in der Kulturgeschichte auf bemerkenswerte Weise gedreht: vom Meeresungeheuer und Feind zum friedlichen Riesen, der zum Symbolbild der menschlichen Zerstörungskraft gegenüber der Natur wird.
Schon in der Steinzeit waren Wale den Menschen bekannt, das zeigen etwa Felsmalereien, die in Norwegen gefunden wurden, genauso wie Werkzeuge, die aus Walknochen gefertigt wurden. Homer, Aristoteles und Plinius beschrieben die Tiere in der römischen und griechischen Antike, es besteht auch die Vermutung, dass das Meeresungeheuer, dem man Andromeda opfern wollte – bevor sie von Perseus gerettet wurde – ein Wal sein könnte. In moderner filmischer Interpretation (etwa in „Kampf der Titanen“ 2010) ist das Biest zum monströs überzeichneten Kraken geworden – wahrscheinlich ebenfalls aufgrund des Imagewandels des Wals.
Der Leviathan, ein Seeungeheuer der Bibel, ist so übermächtig, dass nur Gott es bezwingen kann – in den Darstellungen trägt es Züge von Drache, Schlange, Krokodil und Wal. Von einem Wal verschluckt wird außerdem der Prophet Jona, der im Bauch des Tieres drei Tage und Nächte um Erlösung betet und schließlich ausgespien wird.
Die berühmteste literarische Darstellung vom Wal als Widersacher ist wahrscheinlich Moby Dick, wenn auch das Tier sich in erster Linie in Ahabs Kopf als Antagonist etabliert hat und nicht in der Realität der Handlung. In Melvilles Roman wird der Wal zum Sinnbild sinnloser Rachebesessenheit und fanatischer Jagd, die nur im Verderben enden kann.
Im 20. Jahrhundert ist der Wal als „sanfter Riese“ mit seinen ätherischen Gesängen das Sinnbild des Schadens, den der Mensch in der Natur anrichtet. In Walt Disneys „Free Willy“ ist der Wal durch Gefangenschaft gebrochen und wird schließlich durch ein Kind in die Freiheit entlassen, das den Kreis durchbricht. Und nicht zuletzt: In „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ ist das Gesang der Buckelwale die letzte Hoffnung der Menschheit auf Rettung. Ironischerweise wurden sie aber im 21. Jahrhundert ausgerottet, so dass die Crew aus dem 23. Jahrhundert zurückreisen muss, um den Planeten zu retten.
Projekte und Engagement des WWF
Delfine und Wale wie die Buckelwale gehören zu den Leitarten des WWF. Ihr weltweiter Schutz gehört zu unseren obersten Zielen. Der WWF unterstützt deshalb Projekte zum Schutz von Walen – durch Förderung von Walschutzgebieten, Entwicklung von Maßnahmen gegen unbeabsichtigten Beifang von Walen in Fischernetzen oder durch Studien über den Einfluss der Meeresverschmutzung auf die Wale.
Auch auf das Drängen des WWF hin wurde das internationale Walfangmoratorium 1986 ins Leben gerufen. Wir waren weiters maßgeblich an der Errichtung des Walschutzgebietes in den Gewässern der Antarktis 1994 beteiligt: 50 Millionen Quadratkilometer wurden als Schutzgebiet ausgewiesen. Im nördlichen Mittelmeer wurde 1999 mit Hilfe des WWF ein 85.000 Quadratkilometer großes Schutzgebiet ausgewiesen, in dem insgesamt 13 Walarten vorkommen.
Auch neue Schutzgebiete werden forciert: Mit unseren Stellungnahmen, wissenschaftlichen Informationen und Interventionen konnten wir erreichen, dass Polen, Schweden und Dänemark verpflichtet wurden, weitere Gebiete zum Schutz des Schweinswals auszuweisen. In die Prozesse zur Ausweisung des ersten Schutzgebietes auf der Hohen See im Nordostatlantik sind wir ebenfalls intensiv eingebunden. Auch touristische Walbeobachtung wird vom WWF unterstützt und ist – zum Beispiel in Island – eine sich wirtschaftlich lohnende Alternative zur Waljagd.
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