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Nicht so billig wie gedacht: Die wahren Kosten von Plastik
Neue Studie ermittelt Plastik-Kosten über deren gesamte Lebensdauer
Plastik gilt gemeinhin als billiger Rohstoff. Ob Strohhalm, Verpackungsmaterial, Textilfaser oder Kunststoff in der Medizin: Plastik findet man heute in nahezu allen Lebensbereichen. Das zeigen auch die Produktionszahlen: Seit 2000 hat sich die weltweite Plastikproduktion sogar verdoppelt. Viel zu oft wird Plastik nur einmalig verwendet und landet nach Gebrauch achtlos im Müll. Was dabei oft übersehen wird ist: Nicht nur die Herstellung, sondern auch die negativen Auswirkungen von Plastik auf Umwelt und Gesellschaft sorgen für Kosten. Enorme Kosten. Kosten, die sich im aktuellen Marktpreis von Neukunststoff nicht widerspiegeln und extrem ungleich auf die Länder der Erde verteilt sind.
Das internationalen Beratungsunternehmens Dalberg veröffentlichte im Auftrag des WWF zwei Studien, die den Fragen auf den Grund gehen, welche Kosten Plastik über den gesamten Lebenszyklus verursacht und wer den wahren Preis der Plastikkrise bezahlt.
Die Plastik-Krise verursacht hohe Kosten für die Umwelt
Eine Tonne Neu-Kunststoff (virgin plastic) kostete 2019 rund 1.000 US Dollar, also 1 US Dollar pro Kilogramm. Was dieser Preis allerdings nicht berücksichtigt, sind die Kosten der enormen Umweltauswirkungen, die Plastik verursacht. Schon bei der Herstellung von Plastik entstehen Treibhausgas-Emissionen und chemische Schadstoffe. Nach der Verwendung durch den Menschen wird Plastik zu Müll. Dieser wird gesammelt und sortiert, ein kleiner Teil wird recycelt, der Großteil jedoch wird weggeworfen und landet oft auf Deponien. Entsorgter Plastikmüll verbleibt hunderte bis tausende Jahre in der Natur, zerfällt in immer kleinere Teilchen und verschmutzt die Luft und belastet unsere Gewässer. Die Auswirkungen auf die Ökosysteme, ganz besonders unsere Meere sind enorm.
Diese „versteckten“ Kosten der Nutzung von Plastik sind vielen Menschen nicht bewusst. Allein für das 2019 produzierte Plastik entstehen laut der Studie 3.700 Billionen US-Dollar bzw. 3.100 Billionen Euro an Kosten.
Plastik-Krise befeuert soziales Ungleichgewicht
Der Plastikverbrauch ist in den reichen Industrienationen am höchsten. Die Umweltauswirkungen der Plastikkrise sind jedoch in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen am verheerendsten. Reiche Länder haben mehr Kapazitäten um mit der Flut an Plastikmüll umzugehen – und oft exportieren sie ihren Plastikmüll auch in ärmere Länder. So kommt es, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen acht bis zehnmal höhere Kosten der weltweiten Plastik-Krise tragen, als reiche Industrienationen. Und das, obwohl sie pro Kopf fast dreimal weniger Plastik verbrauchen.
Die Mehrkosten im globalen Süden entstehen laut dem Report vor allem durch Luftverschmutzung oder Schadstoffeintrag in Gewässer und Natur. Zudem entsteht neben den direkten Umweltschäden auch ernste Gesundheitsrisiken für marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Krankheiten im Zusammenhang mit unsachgemäßer Abfallbewirtschaftung verursachen jährlich bis zu eine Million Todesfälle – 93 % davon in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
UN Abkommen gegen die Plastikflut
Der WWF fordert daher ein starkes UN-Plastikabkommen mit verbindlichen, harmonisierten Regeln für Produktion und Verbrauch von Plastik. Wichtig wäre ein Verbot von bestimmten Einwegplastik-Produkten, wie etwa Plastikbesteck oder Zigarettenfiltern. Ein wirksames Plastikabkommen muss zudem Kunststoffprodukte mit hohem Verschmutzungsrisiko sowie besonders problematische oder toxische Polymere und Chemikalien verbieten, oder ihre Produktion auslaufen lassen. Außerdem sollte das Abkommen Regeln zur Wiederverwertbarkeit und verbesserten Recyclingfähigkeit enthalten.
Die Plastikkrise in Zahlen
- Einwegplastik-Produkte machen 60 % des weltweit produzierten Kunststoffes aus
- Seit dem Jahr 2000 hat sich die weltweite Plastikmüllmenge auf 353 Millionen Tonnen verdoppelt. (2023)
- 11 Millionen Tonnen Plastik gelangen jährlich ins Meer. Eine große Belastung für die Meeres-Ökosysteme und Bedrohung für Fischerei und Tourismus. (2021)
- Die wahren Kosten von Plastik, also die Kosten, die über die gesamte Lebensdauer entstehen, sind 10 Mal höher als der Marktpreis für Neuplastik. (2021)
- Das 2019 produzierte Plastik verursacht über seine gesamte Lebensdauer Kosten von 3.100 Milliarden Euro. Das entspricht circa acht Mal dem Bruttoinlandsprodukt Österreichs. (2021)
- Nur 10% des globalen Plastikmülls werden recycelt. 20 % landen auf fragwürdigen Deponien, ungefiltert in der Umwelt oder werden illegal verbrannt. (2023)