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Pläne zum Ausbau der Donau außer Balance
Am 13. und 14. September veranstaltet das österreichische Infrastrukturministerium ein Donau-Symposium, um in Ybbs über das „Integrierte Europäische Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt (NAIADES) zu diskutieren. Die Diskussionsbeiträge schließen alle Aspekte des Transport- und Infrastruktursektors ein. Eine ausbalancierte Sichtweise, die Schutz und Nutzung der Donau gleichermaßen berücksichtigt, sucht man auf der Tagungsagenda hingegen vergebens. Dabei zeigt eine neu veröffentlichte Studie des „Hungarian Environmental Economic Center“ (MAKK) sehr eindrücklich, dass die Binnenschifffahrt entlang der Donau vor allem mit Effizienz- und Logistikproblemen kämpft. Bereits existierende Transportkapazitäten wären auch bei optimalsten Wachstumsprognosen nur zu zwei Dritteln ausgenutzt. Dennoch setzt die EU auch weiterhin auf Projekte, die die Donau im Dienste der Schifffahrt regulieren sollen. Die Kosten für den Verlust wertvoller Flusslandschaften soll hingegen die Allgemeinheit bezahlen. Diese müsste u.a. für ein erhöhtes Hochwasserrisiko, verschlechterte Trinkwasserqualität oder den Verlust wertvoller Fischlaichgründe aufkommen.
Sozioökonomische Studie lässt an der Wirtschaftlichkeit der EU Transportprogramme zweifeln.
Den Güterverkehr weg von der Straße, hin zur emissionsfreundlicheren Alternative Binnenschifffahrt zu verlagern ist ein umweltpolitisch sinnvolles und begrüßenswertes Ziel. Leider entsprechen die bisher vorgestellten Konzepte im Donaugebiet mehr einem frommen Wunsch als volkswirtschaftlicher Realität: Der Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten Transportaufkommen wird in erster Linie durch die Lage der Industriestandorte bestimmt. Was am Rhein perfekte Randbedingungen für die Schifffahrt bietet, ist an der Donau aus wirtschaftlicher Sicht geradezu utopisch. Selbst die optimistischsten Wachstumsprognosen zeigen für die Donau ein Verkehrsaufkommen, das weniger als 10% des Transportvolumens am Rhein umfasst.
Daran ändern auch die vorgeschlagenen Ideen zum Ausbau der Donau nichts. „Die geplanten Projekte sind in erster Linie Infrastrukturprojekte, die auf lukrative EU Finanzierung hoffen – eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf’s Wasser würde hier nur dann funktionieren, wenn sich der gesamte Donauraum zum Ruhrgebiet entwickelt“, sagt Christine Bratrich, Gewässerexpertin beim WWF Donau-Karpathen Programm. „Die Fahrwassertiefe ist nicht der limitierende Faktor für einen voll ausgelasteten Betrieb. Ohne eine effizientere Verbindung zu anderen Verkehrsträgern mit Tür-zu-Tür Service, ohne Harmonisierung technischer und rechtlicher Rahmenbedingungen sowie ohne bessere Wetter- und Wasserstandsprognosen verbessert sich das Endergebnis nicht.“
Donauausbau – trotz freier Kapazitäten und um jeden Preis?
Die Binnenschifffahrt scheitert zurzeit vor allem an der veränderten Nachfrage auf dem Transportmarkt. Da stellt sich die berechtigte Frage nach der Notwendigkeit der wasserbaulichen Millionenprojekte – insbesondere dann, wenn die bisherigen Kapazitäten bei weitem nicht ausgelastet sind. Mit 12 Mio. Tonnen jährlich liegt beispielsweise das Transportvolumen in Österreich um das 7,5-fache unter der aktuellen Kapazitätsgrenze (rund 90 Mio. Tonnen ). Die Umsetzung der geplanten Flussbauprojekte würde in diesem Abschnitt eine Kapazitätssteigerung auf rund 130 Mio. Tonnen ermöglichen und damit über dem zehnfachen der heutigen Auslastung liegen. Sollten die äußerst optimistischen Nachfrageprognosen des „Österreichischen Nationalen Aktionsplans für die Donausschifffahrt“ je erfüllt werden, so würde die dort angestrebte Verdopplung des Verkehrsaufkommen mit 25 bis 30 Mio. Tonnen noch immer um Faktor drei unter dem heutigen Auslastungspotenzial liegen. Eine Steigerung auf 130 Mio. Tonnen ist unter den gegebenen wirtschaftlichen Bediungen alles andere als nachvollziehbar.
Noch grotesker erweist sich die Lage im rumänischen Abschnitt zwischen Calarasi und Braila. Eine OEZE Studie aus dem Jahr 2006 ermittelte für diesen Abschnitt eine jährliche Frachtsteigerung von derzeit rund 16 auf 20-25 Mio. Tonnen. Dies entspricht einer Erhöhung des täglichen Verkehrsaufkommen von derzeit durchschnittlich 1,5 Konvois auf 4 Konvois. Um diesem „Ansturm“ gerecht zu werden, reichte die rumänische Regierung ein EU finanziertes Flussbauprojekt ein, dass die wertvollsten Gewässerabschnitte der Donau massiv gefährdet, 90% der bekannten Störwanderwege abschneiden würde, wichtige Laichplätze und Seitenarmsysteme bedroht und zudem im Wiederspruch zu einem ebenfalls EU finanzierten LIFE Projekt steht, das genau diese Abschnitte wegen der außergewöhnlichen Gewässerdynamik und Inselvielfalt als Natura 2000 Gebiete unter Schutz stellen will.
Ybbs – geschlossene Gesellschaft ohne Einbezug anderer Interessen
Beispiele wie diese machen deutlich, dass es beim Gesamtausbau der Donau in erster Linie um attraktive und EU finanzierte Infrastrukturprojekte geht. Dafür sollen 1000 km der wertvollsten Gewässerabschnitte entlang der Donau reguliert werden. 67% der geplanten Ausbaustrecken sind ausgewiesene Natura 2000 Gebiete – so viele wie in keinem anderen Verkehrskorridor. Umfassender Umweltschutz und nachhaltige Verkehrskonzepte spielen bei genauer Betrachtung häufig eine bescheidene Nebenrolle. Gewinner hingegen sind v.a. große Reedereien, die schwere Massengüter transportieren und ihre Schiffe in Zukunft noch besser auslasten können.
Das interessanteste Ergebnis der neuen sozio-ökonomischen Studie führt zur Erkenntnis, daß der Schutz natürlicher Gewässerstrecken auch die kleineren und regionalen Reedereien der Donauländer schützen würde. Ausbauprojekte, die Tiefenvorgaben fordern, welche einen Zugang der großen Rheinflotte ermöglichen, würden hingegen nicht nur wertvolle Biotope, sondern auch regionale Märkte zerstören. „Den Preis einer solchen Entwicklung zahlen die Steuerzahler gleich doppelt“, so Bratrich: „Zum einen über die Finanzierung unwirtschaftlicher und sektoriell gesteuerter Infrastrukturprojekte – zum anderen über die Kosten, die uns beim Verlust der natürlichen Gewässerfunktionen entstehen werden“. Hochwasserschutz in natürlichen Auegebieten, die kostenlose Bereitstellung von Trinkwasser, Artenvielfalt, Fischfang oder Erholungsraum – all diese Aspekte werden in Ybbs leider vor verschlossenen Türen kein Gehör finden – ein wie der WWF findet einseitiges und armseliges Zeichen für ein angeblich „florierendes Europa“.
Rückfragehinweis:
Dr. Christine Bratrich,
WWF Donau-Karpathen Programm, Bereichsleiterin Wasser
Tel.: +43 1 524 54 70 – 19
Mobil: +43 676 84 27 28 215
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