Naturzerstörung, Wilderei und Klimakrise gefährden zahlreiche Tierarten – WWF zieht Bilanz und fordert Naturschutz-Offensive von der Politik – Artenschutz-Projekte geben Hoffnung
Neustart für den Naturschutz in Niederösterreich!
Umweltdachverband, BirdLife Österreich, Naturschutzbund NÖ, LANIUS und WWF Österreich präsentieren ihre Forderungen:
* Naturschutzorganisationen präsentieren Naturschutzmanifest für das
Land NÖ
* Einbindung von UmweltakteurInnen ist unerlässlich für erfolgreichen
Naturschutz!
* Weitere Kernpunkte des Manifests: Finanzierung,
Schutzgebietsmanagement, Natura 2000, Naturschutzrecht und
Raumplanung
Wien, 27. März 2013 – Anlässlich der kürzlich erfolgten Neuwahlen in Niederösterreich nehmen die wichtigsten in Niederösterreich verwurzelten Umweltorganisationen zur Zukunft des Naturschutzes im größten österreichischen Bundesland Stellung. „Niederösterreich blickt auf eine lange Tradition des Naturschutzes zurück. Für einen – auch in Zukunft – erfolgreichen Naturschutz ist insbesondere eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Politik und den UmweltakteurInnen unerlässlich. Wir wünschen uns daher von der neuen alten Landesregierung, den konstruktiven Dialog mit allen Umweltorganisationen zu intensivieren. Zudem sind eine umsichtige Finanzierung, verstärktes Schutzgebietsmanagement, mehr Engagement punkto Natura 2000 sowie rechtlich verbindliche Ausgleichsmaßnahmen und eine durchdachte Raumplanung, die Naturschutzanliegen ernst nimmt, die Kernanliegen des Naturschutzes in der kommenden Legislaturperiode“, erklärt Gerhard Heilingbrunner, ehrenamtlicher Präsident des Umweltdachverbandes. Nach der Regierungsneubildung in Niederösterreich appelliert der Umweltdachverband daher gemeinsam mit BirdLife Österreich, dem Naturschutzbund NÖ, der Forschungsgemeinschaft LANIUS und dem WWF Österreich an die neue Landesregierung, die Chance zu nutzen und auch in der Umweltpolitik neu durchzustarten. Die Naturschutzorganisationen präsentieren ein „Naturschutzmanifest“ für das Land Niederösterreich, mit folgenden Forderungen an Landesrat Stephan Pernkopf:
1.Governance: strukturelle Einbindung der Naturschutzorganisationen in die Naturschutzarbeit des Landes – Verankerung der Aarhus-Konvention im Landesrecht
Um den Neustart im niederösterreichischen Naturschutz als solchen darzustellen, empfehlen die Naturschutzorganisationen die Einberufung eines Naturschutzkonvents, eines Prozesses, der Landwirtschaft, Wirtschaft und Naturschutz an einen Tisch holt. „Bis Herbst 2013 sollte im Zuge dessen eine schlüssige und nachhaltig konzipierte Naturschutzstrategie für Niederösterreich erarbeitet werden. Wir würden uns freuen, diese Strategie im Rahmen unseres Naturschutztages am 21. September 2013 der Öffentlichkeit präsentieren zu können“, so Walter Hödl, Vorsitzender des niederösterreichischen Naturschutzbundes und Vorstandsmitglied des Umweltdachverbandes. „Regelmäßige Zusammenkünfte der NGOs mit der Naturschutzabteilung des Landes sollen die Qualitätssicherung der geplanten und durchgeführten Naturschutzmaßnahmen sowie die Weiterentwicklung und Anpassung der Naturschutzstrategie sicherstellen“, so Hödl, der dazu ergänzt: „Die Einbindung der NGOs in Fachprozesse des Landes sollte dabei der guten Praxis der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprechen. In diesem Zusammenhang ist es demnach auch erforderlich, die Aarhus-Konvention im Landesrecht zu verankern.“
2.Bedarfs- und zielorientiertes Budget für die Naturschutz-Umsetzung
Im Sinne der zeitlich und rechtlich konformen Umsetzung europarechtlicher Verpflichtungen wie der Fauna-Flora-Habitat- oder der Vogelschutz-Richtlinie sind bedarfs- und zielorientierte Budgetschätzungen vonnöten. „Niederösterreich hatte in der Vergangenheit enorme Probleme, seinen Finanzierungsnotwendigkeiten nachzukommen und bereits reservierte Mittel abzuholen. So wurden dem Projektnaturschutz im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 rund 11 Millionen Euro entzogen. Das darf künftig nicht mehr passieren“, stellt Michael Proschek-Hauptmann, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes, klar. „Naturschutz gibt es eben nicht zum Nulltarif. Das muss endlich erkannt werden und viele Probleme, insbesondere auch Konflikte mit GrundeigentümerInnen, würden so unterbleiben“, so Proschek-Hauptmann. Des Weiteren fordert er die klare Mittelzuteilung für Naturschutz auch in den Förderprogrammen wie der Ländlichen Entwicklung (LE), LIFE, der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ) oder LEADER.
3.Einrichtung einer Schutzgebietsbetreuung für sämtliche Schutzgebiete in NÖ
Im Sinne der langfristigen Erhaltung wertvoller Lebensräume und Arten und der Einhaltung des Verschlechterungsverbots hat das Land Niederösterreich bis Anfang 2014 für eine flächendeckende Schutzgebietsbetreuung in Natura 2000- und anderen Naturschutzgebieten zu sorgen. Der WWF unterstützt das Pilotprojekt zur Schutzgebietsbetreuung im Weinviertel. Bernhard Kohler, Leiter Biodiversität beim WWF Österreich, erklärt: „Eine Schutzgebietsbetreuung für die March-Thaya Auen war längst überfällig. Der Anfang ist gemacht, doch nun braucht es GebietsbetreuerInnen im ganzen Land. Ohne eine aktive, lokal verankerte und finanziell gut ausgestattete Betreuung können unsere Naturgüter nicht erhalten werden“, meint Kohler und unterstreicht: „Eine langfristig angelegte Schutzgebietsbetreuung setzt auch wichtige regionalwirtschaftliche Impulse. Ein fachkompetenter Ansprechpartner für die Bevölkerung ist unverzichtbar, wenn man Schutzziele, Fördermöglichkeiten und Nutzungsinteressen unter einen Hut bringen will.“
„Die Forschungsgemeinschaft LANIUS hat auf eigene Initiative in vielfältiger Weise Agenden einer regionalen Schutzgebietsbetreuung übernommen, fordert aber klar, dass auch das Land hier viel stärker seine Verantwortung wahrnehmen muss, damit Synergien besser genutzt werden können“, ergänzt Markus Braun, Obmann von LANIUS.
4.Konsequente Umsetzung von Natura 2000
„Aufgrund der kürzlich an die Bundesländer adressierten Forderung seitens der Europäischen Kommission, das Natura 2000-Netzwerk maßgeblich zu erweitern, führt kein Weg an der konsequenten, richtlinienkonformen Anwendung des Natura 2000-Rechts vorbei. Die Kommission führt in ihrem Schreiben an, dass allein für Niederösterreich zumindest 19 zusätzliche Gebiete bzw. Gebietserweiterungen zu melden gewesen wären. Darunter befinden sich etwa die Niederösterreichischen Voralpen, die Weinviertler Salzlebensräume, Teile des Leithagebirges und eine Gebietserweiterung im Thayatal bei Hardegg“, konstatiert Heilingbrunner. „Offene Natura 2000-Gebiete müssen unverzüglich nachnominiert werden – nicht zuletzt auch, um jetzt und in Zukunft für die SteuerzahlerInnen teure Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist der Bedarf in Niederösterreich, das 23 % der Landesfläche als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen hat, sicher geringer, aber auch hier müssen die Hausaufgaben gemacht werden. Darüber hinaus ist es höchst an der Zeit, Natura 2000 über proaktive positive und bewusstseinsbildende Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit als modernes Naturschutzinstrument in den Köpfen von LandnutzerInnen und der breiten Bevölkerung zu verankern. Der Dialog mit diesen Interessengruppen muss verstärkt werden. Wir bieten uns diesbezüglich sehr gerne als Partner an“, so Heilingbrunner.
5.Rechtliche Verankerung von Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutz-Gesetz
Heilingbrunner ergänzt: „Für bewilligungspflichtige Eingriffe nach dem Naturschutz-Gesetz sind auch in Niederösterreich Ausgleichsmaßnahmen analog dem Salzburger Naturschutz-Gesetz vorzusehen. Dies wäre auch für Ausgleichsmaßnahmen nach dem UVP-Gesetz sinnvoll: Es macht keinen Sinn, ‚Froschlacken‘ in Autobahnauffahrten zu errichten. Für den sinnvollen Einsatz der dafür vorgesehenen Gelder soll eine koordinierende Stelle eingerichtet werden.“
6.Konsequente raumplanerische Umsetzung von Naturschutzanliegen
Von besonderer Bedeutung ist insbesondere auch, dass der Naturschutz sein „Verhinderer-Image“ ablegt und proaktiv in die Zukunft schreitet. „Ein Mittel dazu wäre, im Sinne einer nachhaltigen Raumplanung und in Hinblick auf die Vernetzung von Lebensräumen künftig bei allen langfristigen, strategischen Planungen wie z. B. der Errichtung von Windkraft-Anlagen oder Wasserkraftwerken Naturschutzanliegen ausdrücklich zu berücksichtigen und Naturschutzorganisationen schon im Vorfeld in den Dialog miteinzubinden“, bekräftigt Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer von BirdLife Österreich und ebenfalls Vorstandsmitglied des Umweltdachverbandes. „Wenn dies nicht gelingt, wird es auch weiterhin bei wichtigen Vorhaben der Landespolitik Oppositionsnotwendigkeiten seitens der Naturschutzorganisationen geben.“
Forderungen umsetzen und wertvolle Naturräume erhalten!
Der Umweltdachverband, BirdLife Österreich, der Naturschutzbund NÖ, die Forschungsgemeinschaft LANIUS und der WWF Österreich fordern die neue niederösterreichische Landesregierung auf, sich mit den Forderungen der Naturschutz-NGOs ernsthaft auseinanderzusetzen. „Die Zukunft des niederösterreichischen Naturschutzes liegt einzig und allein in der Hand der neu gebildeten Landesregierung. Diese ist gut beraten, dem Naturschutz den Stellenwert zukommen zu lassen, der ihm gebührt und alle geforderten Anpassungen, allen voran die engere Miteinbeziehung von UmweltschutzakteurInnen in wichtige Entscheidungsprozesse, vorzunehmen. Wenn Niederösterreich seinem angestrebten Status als Naturschutz-Musterland Rechnung tragen will, muss das Land ein deutliches Zeichen setzen. Schließlich geht es für das Land auch darum, seine wertvollen Naturräume für künftige Generationen zu erhalten. Niederösterreich kann einen entscheidenden Beitrag leisten, damit ganz Österreich längerfristige Ziele wie den umweltschonenden Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Biodiversitätsstrategie 2020 erreicht. Angesichts der ersten bereits erfolgten Gespräche auf höchster Ebene sind wir zuversichtlich, dass nun die richtigen Schritte gesetzt werden“, betont Heilingbrunner abschließend.
Rückfragehinweis:
Dr.in Sylvia Steinbauer, Öffentlichkeitsarbeit Umweltdachverband, Tel. 01/40 113-21, E-Mail: sylvia.steinbauer@umweltdachverband.at, http://www.umweltdachverband.at
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at, www.wwf.at
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