Lückenhaftes und oberflächliches Regierungsprogramm wird Problem nicht gerecht – Neue Bodenstrategie und Raumordnungsnovelle müssen wirksame Maßnahmen gegen Flächenfraß in der Steiermark bringen
WWF hinterfragt jüngste FSC-Zertifizierung der Schweighofer-Standorte
Presseaussendung WWF
Wien, 7. März 2016 – Holzindustrie Schweighofer hat im Jänner bekannt gegeben, dass seine Standorte in Rumänien und weiteren drei Ländern neue FSC-Zertifikate für die Produktkette (CoC) erhalten haben. Laut einer Presseaussendung von Schweighofer vom 28. Jänner 2016 würde damit sichergestellt, dass nun keinerlei Holz aus umstrittenen Quellen verwendet wird. Die neuen Zertifikate wurden durch ein österreichisches Zertifizierungsunternehmen (Quality Austria) erteilt. Der WWF fordert nun eine umfassende Überprüfung des damit in Verbindung stehenden Zertifizierungsprozesses.
Der WWF und etliche andere Umweltorganisationen hegen starke Zweifel, dass Quality Austria die Vorgaben der FSC-Standards bei der Erteilung der neuen Zertifikate ausreichend eingehalten hat. „Der von Schweighofer verfolgte Zweck dieser neuen FSC-Zertifikate ist es möglicherweise verunsicherte Kunden zu beruhigen. Dass sich Schweighofer nun hinter diesen neuen und aus unserer Sicht fragwürdig entstandenen Zertifikaten versteckt, ist schwer zu ertragen“, kritisiert WWF-Waldexperte Johannes Zahnen. Um mehr Licht in die Vorgehensweise der Zertifizierer zu bekommen hat der WWF als ersten Schritt einen Fragenkatalog an Quality Austria geschickt. Da die Fragen von Quality Austria jedoch ungenügend beantwortet wurden, reichte der WWF nun formell Beschwerde bei der für FSC zuständigen Akkreditierungsstelle „ASI“ (Accreditation Services International) ein.
„ASI“ gehört nicht zu FSC sondern akkreditiert im Auftrag von FSC die unabhängigen Zertifizierer und muss informiert werden, wenn Zweifel an der Ausstellung von Zertifizierungsprozessen entstehen. Wie alle FSC-Zertifizierer hat auch Quality Austria von „ASI“ die Genehmigung erhalten FSC-Zertifikate ausstellen zu dürfen. „Nach unserer Ansicht muss nun der Zertifizierungsprozess so schnell wie möglich überprüft und in Konsequenz die Zertifikate wieder entzogen werden, wenn sich bestätigt, dass wesentliche Vorgaben im Prozess nicht eingehalten wurden“, so Johannes Zahnen weiter.
Bei der Vergabe dieser neuen FSC-Zertifikate kritisiert der WWF, dass weder Schweighofer noch Quality Austria die vorgeschriebene Befragung der Stakeholder in ausreichender Qualität durchgeführt haben. Die Frage, die sich der WWF im speziellen stellt ist: Wie konnte der Zertifizierer Quality Austria zu der Überzeugung gelangen, dass die gesamte Holzbeschaffung aller Lieferanten bei Schweighofer legal ist? Die massiven Vorwürfe von Seiten diverser NGOs, von ehemaligen Förstern oder von Seiten der rumänischen Behörden zur möglichen Verbindung von Schweighofer zu illegalem Holz und organisierter Kriminalität, Bedenken wegen Scheinfirmen, derer sich Schweighofer anscheinend bedient hat, blieben offensichtlich außer Acht. Und dies obwohl die meisten Ermittlungen gegen Holzindustrie Schweighofer noch nicht abgeschlossen sind oder noch nicht einmal begonnen haben.
Zusätzlich wurde im November 2015 im rumänischen TV Kanal „Antena 3“ (CNN-Tochter und bedeutendster Infokanal in Rumänien) ein weiterer Dokumentarfilm mit mehrfachen Hinweisen zum Unternehmen Schweighofer ausgestrahlt. Der Film liegt mittlerweile mit englischen Untertiteln vor. All dies hätte Quality Austria wissen und berücksichtigen müssen.
Nachdem Quality Austria die Fragen des WWF nicht ausreichend beantworten konnte, entschloss sich der WWF heute zu einer weiteren Beschwerde bei der für FSC zuständigen Akkreditierungsstelle „ASI“. Diese heute abgeschickte Beschwerde wird breit unterstützt von den Umweltorganisationen Agent Green (Rumänien), Environmental Investigation Agency (EIA/USA), Greenpeace (Central and Eastern Europe) und Neuer Weg (Rumänien). Für alle NGOs ist die Glaubwürdigkeit des FSC-Gütesiegels enorm wichtig, daher fordern diese eine umfassende Überprüfung.
Bereits im November letzten Jahres hat der WWF übrigens eine umfassende Beschwerde bei FSC International direkt eingebracht (Policy of Association), um die Anschuldigungen von Holzankauf aus illegalen Quellen durch Schweighofer aus nicht FSC-zertifizierten Wäldern zu überprüfen. FSC International hat diese Beschwerde angenommen und wird in Kürze einen umfassenden Überprüfungsprozess starten. Nach Ansicht des WWF hätte bei einer bereits eingebrachten FSC-Beschwerde gegen ein Unternehmen kein weiteres FSC-Zertifikat von Quality Austria ausgestellt werden dürfen.
Die EIA hatte im Oktober 2015 einen Bericht präsentiert, nach dem Holzindustrie Schweighofer einer der größten Treiber für illegalen Holzeinschlag in Rumänien ist. Zuvor wurden zwei Videos veröffentlicht. Das eine zeigt Manager des Unternehmens, die illegales Holz annehmen wollten, das zweite filmte einen Holzlaster aus einem Nationalpark, der gerade Baumstämme ohne Papiere an Schweighofer lieferte. Allgemein profitieren Unternehmen wie Schweighofer in Rumänien durch eine verschleppte Umsetzung der Europäischen Holzhandelsverordnung (EUTR) zum Ausschluss von illegalem Holz, von Schlupflöchern in eben dieser Verordnung, geringen Strafen und diversen Ausnahmebestimmungen. Der WWF plädiert daher vehement auch für eine bessere Umsetzung der EU-Holzhandelsverordnung.
Der WWF arbeitet seit Jahren an der Erhaltung der größten zusammenhängenden Naturwälder in Mitteleuropa, die insgesamt allein in Rumänien 218.000 Hektar ausmachen. Die Karpatenwälder gehören damit zu den wichtigsten Naturschätzen auf dem europäischen Kontinent. 80 Millionen Kubikmeter Holz im Wert von fünf Milliarden Euro wurden in den letzten 20 Jahren dort illegal geschlägert. Das entspricht etwa 50 Prozent des gesamten Holzeinschlags. Der WWF arbeitet intensiv mit den rumänischen Behörden zusammen um das rumänische Forstrecht zu verbessern und die Wälder zu erhalten.
Rückfragehinweis:
Franko Petri, Leiter Medien und Kampagnen WWF, Tel. 01-48817-231; E-Mail: franko.petri@wwf.at.
Johannes Zahnen, Waldexperte WWF Deutschland, Tel. +49-151-18854952, E-Mail: johannes.zahnen@wwf.de. Web: www.wwf.de.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF fordert zügige Umsetzung des nationalen Klimaplans
Künftige Bundesregierung in der Pflicht – WWF fordert Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie Energiespar- und Naturschutz-Programme, um Klimaziele zu erreichen
Nachhaltiges Weihnachtsfest: WWF fordert Paket gegen Lebensmittel-Verschwendung
Lebensmittel-Verschwendung während der Feiertage vermeiden: WWF gibt Tipps und fordert künftige Bundesregierung zum Handeln auf
WWF-Report: Über 230 neue Arten in der Mekong-Region entdeckt
234 Funde entlang des Mekong: “Game of Thrones”-Eidechse, stachelloser Vampir-Igel, Krokodil-Molch – Region leidet unter Verschmutzung und Verbauung – WWF fordert besseren Schutz für “Schatzkiste der Artenvielfalt”
Steiermark: WWF fordert deutliche Kurskorrektur beim Bodenverbrauch
WWF-Analyse zeigt ungebrochen hohen Bodenverbrauch – Umweltschutzorganisation fordert umfassende Reform der Raumordnung von künftiger Landesregierung
Silvester: WWF fordert Verkaufsverbot von Böllern und Raketen
Feuerwerkskörper schaden Mensch, Tier und Umwelt – Verwendungsverbot für Personen ohne Pyrotechnikausweis und Verbot von Raketen und Böllern gefordert
Good News: Mehr Schutz für Störe im Schwarzen Meer
Ein wichtiger Schritt für den Schutz von Stören: Diese müssen zukünftig im Schwarzen Meer besser vor Fischerei und Beifang geschützt werden. Außerdem verbessert sich künftig das Monitoring von Stören.
Neue Studie: WWF fordert raschen Abbau umweltschädlicher Subventionen
WWF-Klimasprecher zur KONTEXT-Studie: „Eine Reform muss gerade in budgetär schwierigen Zeiten hohe Priorität haben. Alles andere wäre ein Schildbürgerstreich der Sonderklasse“
Nationalparks: Über 111.000 Hektar Erweiterungs-Potenzial in Österreich
Neue UBA-Studie identifiziert Österreichs Biodiversitäts-Hotspots – WWF fordert politische und finanzielle Weichenstellung zur Erweiterung der österreichischen Nationalparks.