Naturzerstörung, Wilderei und Klimakrise gefährden zahlreiche Tierarten – WWF zieht Bilanz und fordert Naturschutz-Offensive von der Politik – Artenschutz-Projekte geben Hoffnung
WWF und ÖKOBÜRO zu Natura 2000: Schluss mit Ignoranz, Europäische Rechtsprechung muss umgesetzt werden
Wien, 23. März 2017. Der WWF und das ÖKOBÜRO fordern die politisch Verantwortlichen in den Bundesländern auf, die Rechtsprechung der Europäischen Union ernst zu nehmen und umzusetzen. Konkret geht es hier um den Brief der Europäischen Kommission, in dem die bestehenden Lücken in Sachen Natura 2000-Nominierungen deutlich aufgezeigt werden. Für die Umweltorganisationen ist es daher „wenig verwunderlich, dass in der vergangenen Woche in den Ämtern und Büros der Landesregierungen die Wogen hoch gingen“, so Gebhard Tschavoll vom WWF-Alpenflüsse Programm.
Das Schreiben der EU-Kommission ist in Bezug auf die Ausweisung der Osttiroler Gletscherflüsse Isel, Tauernbache, Schwarzach und Kalserbach besonders konkret. „Die dabei gezogenen Gebietsgrenzen sind in mehrfacher Hinsicht fachlich unzureichend, heißt es in dem Schreiben wörtlich. Bekanntlich wurden im Jahr 2015 die gesamte Isel, aber nur kleine Teile des Kalserbachs und der Schwarzach nach Brüssel gemeldet. Der Tauernbach wurde sogar gänzlich ausgespart“, so Tschavoll. Schon damals hat der WWF auf die fachlich nicht nachvollziehbare Gebietsabgrenzung hingewiesen. In einer Analyse aller bekannter Daten zum Vorkommen der Deutschen- oder Ufer-Tamariske samt detaillierter Karte und fachlicher Bewertung der damaligen Abgrenzungsvorschläge, konnte klar nachgewiesen werden, dass es dem Schutzgedanken widersprechen würde, hier eine Ausweisung vorzulegen, die offensichtlich bestrebt war, wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen.
„Der eindeutige Versuch, bestimmte Streckenabschnitte aus der Natura 2000-Kulisse heraus zu schwindeln, um mit Kraftwerksprojekten vorwärts zu kommen, hat sich als der klassische Schuss nach hinten erwiesen“, so Tschavoll. Ähnlich ist es bei der Frage der Parteistellung von Umweltschutzorganisationen. Seit 2005 hat Österreich die Pflicht, NGOs in Naturschutzverfahren einzubeziehen. „Eine Umsetzung ist aber nicht erfolgt“, kritisiert Tschavoll. Der Europäische Gerichtshof entschied im letzten Herbst, dass NGOs in Natura 2000-Verfahren Parteistellung zukommen muss. „Wiederum in Osttirol, beim höchst umstrittenen Projekt am Kalserbach, haben der WWF und das ÖKOBÜRO daher bereits entsprechende Anträge gestellt. Zur Überraschung aller Beteiligten wurden sie von der Behörde abgelehnt“, so Tschavoll.
„Es hat den Anschein, dass man entschlossen ist, Europäisches Umweltrecht weiter zu ignorieren, bis die Mahnschreiben und Klagen aus Brüssel eintreffen. Mit dieser Rechtsunsicherheit ist weder der Natur noch den Projektbetreibern geholfen, führen sie doch im Ergebnis zu Verzögerungen und höheren Kosten“, kommentiert Thomas Alge, ÖKOBÜRO-Geschäftsführer die Situation. Worüber in der Fachwelt schon lange Übereinstimmung herrscht, nämlich, dass es eine umfassende Ausweisung der Osttiroler Gletscherflüsse als Europaschutzgebiet geben muss, wurde nun auch von europäischer Seite bestätigt. Aus WWF- und ÖKOBÜRO-Sicht ist klar, dass die Umsetzung der fachlich gebotenen Schutzgebiete in Landesnaturschutzrecht nun folgen muss und zukünftige Vorhaben unter den Interessensgruppen der Politik, Projektbetreiber und Naturschutz auf Augenhöhe verhandelt werden.
Rückfragehinweis:
Mag. Gerhard Auer, WWF Pressesprecher, 0676 83488231, gerhard.auer@wwf.at
Gebhard Tschavoll, Kampagnenleiter Alpenflüsse, 0676 83488303, gebhard.tschavoll@wwf.at
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