Artenlexikon
Königsboa/ Abgottschlange
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Verbreitung
Die Königsboa – unsere liebste Riesenschlange
Als exotisches Haustier ist die Boa constrictor auch in unseren Breiten beliebt – schließlich gilt sie als der Inbegriff der Riesenschlange. Kein Wunder, dass die Lust auf die majestätischen Tiere auch durch illegalen Handel befriedigt wird. Dazu kommen Lebensraumverlust und unbegründete Angst.
Körperliche Merkmale
Die Königsboa kommt in der Länge bei weitem nicht an die Anakonda heran, die bis zu acht Meter lang werden kann. Trotzdem ist sie als die „Riesenschlange“ schlechthin bekannt. Obwohl man es nicht sieht, unterscheidet man auch bei Schlangen einen Körper und einen Schwanz. Anders als viele andere Artgenossen verfügt die Boa constrictor über zwei Lungenflügel, außerdem über Reste von Becken und Oberschenkeln. Königsboas haben einen deutlich vom langgestreckten Körper abgesetzten, dreieckigen Kopf. Der Unterkiefer ist nicht durch Knochen mit dem restlichen Kopf verbunden, Haut, Muskeln und Sehnen sind extrem dehnbar. So kann die Riesenschlange Beute fressen, die deutlich größer ist als ihr Kopf. Die Farbe der Schlangen variiert mit der Unterart, außerdem färbt sich die Haut mit der Temperatur heller oder dunkler. Abgottschlangen sind braun, silbergrau mit braunen bis dunkelroten, ovalen, diamant-, oder fledermaus-förmigen, schwarz umrandeten Sattelflecken am Rücken, die bis zum Schwanz hin bei einigen Unterarten eine kräftig rote Färbung annehmen. Es gibt auch Unterarten mit kupferfarbigen, rotbraunen, gelbbraunen, grau-beigen bis orangeroten Musterungen. Von der Spitze der Schnauze bis zum Nacken zieht bei der Boa constrictor ein dunkler Streifen. Markant sind auch die Streifen seitlich und quer über die Augen. Diese dienen dazu, das Auge für Beutetiere möglichst unsichtbar zu machen. Wie alle Schlangen müssen sich Boa constrictors regelmäßig häuten, um wachsen zu können. Im Jugendstadium geschieht dies alle paar Wochen – mit zunehmenden Alter verlängern sich die Intervalle zwischen zwei Häutungen. Die Weibchen sind deutlich größer als die Männchen. Königsboas können bis zu 25 Jahre alt werden.
Lebensweise und Fortpflanzung
Abgottschlangen sind Einzelgänger und dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber verbergen sich die Schlangen an geschützten Orten – Jungtiere und kleinere Exemplare oft auf Bäumen. Für große Tiere ist das Klettern aufgrund ihre Gewichts anstrengend und gefährlich. Die Schlangen werden mit etwa vier Jahren geschlechtsreif. Die Werbung der Tiere kann sich über Wochen hinziehen und auch die Paarung wird mehrmals vollzogen und kann mehrere Stunden dauern. Die Zeit zwischen Befruchtung und Geburt kann bis zu zehn Monate betragen, da weibliche Boas Sperma speichern zu können, bevor es zur Befruchtung der Eier kommt. Ungewöhnlich für Reptilien sind Boas lebendgebärend – nach einer Tragezeit von 100 bis 150 Tagen kommen zwischen fünf und 60 Jungtiere zur Welt. Die Zahl der Kleinen schwankt je nach Nahrungsangebot, Unterart und Anzahl der Fressfeinde. Die Nestflüchter verlassen ihre Mutter nach wenigen Stunden, innerhalb von zwei Wochen häuten sie sich das erste Mal und beginnen zu jagen.
Ernährung
Königsboas sind Fleischfresser – sie ernähren sich überwiegend von kleinen Säugetieren, Vögeln und deren Brut, aber auch von Teju-Echsen und Leguanen. Im Amazonasregenwald scheinen sich die Tiere zu einem großen Teil von Fledermäusen zu ernähren, denen sie in ihren Tagesverstecken auflauern. Sie fressen prinzipiell jedoch alle Arten von Wirbeltieren, auch Primaten und sogar Wasserschweine oder Hirsche, die in Ausnahmefällen größer sein können als sie selbst. Boas zählen zu den Würgeschlangen. Sie packen die Beute mit den Zähnen und schlingen sich dann um deren Körper. Wenn das Opfer ausatmet, verstärkt die Schlange ihren Griff und verhindert so, dass es wieder einatmen kann. Die Beute erstickt.
Königsboa und Mensch
Die Boa constrictor ist ein beliebtes Haustier – exotisch, imposant und relativ leicht zu halten. Der Handel mit den Tieren ist durch das Washingtoner Artenschutzabkommen reglementiert, doch die Nachfrage am Markt ist groß. So werden oft nicht nur Zuchtschlangen zum Verkauf angeboten, sondern auch solche, die in der Wildnis gefangen wurden. Auch wegen ihrer Haut und ihres Fleisches werden die Riesenschlangen gejagt. Obwohl nur besonders große Exemplare Kindern gefährlich werden können, werden die Schlangen auch aus Angst getötet.
Doch all diese direkten Bedrohungen durch den Menschen würden die Boa constrictor nicht in ihrem Bestand gefährden. Das größte Problem ist vielmehr die Zerstörung ihres Lebensraumes. Die Abholzung der Regenwälder schreitet noch immer mit atemberaubender Geschwindigkeit voran, um sie in kurzfristig Gewinn bringende Soja-, Palmöl- und Maisplantagen oder in Viehweiden umzuwandeln.
Die Königsboa in der Kulturgeschichte
In verschiedenen indigenen Kulturen des Amazonasbecken gibt es die Legende, Riesenschlagen würden Frauen schwängern um so eine Schlangenbrut zu zeugen – und so mitunter den Tod bei oder nach der Geburt verursachen. In der Inka-Kultur wurden Boas und Anakondas mit der doppelköpfigen Schlange Amaro assoziiert, die als Zerstörer gefürchtet wurde. Da die Abgottschlange in den Anden, wo die Inka lebten, nicht vorkam, soll der Herrscher Pachacútec Yupanqui die Tiere als Tribut von unterworfenen Stämmen gefordert haben. In einem Gefängnis in Cusco sollen Verbrecher und Kriegsgefangene in eine Schlangengrube geworfen worden sein – wer nach drei Tagen noch am Leben war, durfte gehen, so die Geschichte. Später wurden Schlangen auch in Haushalten als Nagetierbekämpfung gehalten.
Projekte und Engagement des WWF
TRAFFIC, das gemeinsame Programm von WWF und der internationalen Naturschutzorganisation IUCN, beobachtet den Handel mit exotischen und gefährdeten Tierarten – darunter auch die Königsboa. Außerdem setzen wir als WWF uns für die Erhaltung und den Schutz des Lebensraums der majestätischen Tiere ein – des Amazonas Regenwaldes: Nach einer Initiative des WWF gab die brasilianische Regierung 1998 das Versprechen, zehn Prozent des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes unter Schutz zu stellen und rief in Folge eines der weltweit ambitioniertesten Naturschutz-Programme ins Leben – das „Amazon Region Protected Areas Programme“ (ARPA). Das ARPA ist mit Abstand das größte Tropenwaldschutzgebiets-Programm, das es je gab. Damit werden nun insgesamt sieben Millionen Hektar (eine Fläche so groß wie Bayern) des südlichen Amazonas-Regenwaldes gemeinsam verwaltet und geschützt.
Der WWF baut in den Amazonas-Staaten und auf internationaler Ebene politischen Druck auf, damit – auch entgegen wirtschaftlicher Interessen – Schutzgebiete und indigene Territorien weiterhin bestehen bleiben und umweltrelevante Gesetze nicht abgeschwächt werden. Ein enorm wichtiger Hebel zum Schutz des Amazonas ist der Handel mit Holz- und Agrarprodukten. Das Abholzen von Regenwald ist nur wegen der starken Nachfrage nach Soja und anderen Rohstoffen die auf Regenwaldboden gewonnen werden so groß. Die EU ist einer der größten Abnehmer dieser Produkte. Deshalb setzt sich der WWF gegen den Handel mit illegal geschlagenem Holz und für transparente und entwaldungsfreie Lieferketten ein.
Der WWF arbeitet außerdem in Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, staatlichen Institutionen und indigenen Gemeinschaften zusammen. So unterstützt der WWF etwa regionale Feuerwehren mit technischem Equipment, damit sie Waldbrände effektiver bekämpfen können. Der WWF unterstützt auch das Nationalparkmanagement, etwa im Juruena-Nationalpark, mit finanziellen Mitteln und Know-How zur Ausbildung und Ausrüstung des Personals. Um den Wald vor illegalem Holzeinschag zu schützen, bildet der WWF die lokale Bevölkerung zu Forest Guardians aus. Die Gemeinden werden vom WWF auch beim Aufbau nachhaltiger Einkommensquellen unterstützt damit illegaler Holzhandel und Wilderei überflüssig werden. So konnte zum Beispiel in Bolivien eine Paranuss-Genossenschaft mit aufgebaut werden, die ihre Produkte mittlerweile ohne Projekthilfe vermarktet.
Retten Sie bedrohte Tierarten mit einer
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