© Tamara Greiner
3 Gründe, warum es gut ist, dass der Lobau-Tunnel nicht gebaut wird
Seit 2005 ist er offiziell in Planung und genauso lange steht er auch schon der Kritik: der Lobau-Tunnel. 8,2 Kilometer lang sollte er werden und unter dem Nationalpark Donau-Auen durchführen. Nach einem Klimacheck erteilte Umweltministerin Leonore Gewessler dem Milliardenprojekt im Dezember 2021 – 16 Jahre nach Planung – eine Absage. Der Bau sei nicht mit Österreichs Klimazielen vereinbar. Auch die geplante Ausweitung der S1 nördlich des Lobau-Tunnels soll neu evaluiert und geplant werden.
Aus WWF-Sicht ist die Absage des Lobau-Tunnels und anderer Straßenbauprojekte ein wichtiger Meilenstein für die Klima- und Bodenpolitik Österreichs. Die Umweltrisiken sind viel zu groß und auch die von der Stadt Wien behauptete Verkehrsentlastung wäre so nie eingetreten. Statt weiterhin neue Straßen zu bauen, müssen wir unser Land so einrichten, dass man nicht auf das Auto angewiesen ist.
Warum der Lobau-Tunnel auf keinen Fall gebaut werden sollte
Weder aus Klima- oder Naturschutz-Sicht noch für den Straßenverkehr oder Bodenverbrauch wäre der Lobau-Tunnel eine Verbesserung. Ganz im Gegenteil. Betrachten wir das Projekt aus folgenden 3 Blickwinkeln wird schnell klar, dass ein Ausbau der Lobau-Autobahn weder eine Verkehrsentlastung bringt noch eine klimafreundliche Investition in die Zukunft ist.
1. Massiver Bodenverbrauch
Die extreme Verbauung in Österreich zerstört schon heute unsere Umwelt, beschleunigt die Klimakrise und belastet die Gesundheit von uns allen. Vor allem der Straßenbau trägt enorm zum Flächenfraß bei. Straßen zählen dabei zu den größten Bodenfressern überhaupt. Alleine durch den Ausbau der Wiener Außenring-Schnellstraße S1, die den Lobau-Tunnel miteinschließt, würden 156 Hektar Grünraum permanent verloren gehen. Das entspricht mehr als dem durchschnittlichen Bodenverbrauch Salzburgs pro Jahr!
Es ist zudem längst erwiesen, dass neue Autobahnen und Schnellstraßen die Zersiedelung befeuern: Neue Straßen machen das Abwandern in entlegene Regionen attraktiver, steigern die Nachfrage nach neuen Gewerbeparks, Parkplätzen und Supermärkten – die ihrerseits wieder neue Straßen erfordern. Was den Bodenverbrauch betrifft liegt Österreich mit durchschnittlich 11,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag bereits jetzt weit hinter seinen Nachhaltigkeitszielen. Damit hat der Flächenfraß hierzulande – auch ohne Lobau-Tunnel – längst jedes naturverträgliche Maß überschritten. Schon jetzt umfasst das österreichische Straßennetz eine Gesamtlänge von 127.000 Kilometern – damit könnte es die Erde dreimal am Äquator umspannen.
2. Verkehr und Klimaschutz
Ein oft erklärtes Ziel des Lobau-Tunnels sollte sein, den Verkehr in Wien zu entlasten. Doch das ist ein Märchen. Es ist Wissenschaftlich erwiesen, dass mehr Straßen mehr Verkehr mit sich bringen. So hätte beispielsweiße auch die S1 Vösendorf-Schwechat laut Politik dafür sorgen sollen, dass es auf der Tangente keinen Stau mehr gibt. Das Ergebnis: Auf der Tangente staut es nach wie vor und die S1 ist ebenfalls voll.
Mehr Straßen bedeuten aber erwiesenermaßen nicht nur mehr Verkehr sondern auch mehr schädliche Autoabgase. Der Verkehrssektor zählt zu den Hauptverursachern der Klimakrise. Er ist heute für ein Drittel aller schädlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich – Tendenz stetig und rasant steigend. Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur verursacht die Luftverschmutzung in Österreich rund 7.500 vorzeitige Todesfälle pro Jahr.
3. Naturschutz
Nicht zuletzt aus Naturschutz-Sicht wären Lobau-Tunnel und Autobahn eine Katastrophe gewesen. Geplant war, den 8,2 Kilometer langen Tunnel unterirdisch unter dem Nationalpark Donau-Auen verlaufen zu lassen. Die Ein- und Ausgänge des Lobau-Tunnels hätten zu unglaublichen Abgasmengen direkt vor dem Nationalpark geführt. Die Autobahn wäre in Form von 2 großen Rohren quer durch den Grundwasserkörper von Donau und Lobau gebaut worden. Doch gerade in einer Au und ganz besonders in einem Nationalpark sollte man äußerst vorsichtig mit dem Wasser umgehen. Es gibt zudem starke Vermutungen, dass dort seit dem Krieg Öl im Grundwasser „schwimmt“. Hier sollte keinesfalls gebohrt werden.
Eine weitere Folge des Lobau-Tunnels wäre die geplante Schnellstraßen-Verlängerung (S8) quer durchs Marchfeld in die Slowakei gewesen – einer der letzten Orte in Österreich, an dem heute noch der Triel – ein in Mitteleuropa selten gewordener Vogel – vorkommt. Die Verlängerung hätte zudem ein Gebiet südlich unseres Marchegger Auenreservats die March gequert, welches ebenfalls Potenzial hat ein Nationalpark zu werden.
Müssen jetzt Infrastruktur für die Zukunft bauen
Die Politik hat über Jahrzehnte falsche Entscheidungen getroffen, die uns bis heute teuer zu stehen kommen. Der Lobau-Tunnel wäre ein ebensolcher. Angesichts der massiven Klimakrise und des Artensterbens an derart verfehlten Großprojekten festhält, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Wir sollten Infrastruktur für die Zukunft bauen und nicht für den vorhandenen Verkehr.
Denn: Wer Öffis und Radwege ausbaut erntet saubere Luft, weniger Lärm, mehr Platz zum Spielen und für Bäume in der Stadt. Wer Straßen baut wird mehr Straßen-Verkehr, Hitze-Insel und zerstörte Grünflächen ernten.
Unsere Forderungen an die Politik
Österreich braucht eine mutige Trendwende, um die Lebensqualität für die Menschen zu erhöhen und einen wirksamen Beitrag gegen die Klimakrise und den Flächenfraß zu leisten. Statt neuer Schnellstraßen und Autobahnen brauchen wir ein klimafreundliches, zukunftsträchtiges Verkehrskonzept für ganz Österreich. Die Politik muss in den öffentlichen Verkehr, in die Rad-Infrastruktur und in den Bodenschutz investieren – nicht in den Bau neuer Straßen.
In Utrecht (Niederlande) entsteht übrigens gerade ein autofreier Stadtteil für 12.000 Einwohner. Wieso sollte das in Wien nicht gehen?
Der Lobau-Tunnel
- Seit 2005 geplant
- Sollte unter dem Nationalpark Donau-Auen durchführen
- 19 Kilometer Asphalt
- 8,2 Kilometer Tunnel
- Kosten: über 1 Milliarde Euro
- Alleine der Ausbau der S1 würde mehr Grünraum zerstören als Salzburg in einem Jahr durchschnittlich an Fläche verbaut
- Im Dezember 2021 abgesagt (von Umweltministerin Leonore Gewessler)
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