Auf der Suche nach Schneeleoparden

by Muhammad Osama / WWF-Pakistan

Meine Welt - die Schneeleoparden

Hallo, ich bin Sheren. Darf ich Sie ein Stück in meine Welt mitnehmen? Ich arbeite für den WWF Nepal als Programmreferent und möchte Ihnen heute von einer ganz besonderen Reise mit meinem Team erzählen. Es wird ein seltener Blick „Hinter die Kulissen“ und zeigt, wie wichtig unsere Arbeit für die letzten, wildlebenden Schneeleoparden ist.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Der Tag vor der Abreise

Ich beginne mit dem Tag vor unserer Abreise. Es ist meine dritte Reise in den Shey-Phoksundo-Nationalpark, dem größten nepalesischen Nationalpark nördlich des Himalaya Hauptkamms. Jede bisherige Reise hinterließ unvergessliche Eindrücke. Gute, schlechte und in jedem Fall lebensverändernde.

Doch dieses Mal wusste ich nicht, was mich nervöser machte: Die Chance, Schneeleoparden zu sehen oder mit alten Bekannten wiedervereint zu sein. Wir alle waren schon lange nicht mehr in dem rauen Westen Nepals und den damit verbundenen schwierigen Bedingungen unterwegs.

Unser Ziel: Zwei Schneeleoparden innerhalb von nur zwei Monaten einzufangen und diese zu besendern. 10 lange Monate Vorbereitung und Planung lagen hinter uns. Doch um diese scheuen Tiere zu finden, braucht es auch etwas, das sich nicht planen lässt – eine große Portion Glück.

by DNPWC / WWF Nepal

Es geht los – endlich!

Der Tag der Abreise ist da. Ich bin aufgeregt und voller Vorfreude. Wird es unserem Expeditionsteam gelingen in den nächsten Wochen, zwei Schneeleoparden zu besendern?

Wir stapfen langsam im Gänsemarsch vorwärts und sind auf dem langen Weg nach Dunai - Ein Dorf auf 2.000 Höhenmeter.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Ein Schneeleopard ist uns angesprungen

Die Wanderung ist für uns alle eine Herausforderung, die wir ohne örtliche Führung so niemals bewältigen könnten.

Wir sind in Richtung Rigmo unterwegs und bereits auf einen Konflikt zwischen Menschen und den Schneeleoparden gestoßen. Ein Einheimischer erzählt uns: „Ich kehrte mit meinen Tieren in mein Dorf zurück, als uns ein Schneeleopard ansprang. Zwei Maultiere verloren dabei das Gleichgewicht und stürzten die Klippe hinab.“

Diese Geschichte ist bezeichnend dafür, was die Einheimischen in dieser Region erleben. Es zeigt mir einmal mehr, wie wichtig unsere Arbeit vor Ort ist, um ein friedliches Miteinander zwischen den Menschen und den Schneeleoparden zu ermöglichen.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Kein Signal, dafür Schneeleopardenkot

Das Expeditionsteam verlässt Rigmo in Richtung erstes Hochlager: Sallghari - 3.611 Höhenmeter. Wir verlieren immer mehr von unserem menschlichen Komfort: Kein Kontakt mit der Außenwelt, außer über Satellitentelefone. Kein Strom, außer über tragbare Stromgeneratoren. Das Signal ist oft weg und es gibt keine Siedlungen bis wir Shey Gumba erreichen.

Und ganz plötzlich entdecken wir Schneeleopardenkot! Während andere Menschen einfach nur Fäkalien sehen, sehen wir Wissenschaftler vor allem eines: Eine geballte Ladung an Daten. Darüber, was der Schneeleopard gefressen hat und wie es ihm geht. Wir freuen uns unglaublich und spüren, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Eisige Kälte und tiefgefrorener Kaffee

Nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen, den tiefgefrorenen Kaffee aufzutauen, verlassen wir das Hochlager auf dem Weg nach Shey Gumba - 4.600 Höhenmeter. Es ist der letzte Abschnitt bei eisigem Wind. In Shey Gumba angekommen treffen wir weitere Teams von Wissenschaftlern. Diese Teams platzierten später 300 Kamerafallen auf 4.500 Quadratkilometer im nepalesischen Himalaya-Gebirge.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Das Basislager Samling Gumba

Wir nähern uns dem schneebedeckten Basislager Samling Gumba - 4.300 Höhenmeter. Ein Ort, der acht Jahrhunderte alt ist. Erleichterung macht sich breit. Nach fast 10 Tagen zu Fuß, können wir uns ein wenig ausruhen und müssen am nächsten Tag nicht weitergehen. Draußen vor dem Zelt: Es schneit und unsere Ausrüstung wird mehr und mehr mit Schnee bedeckt.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

Es riecht nach Teamgeist

Drinnen im Zelt: Ansteckender Teamgeist macht sich breit. Mein Kollege Samundra war sehr euphorisch. Er hat Spuren von Schneeleoparden gefunden. Er prüfte die Bewegungen anhand von Kamerafallenbildern und zeichnete die Landschaft gedanklich nach. Das Team wird eingeschult. Die Arbeit geht weiter.

by DNPWC / WWF Nepal

Sternschnuppen – Ich wünsche mir…

Die nächsten 3 Wochen waren eine Achterbahnfahrt an Gefühlen. Es war eine extreme Mischung aus Hoffnung, Enttäuschung und Langeweile, während wir auf unsere Schneeleoparden warteten. Ich erinnere mich noch an eine klare Sternennacht und eine einzelne Sternschnuppe. Ich wünschte mir nur eines: Eine erfolgreiche Expedition.

by WWF Nepal / Rocky Prjapati

„Hiun Chituwa“ - Schneeleopard

Charkarbo - 4.171 Höhenmeter. Es ist der 16. Tag und ich kann es nicht glauben, das ganze Lager bricht in Jubel aus - „Hiun Chituwa!“ (Schneeleopard). Es wurde ein Schneeleopard gesichtet. Allerdings an einem weit entfernten Fangplatz, aber das war uns egal. In Windeseile verlässt das gesamte Expeditionsteam das Lager, um an den Standort des jungen Schneeleoparden zu gelangen und ihn einzufangen. Alles läuft wie am Schnürchen. Das Veterinärteam sediert, untersucht und bringt das Senderhalsband an. Nach nur einer Stunde ist es geschafft. Wir geben ihm den Namen „Zeborong“.

by DNPWC / WWF Nepal

„Zeborong“ verschwindet im Schutz der Wildnis

Mit Halsband und wieder bei vollem Bewusstsein erklimmt „Zeborong“ geschmeidig den Berg. Wir alle schauen ihm lange nach, bis wir ihn aus den Augen verlieren. Ein wundervolles Gefühl durchströmt mich. Es ist der Moment auf den wir alle gewartet haben. Wir haben einen wichtigen Teil unseres Expeditionsziels erreicht.

by DNPWC / WWF Nepal

„Samling“ – er erhält das zweite Halsband

Noch in Ngyong - 3.885 Höhenmeter und zwei Tage später erwartet uns eine weitere freudige Nachricht– wir entdecken ein älteres Männchen. Wieder bricht das Team in Jubel aus und wir freuen uns über das Glück an unserer Seite. Der Schneeleopard bekommt den Namen „Samling“. Die Einheimischen benannten ihn nach dem Kloster, in das uns die Expedition geführt hatte. Auch er wurde untersucht, erhielt sein Senderhalsband und verschwand leise in der Wildnis.

by DNPWC / WWF Nepal

Heimreise: durchgefroren, aber glücklich

Nach zwei weiteren Nächten im Basislager und einer stabilen Satellitenverbindung begann unsere beschwerliche Rückreise. Die Expedition war erfolgreich und zu Ende. Wir alle sind nach drei Wochen im nepalesischen Himalaya-Gebirge bis auf die Knochen durchgefroren, aber unendlich glücklich und das ist alles was zählt. Wir haben unser Ziel erreicht und zwei Schneeleoparden besendert.

by DNPWC / WWF Nepal

Der Schutz der Schneeleoparden

Um einen Schneeleoparden in freier Wildbahn zu sehen, braucht man Geduld und viel Glück, wie die Geschichte von Sheren Shresta zeigt. Sie zeigt auch, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort ist. Mit unseren Projekten helfen wir bei der Bewältigung von Konflikten, schärfen das Bewusstsein, verbessern Schutzmaßnahmen und kämpfen gegen Wilderei.

Damit die letzten wilden Schneeleoparden die Chance auf eine Zukunft haben - und in der festen Überzeugung, dass wir es nur gemeinsam schaffen können. Wir sagen DANKE!

by Muhammad Osama / WWF-Pakistan