Das sind die tierischen Gewinner und Verlierer 2020
Wir befinden uns mitten im größten Artensterben seit Ende der Dinosaurier! Doch es gibt noch Hoffnung, wie man an den diesjährigen tierischen Gewinnern sieht.
Der Mensch verursacht gerade das größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier. Klimawandel, Lebensraumzerstörung, Wilderei und Überfischung treiben immer mehr Tierarten an den Rand der Ausrottung. Die Internationale Rote Liste (UICN) bewertet heute mehr als 35.700 Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Das betrifft knapp 30% aller erfassten Spezies.
Wie auch der WWF Living Planet Report 2020 zeigt, schrumpfen die untersuchten Wildtierbestände weltweit massiv. Seit 1970 sind die beobachteten Populationen von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien um durchschnittlich 68% zurückgegangen. Auch in Österreich ist mittlerweile eine von drei heimischen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.
Es gibt noch Hoffnung
Wir Menschen können den Verlust der biologischen Vielfalt noch stoppen und sogar rückgängig machen. Das zeigen nicht zuetzt die diesjährigen Gewinner unter den Wildtieren. Wir fordern ein Drittel der Erde unter Schutz zu stellen und Artenschutz zum „Gemeinschaftsprojekt“ zu erklären, das weit über den klassischen Umweltsektor hinausgeht.
Der Schutz der Artenvielfalt muss überall mitgedacht werden, egal ob im Straßenbau, der Bildungspolitik oder Haushaltsplanung. Es geht nicht mehr nur um die Beseitigung eines Umweltproblems, sondern um unsere Zukunft.
Ziehen wir nun also Bilanz: Das sind die tierischen Gewinner und Verlierer 2020, stellvertretend für unzählige andere Tierarten.
Die Verlierer 2020
Lemuren:
Von den insgesamt 107 heute noch lebenden Lemurenarten gelten laut aktueller Roten Liste schon 103 als bedroht. Ihre Wälder werden gerodet, Lebensräume in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt. Auch die direkte Jagd auf die Tiere lässt die Bestände schrumpfen.
Feldhamster:
Seit 2020 führt die Internationale Rote Liste den Europäischen Feldhamster als „vom Aussterben bedroht“. Setzt sich der Trend fort, wird er die nächsten 30 Jahre nicht überleben. Sein Überlebenskampf steht stellvertretend für den tausender heimischer Tiere und Pflanzen, die unter den Folgen der intensiven Landwirtschaft und dem Flächenfraß leiden.
Australische Tiere:
Fast drei Milliarden Wirbeltiere waren von den verheerenden Buschbränden in Australien betroffen. Für die Känguru-Insel-Schmalfußbeutelmaus wird es besonders eng. Die Feuer fegten über 98 Prozent ihres Lebensraums hinweg. Bereits vor den Bränden gab es nur noch weniger als 500 Individuen.
Heute sind es wahrscheinlich nur noch knapp 50. Auch anderen Beuteltieren, wie den bekannten Koalas, machen die immer stärker werdenden Brände in Australien zu schaffen. 60.000 Koalas waren massiv von den Flammen betroffen. Und auch diesen Dezember wüteten bereits neue Feuer – etwa auf der Insel Fraser Island, die Weltnaturerbe ist.
Tintenfische:
Zwar könnten Tintenfische zu den Gewinnern der Klimakrise zählen. Doch zugleich wächst der Appetit auf die Kopffüßler und damit die Fischerei. Im Indischen Ozean nahm die Zahl der unregulierten Tintenfisch-Fischereien in den vergangenen fünf Jahren um 830% zu.
Der rapide Anstieg bedroht auch das marine Nahrungsnetz. Dort spielen Tintenfische eine entscheidende Rolle, da sie Beutetiere der Thunfische sind. Ein Hauptabsatzmarkt ist Europa. Der WWF fordert daher ein nachhaltiges Fischereimanagement – nicht nur für Tintenfische.
Störe und Löffelstöre:
Mit dem Schwertstör gilt nun der erste Vertreter der Störartigen als ausgestorben. Weitere könnten folgen. Denn 85% der Arten dieser uralten Tierordnung sind bedroht. Dammbauten versperren ihnen den Weg zu ihren Laichgebieten. Zudem werden Störe wegen ihres Fleisches und ihrer Eier (Kaviar) weltweit gefangen.
Makohaie:
Die schnellsten Haie der Welt sind wegen ihres Fleisches und der Flossen zu Gejagten geworden. Besonders der Kurzflossen-Mako wird in Thunfisch-Fischereien als lukrativer Zweitfang mitgefangen. Die nordatlantische Population ist dadurch so überfischt, dass es fünf Jahrzehnte dauern könnte, bis sie sich erholt.
Ein kompletter Bann der Fischerei, der von vielen Nationen, darunter sogar China und Japan, für den Nordatlantik vorgeschlagen wurde, ist 2020 erneut an den Widerständen der USA und EU gescheitert. Insgesamt sieht es für Haie und eng verwandte Rochen in diesem Jahr nicht rosig aus. Laut Roter Liste der Weltnaturschutzunion werden jetzt über 300 Arten von Haien und Rochen als bedroht eingestuft.
Die Gewinner 2020
Spitzmaulnashorn:
Mitte der 90er Jahre waren die Bestände des Spitzmaulnashorns in Afrika auf 2.410 Individuen eingebrochen. Durch Lebensraumschutz, Umsiedlungsprogramme und Eindämmung der Wilderei konnte die Population inzwischen auf immerhin 5.600 Tiere anwachsen.
Im Jahr 2020 wurde die hauptsächlich in Namibia vorkommende Unterart, das südwestliche Spitzmaulnashorn, auf der Internationalen Roten Liste von „gefährdet“ auf „gering gefährdet“ herabgestuft. Die gesamte Art gilt aber weiterhin als vom Aussterben bedroht.
Wisente:
Vor fast 100 Jahren starb der letzte freilebende Wisent (auch Europäische Bison genannt), im Kaukasus. Dank internationaler Zuchtprogramme und langjähriger Wiederansiedlungsprojekte kehren die Tiere wieder zurück.
Nach Auswertung der letzten Winterzählungen (2019/2020) hat sich der Bestand in drei Wiederansiedlungsgebieten des russischen Kaukasus auf 160 Tiere erhöht. Im Jahr 2016 waren es noch lediglich 105 Exemplare.
Zudem ist es 2020 erneut gelungen, weitere Wisente aus europäischen Zoos wohlbehalten in den Norden Aserbaidschans zu transportieren. Die positive Entwicklung der Wisente in Europa quittierte die Rote Liste zu Jahresende daher mit einer geringeren Gefährdungskategorie.
Kegelrobben:
Als angeblicher Konkurrent der Fischerei wurde Deutschlands größtes Raubtier nahezu ausgerottet. Die Rote Liste führt die Population in der Ostsee bis heute in der Kategorie „stark gefährdet“, jene in der Nordsee als „gefährdet“. Hoffnung macht die diesjährige Wurfsaison.
Auf Helgoland wurden bis Anfang November mehr als 500 Kegelrobbenjunge geboren – ein neuer Rekord. Auch in der gesamten Ostsee erholen sich die Bestände allmählich. Wurden dort Anfang der 80er Jahre nur noch 2.500 Tiere gezählt, liegt die Population seit dem Vorjahr bei rund 38.000 Individuen.
Elche:
Dank erfolgreicher Schutzmaßnahmen zieht es seit einigen Jahren immer wieder Elche aus Osteuropa nach Deutschland. Im Frühjahr wurde nun eine Elchkuh mit Jungtier gesichtet. Zwar liegen zur Fortpflanzung noch keine Zahlen vor. Die Entdeckung macht aber Hoffnung, dass sich die größte Hirschart immer mehr in Europa zu Hause fühlt.
Seegurken:
In Asien gelten sie als Delikatesse. Nachdem die Seegurkenbestände lokal um bis zu 90% eingebrochen sind, wurden nach jahrelangen Blockaden drei besonders wertvolle Arten in das Washingtoner Artenschutzabkommen aufgenommen.Seit heuer wird der Fang damit reguliert und der Überfischung hoffentlich ein Ende bereitet.
Positiv dürfte sich das auch auf das Ökosystem Meer auswirken. Seegurken wirken der durch die Klimakrise bedingten Versauerung entgegen. Wie ein Staubsauger nehmen sie Sedimente auf, scheiden diese als gereinigten Sand aus und erhöhen so den pH-Wert am Meeresgrund.