Der Inn: Vom wilden zum verbauten Fluss – und wieder zurück
Als der Inn noch seinem ursprünglichen Landschaftstyp entsprach, glich er einem wahren Wildfluss, wie man ihn heute nur noch selten findet.
Sein Flussbett war breit, er verzweigte sich in viele kleinen Seitenarme und neben üppigen Auwäldern an seinen Ufern fand man viele Inseln und Schotterbänke. Vielerorts konnte er sich über den gesamten Talboden ausbreiten und sich seinen Weg immer wieder neu bahnen.
Diese Dynamik hat stets neue Lebensräume geschaffen, während andere verschwanden, wodurch eine beeindruckende Artenvielfalt hervorgegangen ist.
Der wilde Inn bei Landeck, 1875 © Lange und Poppe
Wasserkraftwerke, Siedlungen und Verkehrswege
Spätestens ab dem 18. Jahrhundert begann der Mensch aber den Inn nicht nur intensiv zu nutzen, sondern ihn auch zu verändern. Für den Warentransport über den Alpenfluss musste ein gleichbleibendes Flussbett geschaffen werden, wodurch der Inn eingeengt und kanalisiert wurde.
An seinen Ufern entstanden Siedlungen und Verkehrswege, die vor Hochwasser geschützt werden mussten. Schließlich wurden die ersten Wasserkraftwerke errichtet, die nun auch den Gewässer- und Geschiebehaushalt und damit das gesamte ökologische Gleichgewicht am Inn, durcheinanderbrachten.
Die Nutzung durch den Menschen hat auf diese Weise dazu geführt, dass von dem ursprünglichen Inn heute kaum mehr etwas zu erkennen ist – mit gravierenden Folgen, für alle Arten, die hier einmal einen sicheren Lebensraum vorfanden.
Der Inn in Tirol © Harry Putz
Aktionsplan für den Artenschutz
Um diesen negativen Trend aufzuhalten und den Inn wieder ein Stück weit in Richtung seines natürlichen Ursprungszustandes zu versetzen, hat das INNsieme-Projekt einen Aktionsplan für den Artenschutz entwickelt.
Dafür wurde erstmals der gesamte Inn auf einer Strecke von 517 km – von seiner Quelle bis zur Mündung – auf ökologische Defizite und konkretes Optimierungspotenzial untersucht.
Anhand einer Gegenüberstellung seines historischen Ursprungszustandes mit seinem aktuellen Zustand, konnten die gravierendsten Veränderungen an ausgewählten Flussabschnitten identifiziert werden, und damit auch der Handlungsbedarf für Maßnahmen zum Schutz der lokalen Tier- und Pflanzenwelt.
In einem 130-seitigen Dokument empfiehlt der Aktionsplan konkrete Handlungsmaßnahmen für die unterschiedlichen Abschnitte und Arten. Und dabei zeigt sich, dass ein bestimmter Zielzustand nicht nur die Qualität der diversen Lebensräume, die der Inn bietet, aufwerten würde, sondern auch zahlreichen Arten zugleich zu Gute kommen würde – nämlich, wenn der Inn wieder mehr Platz bekommt.
Dann kann er sich seinen Weg wieder ein Stück weit selbst bahnen, es entsteht eine natürliche Gewässerdynamik und er kann wieder Seitenarme, Inseln und Schotterbänke bilden.
So könnte der Inn in Zukunft zumindest an einigen ausgewählten Stellen wieder aussehen und sich damit seinem ursprünglichen Zustand wieder annähern. © WWF-Flüssevisionen/Revital
Zu den wichtigsten Maßnahmen, die solch einen Zielzustand begünstigen würden, zählen Aufweitungen, Renaturierungen, die Anbindung von Seitengewässern, die Ausweitung von Auwäldern und die Schaffung von Umgehungsgewässern bei Querbauten. Auf diese Weise bekommt der Fluss die Möglichkeit, sich wieder auszubreiten und neue Lebensräume zu schaffen – so wie er es früher immer getan hat.
Kurzfilm-Serie – 10 spannende Folgen über den Inn
Wir zeigen Ihnen die vielschichtigen Facetten des Inns: Von seinem wilden Ursprung in der Schweiz, seinen wenig verbliebenen Naturoasen, erfolgreichen Renaturierungen bis zu den harten Verbauungen durch Verkehrsnetze, Hochwasserschutz und Wasserkraft.
Mit dem Projekt INNsieme will der WWF Österreich einen Beitrag dazu leisten, dass der Inn im Jahr 2030 wieder die Lebensader des Inntals ist. Die wöchentliche Serie startete am 29. Juni 2021 auf dem Youtube-Kanal von WWF.at!