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Green Claims-Direktive
Ist Ihr Unternehmen betroffen?
Mit der Green Claims-Direktive macht es sich die EU-Kommission zur Aufgabe, die Umweltversprechen von Produkten und Dienstleistungen zuverlässig, vergleichbar und überprüfbar zu machen. Für viele Unternehmen wird das bedeuten, dass sie ihre umweltbezogene Produktkommunikation neu aufstellen müssen. Wir erklären, warum das zu ihrem Vorteil sein kann, was genau auf sie zukommt und was sie schon heute tun können, um sich auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten.
Produktbezogene Umweltaussagen oder -label sind richtig und wichtig. Indem sie Transparenz schaffen, unterstützen sie Verbraucher:innen darin, nachhaltigere Kaufentscheidungen zu treffen. Unternehmen geben sie die Möglichkeit, nachhaltiger hergestellte Produkte wettbewerbsfähig zu vermarkten. Damit könnten sie eine wirksame Triebfeder nachhaltiger Transformation sein.
In der Praxis sind es jedoch nicht immer die nachhaltigeren Produkte, die am lautesten mit Umweltaussagen und -labeln werben. Auch die Vielfalt der Aussagen und Label wird mehr und mehr zum Problem. Heute findet sich allein in der EU eine kaum erfassbare Anzahl an Umweltlabeln. Sie sind wenig vergleichbar, häufig intransparent und oftmals nicht belegt. Im besten Fall erschweren sie eine gut informierte, nachhaltige Kaufentscheidung. Im schlimmsten Fall täuschen sie Verbraucher:innen, indem sie Produkten einen vermeintlich grünen Anstrich verleihen.
Das hat zu einem Vertrauensverlust der Verbraucher:innen in produktbezogene Umweltaussagen und -label geführt und die transformationsbeschleunigende Wirkung ihrer Kaufentscheidungen geschwächt. Umweltorganisationen haben reagiert. Sie gehen heute immer häufiger juristisch gegen die Kommunikationspraktiken von Unternehmen vor – und das erfolgreich (z.B. Greenwashingcheck des VKI)
Links
- Hier geht es zur EU Website der Green Claims Direktive: https://environment.ec.europa.eu/topics/circular-economy/green-claims_en
Download
- Positionspapier WWF: EU Proposal Green Claims Directive WWF Germany (21.07.2023)
Die Green Claims-Direktive – eine Chance für Unternehmen
Künftig sollen Unternehmen in der EU dazu verpflichtet werden, die Umweltaussagen ihrer Produkte und Dienstleistungen auf eine belastbare Basis zu stellen. Das heißt, dass sie den Fußabdruck ihrer Produkte für alle relevanten Umweltkategorien mittels wissenschaftlich anerkannter Methoden erfassen und ihre Umweltaussagen so gestalten müssen, dass sie diesen Fußabdruck widerspiegeln. Verbraucher:innen sollen sich dann sicher sein können, dass ein als umweltfreundlich deklariertes Produkt diesem Anspruch auch tatsächlich genügt.
Für Unternehmen ist die Green Claims-Direktive eine echte Chance. Sie schafft die nötige Transparenz, die innovative und nachhaltigere Produkte brauchen, um sich vom Wettbewerb abheben zu können. Auf diese Weise belohnt sie Unternehmen, die ambitionierte Transformationsziele verfolgen und nachweislich darum bemüht sind, den Fußabdruck ihrer Produkte und Dienstleistungen so klein wie möglich zu halten. Gleichzeitig macht sie es für Unternehmen schwerer, sich hinter schnellen Lösungen wie der reinen Kompensation von CO2-Emissionen zu verstecken und solche Produkte als „grün“ zu vermarkten, für deren Herstellung emissionsintensive Materialien verwendet und Wasser und Artenvielfalt belastet werden.
Indem die EU-Kommission klare Regeln für die Produktkommunikation einführt, stärkt sie Unternehmen, die ihre Wertschöpfungs- und Lieferketten nachhaltig ausrichten. Damit sendet sie ein deutliches Signal: Transformation zu mehr Nachhaltigkeit lohnt sich.
Wo die Green Claims-Direktive heute steht und was der WWF fordert
Mit der Green Claims-Direktive hat die EU-Kommission im März 2023 eine Richtlinie vorgestellt, die zwingend nötig ist und längst überfällig war. Der Entwurf soll noch vor der Wahl des EU-Parlaments im Juni 2024 in Kraft treten. Derzeit werden die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation eingearbeitet und der finale Entwurf mit dem EU-Parlament und -Rat ausgehandelt.
Der WWF begrüßt die Initiative und wesentliche Aspekte des derzeitigen Entwurfs. Und doch bedarf es bei einzelnen Aspekten einer Nachbesserung, um die Effektivität der Richtlinie zu gewährleisten. Dies betrifft die Stärkung der Product Environmental Footprint-Methodik und die Definition wissenschaftlich adäquater Methoden zur Messung von Umweltaussagen, aber auch die Anforderungen an und Richtlinien für die nationalen Verifizierungsstellen, die beispielsweise die Sanktionierung von Verstößen betreffen. Besonders kritisch ist, dass Klimaneutralitäts-Claims, die sich auf Offsetting-Praktiken stützen, unter verstärkten Transparenzauflagen weiterhin akzeptiert sein sollen. Diese und weitere Aspekte haben wir als WWF in den Konsultationsprozess eingebracht.
Ganzheitlich, transparent, standardisiert: Das ändert sich für Unternehmen
Unabhängig davon, in welcher endgültigen Form die Richtlinie umgesetzt werden wird, für viele Unternehmen wird sie weitreichende Veränderungen mit sich bringen. Sie werden ihre umweltbezogene Produktkommunikation neugestalten müssen – ganzheitlich, transparent und standardisiert.
So endet mit der Green Claims-Direktive die Zeit monothematischer Einzel-Claims. Künftig wird es nicht mehr möglich sein, einzelne Umweltaspekte von Produkten besonders zu bewerben und zugleich andere materielle Aspekte aus der Kommunikation auszuschließen. Vielmehr müssen relevante Umweltkategorien ganzheitlich betrachtet und kommuniziert werden. Genauso wenig wird es Unternehmen möglich sein, Umweltaussagen gar nicht oder nur unzureichend zu belegen. Die Zukunft gehört der Transparenz, wodurch lebenszyklische Methoden der Ökobilanzierung sowie die Offenlegung ihrer Methodik und Ergebnisse in den Vordergrund rücken. Auch der Verbreitung neuer, haltloser Umweltlabel wird ein Riegel vorgeschoben. Denn künftig werden nur solche Label behördlich genehmigt, die einem methodischen Standard, einem transparenten Prozess und klaren Governance-Regeln folgen oder einen zusätzlichen Mehrwert stiften. Neu daran ist vor allem, dass Umweltaussagen und -label vor der Inverkehrbringung genehmigt werden müssen. Vorbei ist die Zeit, in der Unternehmen ungehindert individuelle Umweltlabel in den Markt bringen konnten. Das stärkt das konzertierte Vorgehen bei der Ausarbeitung und Anwendung methodischer und kommunikativer Standards.
Gut vorbereitet: das können Unternehmen schon heute tun
Auch wenn der finale Gesetzestext noch aussteht, sind Unternehmen gut beraten, sich schon heute auf die Veränderungen, die die Richtlinie mit sich bringt, vorzubereiten.
Zuerst sollten Unternehmen ihre aktuelle Produktkommunikation kritisch hinterfragen: Wie kommunizieren wir welche Umweltaussagen auf welchen Produkten? Welche Umweltlabels nutzen wir? Wie kompatibel ist diese Praxis mit der künftigen Green Claims-Direktive?
In einem nächsten Schritt sind strategische Entscheidungen zu treffen: Auf welchen Produkten wollen wir künftig alle relevanten Umweltaussagen kommunizieren? In welcher Form wollen wir kommunizieren? Welche methodischen und operativen Schritte braucht es hierfür?
Nicht zuletzt sollte es auch um Fragen potenzieller Zusammenschlüsse gehen: Welche Initiativen und Prozess gibt es hierzu in meiner Branche? Mit wem müssen wir zusammenarbeiten, um methodische Standards weiterzuentwickeln? An welchen Labeln können wir uns beteiligen und wie können wir sie unterstützen?
Transformationsfördernde Kommunikation statt Greenwashing
Die Green Claims-Direktive hat das Potenzial, Verbraucher:innen die Transparenz zu geben, die sie für nachhaltigere Kaufentscheidungen brauchen. So kann sie entscheidend dazu beitragen, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft voranzubringen. Wie umfassend und schnell ihr das gelingt, hängt auch davon ab, ob Unternehmen die Richtlinie als die Chance annehmen, die sie ist.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, um strategische Veränderungen anzupacken, bisherige Kommunikationspraktiken zu korrigieren, an der Gestaltung zukunftsfähiger Standards und Labels mitzuwirken und neue Allianzen zu schließen.
Autor:in: WWF Deutschland