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Nationalratswahl 2024: Die Parteien im WWF-Umwelt-Check
Der WWF hat die fünf Parlamentsparteien zu zehn aktuellen Themen befragt – vom Bodenschutz über das Steuersystem bis zum konkreten Schutz von Klima und Natur.
Am 29. September 2024 wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Anlässlich dieser wichtigen Weichenstellung hat der WWF die aktuellen Parlamentsparteien zu ausgewählten umweltpolitischen Themen befragt. Die Ergebnisse zeigen überparteiliche Mehrheiten für ein neues Bodenschutz-Paket und ein schärferes Vorgehen gegen Lebensmittelverschwendung, aber auch große Unterschiede bei der Reform des Steuersystems oder beim Klimaschutzgesetz. “Die künftige Bundesregierung muss eine Klima- und Naturschutz-Offensive starten, damit Österreich langfristig gut aufgestellt ist. Dafür sind alle Parteien massiv gefordert”, sagt Volker Hollenstein, Politischer Leiter beim WWF.
Ein konkretes Ergebnis der WWF-Umfrage: Mit SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS wollen vier von fünf Parlamentsparteien ein eigenes Bodenschutz-Paket in ein künftiges Regierungsprogramm integrieren. Inhaltliche Unterschiede gibt es bei der Frage nach einer Obergrenze für Bodenverbrauch und Bodenversiegelung. Grüne, NEOS und SPÖ befürworten “verbindliche Reduktionsziele”, während die FPÖ diese ablehnt. Die ÖVP ist dazu laut öffentlichen Aussagen ebenfalls skeptisch und verweist alternativ auf eine im Frühjahr veröffentlichte Strategie der Bundesländer. “Die künftige Bundesregierung sollte einen wirksamen Bodenschutz-Vertrag mit verbindlichen Zielen vorlegen. Zusätzlich muss sie die vielen Treiber der Bodenversiegelung angehen. Ansonsten sägen wir am eigenen Ast”, warnt Volker Hollenstein vom WWF unter Verweis auf die Ergebnisse des aktuellen Bodenreports.
Der WWF hat am 8. Juli einen Fragebogen an die Parlamentsparteien geschickt und ihre Antworten auf Basis eines Ampelsystems eingeordnet. Bei unklaren Antworten wurden zusätzlich öffentliche Aussagen berücksichtigt. (Alle Details als pdf)
SPÖ, Grüne und NEOS bekennen sich in ihren Antworten zu einer neuen öko-sozialen Steuerreform, während die FPÖ hier vor etwaigen Belastungen warnt und die ÖVP auf bereits umgesetzte Schritte verweist – darunter die auf Initiative der Grünen gemeinsam von den aktuellen Regierungsparteien beschlossene CO2-Bepreisung. Der WWF empfiehlt, die CO2-Bepreisung und somit auch den Klimabonus schrittweise zu erhöhen sowie sozial zu staffeln. Weitere Reformen sollten umweltschädliches Handeln sowie die sinnlose Verschwendung von Ressourcen erschweren, während im Gegenzug umweltfreundliches Handeln belohnt wird – all dies fair und sozial gerecht.
NEOS, SPÖ und Grüne plädieren auch für den schrittweisen Abbau und die Reform umweltschädlicher Subventionen. Die FPÖ will das explizit nicht, die ÖVP antwortet ausweichend, hat sich aber öffentlich schon öfters gegen den Abbau dieser Subventionen ausgesprochen. Laut WIFO-Analysen liegt deren Volumen bei bis zu 5,7 Milliarden Euro pro Jahr, die Dunkelziffer dürfte unter anderem aufgrund teilweise fehlender Länder-Daten weit höher liegen. “Die direkte und indirekte Finanzierung von Umweltzerstörung muss schleunigst beendet werden. Damit könnten auch viele sinnvolle Reformen gegenfinanziert werden”, argumentiert Volker Hollenstein vom WWF.
Mehrere Parteien wollen Biodiversitätsfonds aufstocken
Grüne, SPÖ und NEOS wollen den wichtigen Biodiversitätsfonds des Bundes langfristig absichern und finanziell deutlich aufstocken, wenn sie nach den Wahlen in Regierungsverantwortung kommen. Sozialdemokratie und Grüne fordern konkret eine “Biodiversitätsmilliarde”, wie sie der WWF sowie der Österreichische Biodiversitätsrat vorgeschlagen haben. Auch die Volkspartei will gemäß ihrer Antwort die Finanzierung von Biodiversitätsmaßnahmen mit öffentlichen Mitteln ausbauen, während die FPÖ skeptisch ist.
Wir erwarten von allen Parteien konkrete Antworten auf die aktuellen Umweltkrisen. Der umfassende Schutz unserer Natur muss zu den wichtigsten politischen Prioritäten zählen.
Neues Klimaschutzgesetz gefordert
Eine Allianz von NEOS, Grünen und SPÖ plädiert “für den Beschluss eines wirksamen Klimaschutzgesetzes mit verbindlichen CO2-Reduktionszielen und strukturellen Maßnahmen”. Alle drei Parteien sind auch für Korrektur- oder Sanktionsmechanismen, falls Ziele verfehlt werden sollten. Die ÖVP hat sich zum Klimaschutzgesetz mehrfach skeptisch geäußert und antwortet auch hier nur ausweichend, während die FPÖ das Klimaschutzgesetz in ihrer Replik klar ablehnt. “Verbindliche Ziele erhöhen die Planungssicherheit, fördern Innovationen und lösen Investitionen der Wirtschaft aus. Ein starkes Klimaschutzgesetz hätte also einen mehrfachen Nutzen”, sagt Volker Hollenstein vom WWF. Antworten der Politik sind allein schon deshalb notwendig, weil Österreich laut den aktuellen EU-Vorschriften den CO2-Ausstoß bis 2030 um fast 50 Prozent reduzieren muss.
Mehrheit für Maßnahmenpaket gegen Lebensmittel-Verschwendung
Eine überparteilich große Mehrheit gibt es gegen die Verschwendung von Lebensmitteln, wie der WWF-Check zeigt. Mit der FPÖ, der SPÖ, den Grünen und den NEOS wollen vier von fünf Parteien ein verbindliches Maßnahmen-Paket im Regierungsprogramm verankern. Die ÖVP bekennt sich zwar nicht zum angefragten Paket, sieht aber generell Handlungsbedarf und nennt die Änderung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf ein Verfallsdatum als eine Lösung. Die SPÖ plädiert für “verbindliche Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette” – darunter eine Abnahmepflicht des Handels für Obst und Gemüse in vertriebsfähiger Form sowie ein Vernichtungsverbot für genießbare Lebensmittel. Die FPÖ will Rechnungshof-Empfehlungen umsetzen, während NEOS die steuerlichen Regeln für betriebliche Lebensmittelspenden weiter verbessern wollen. Die Grünen möchten die Lebensmittelverschwendung bis 2030 halbieren. Derzeit entstehen in Österreich jedes Jahr mehr als 1,2 Million Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen und -verlusten. Das sind im Schnitt rund 135 Kilo pro Kopf.