WWF Artikel mit bestimmten Darstellungsformen: Manuell (Sonderformate)

 

© Eva Walisch

So funktioniert eine Seeadler-Besenderung

16. Mai 2024

An einem Seil zieht sich der Baumkletterer hinauf, nur wenige Sekunden später ist er oben beim Seeadler-Horst. Behutsam legt er den jungen Adler im Nest in eine Tasche und seilt ihn darin auf den Waldboden ab.

Der Seeadler, der Sorbus benannt wurde, ist zu diesem Zeitpunkt knapp 8 Wochen alt. Geboren wurde er im Leithagebirge. Im besten Fall wird der WWF die nächsten Jahre seines Lebens genau beobachten können: Denn am Waldboden angekommen wird Sorbus vorsichtig auf ein Tuch gelegt und mit zwei Ringen und einem Sender ausgestattet.

Die Ringe an  seinen Füßen sorgen dafür, dass Sorbus sofort zugeordnet werden kann. Der solarbetriebene GPS-Sender am Rücken, den der Adler kaum bemerkt, wird spannende Einblicke in sein Leben geben.

Vier Seeadler 2024 besendert

Sorbus wurde im Mai 2023 in Kooperation mit PANNATURA besendert und beringt. Damit ist Sorbus einer vor 4 Seeadlern, die im Jahr 2023 mit solchen federleichten Telemetrie-Rucksäcken ausgestattet wurden. Im Rahmen des Forschungs- und Schutzprogramm des WWF Österreich konnten auch 2024 insgesamt 4 Jungadler in Niederösterreich und im Burgenland mit GPS-GSM-Sendern ausgestattet werden. Der WWF kann dadurch ihre Flugrouten genau nachvollziehen und mehr darüber lernen, wie man die ehemals ausgerottete Art bestens schützen kann.

Nach der Besenderungs-Aktion im Leithagebirge bringt der Baumkletterer Sorbus wieder in den Horst. Auch seine Eltern, die durch den Kletterer kurz aufgeschreckt wurden und während der Besenderung über dem Horst kreisten, kehren kurz darauf zurück zu ihrem Nachwuchs. Die Aktion bedeutet für die Seeadler zwar kurzen Stress, doch langfristig können so Gefahrenquellen für Seeadler identifiziert und entsprechende Schutzmaßnahmen ausgearbeitet werden.

Mit Spannung werden anschließend im WWF-Büro die ersten Daten vom GPS-Sender erwartet: Wie wird es dem jungen Seeadler in den nächsten Monaten ergehen?

Neuigkeiten von Sorbus

Nur wenige Wochen nach der Besenderung gibt es dann Neuigkeiten zu Sorbus: Er ist bereits Mitte Juni aus dem Nest ausgeflogen. Danach machte er sich auf zu seiner ersten Reise, denn Sorbus erkundete den Neusiedler See. Und auch den Nationalpark Donau-Auen besuchte Sorbus. Doch besonders der Neusiedler See scheint es ihm angetan zu haben: Im August 2023 konnte der WWF ihn erneut in diesem Gebiet lokalisieren.

Im Frühjahr 2024 gibt es dann ein weiteres Update von Sorbus: Mittlerweile hat er auch die Nachbarländer Ungarn, die Slowakei und Tschechien erkundet. Der weiterste Ausflug war sogar bis nach Kroatien. Im Winter flog er dann wieder zurück nach Österreich in die March-Thaya-Auen, ins Waldviertel und ins Weinviertel. Sorbus war auch wieder in den Donau-Auen, dann am Neusiedler See und sogar kurz in der Steiermark und im Mittelburgenland. Mittlerweile ist er wieder Richtung Ungarn abgezogen und er hält sich derzeit in der Gegend östlich des Balaton auf.

Die Erleichterung, dass es dem jungen Seeadler gut geht, ist groß. Denn leider dokumentieren die GPS-Sender auch immer wieder, dass Seeadler auf ihren Streifzügen zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind. Kollisionen mit Windkraftanlagen werden vermehrt zum Problem. Außerdem werden die Tiere Opfer von Wildtierkriminalität. Es ist erschreckend: In Österreich ist illegale Verfolgung für Greifvögel wie Seeadler und Kaiseradler sogar die häufigste bekannte Todesursache.

Erfolgsgeschichte im Artenschutz

Der Mensch brachte den Seeadler im 19. und 20. Jahrhundert an den Rand der Ausrottung. In Österreich galt die Art ab den 1950er Jahren sogar als ausgestorben. Im Jahr 2000 startete der WWF deshalb sein Seeadlerschutzprojekt in Österreich. Ein wichtiger Baustein sind die Besenderungen: 20 Seeadler beobachtet der WWF derzeit mit Hilfe von GPS-Sendern.

Auch durch diese Daten wissen wir, dass es dank intensiver Schutzmaßnahmen gelungen ist, dass der Seeadler wieder nach Österreich zurückgekehrt ist. Eine große Erfolgsgeschichte im heimischen Artenschutz. Doch nur wenn der Mensch natürliche Lebensräume erhält, wiederherstellt und Tiere konsequent vor Verfolgung schützt, sind solche Erfolgsgeschichten möglich.

Fakten

  • Ab den 1950er Jahren galten Seeadler in Österreich als ausgestorben. Die Art wurde europaweit an den Rand der Ausrottung gebracht.
  • Im Jahr 2000 startete der WWF sein Seeadlerschutzprojekt, damit die Art nach Österreich zurückkehrt – mit Erfolg.
  • 70 Seeadler-Paare sind heute wieder in Österreich heimisch und besetzen jeweils ein Revier.
  • Der WWF führt regelmäßig Besenderungen durch: 20 Seeadler beobachtet er derzeit mit GPS-Sendern.

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