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Supplier Engagement für Ihre Klimastrategie

Scope 3 Ziele entwickeln und erreichen

11,4 x mehr Emissionen entstehen im Durchschnitt in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens im Vergleich zum eigenen, internen Produktionsprozess.

Dazu zählen Emissionen aus eingekauften Waren und Dienstleistungen, aus Investitionsgütern wie Betriebsgebäuden oder aus dem vorgelagerten Transport. Will ein Unternehmen Emissionen wirksam und nachhaltig reduzieren, muss die Dekarbonisierung daher auch umfassend entlang der Lieferketten erfolgen. Dafür braucht es Zuliefernde, die gemeinsam mit dem Unternehmen an einem Strang ziehen. Das gelingt mit einer gezielten Supplier Engagement Strategie.

Wertschöpfungskette ist unverzichtbar im unternehmerischen Klimaschutz

Die Reduktion von CO2 Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ist nicht nur eine effiziente, sondern auch eine der dringendsten Maßnahmen, um sowohl die eigenen als auch die globalen Klimaziele zu erreichen. Immer häufiger werden Unternehmen auch von Seiten der Regulatorik, des Finanzmarkts, freiwilliger Brancheninitiativen sowie dem Wettbewerb und Kunden:innen aufgefordert, ihre Wertschöpfungskette aktiv in Zielsetzungen einzubinden.

Im Rahmen einer unternehmerischen NetZero-Klima-Strategie, wie sie der WWF empfiehlt, widmen sich Unternehmen diesen Reduktionspotentialen außerhalb der Unternehmensgrenzen wissenschaftsbasiert und umfassend.

Anteil von Scope 3 Emissionen an CO2 Bilanz schafft validen Ausgangspunkt

Zu Beginn erfolgt eine Basis-Erhebung der CO2 Emissionen des Unternehmens entlang der Wertschöpfungskette. Die Emissionen werden dabei grundsätzlich in 3 getrennten Bereichen bilanziert: Unter Scope 1 fallen alle direkten Emissionen, Scope 2 und 3 sind indirekte Emissionen aus der Wertschöpfungskette. Zeigt sich hier das Bild, dass die jeweiligen Scope 3 Emissionen eines Unternehmens erheblich sind, müssen diese im Rahmen der Klimastrategie angegangen werden.

Science Based Targets Scope

Vor allem wenn die Lieferkette bzw. der Produktmix sehr komplex sind, das Unternehmen selbst keine physischen Güter herstellt oder nur ein begrenzten Zugang zu Primärlieferanten:innen möglich ist, empfiehlt sich für Unternehmen die Implementation eines Supplier Engagement Prozesses.

(Je nach Situation im jeweiligen Unternehmen kann es sinnvoll sein, den Supplier Engagement Prozess mit weiteren Zielsetzungen der Science Based Targets Methode zu kombinieren. Weitere Infos dazu finden Sie im Supplier-Engagement-Guide.pdf auf Seite 11.)

Ziel ist es dann, die wesentlichen Zulieferenden eines Unternehmens dafür zu gewinnen, sich zeitnah eine eigene Klimastrategie zu setzen. Im ersten Moment wirkt dabei die Vorstellung, Einfluss auf die Verringerung von Emissionen eines anderen Unternehmens zu nehmen, als unlösbar. Mit Hilfe eines gezielten Supplier Engagement Prozesses können Wirtschaftstreibende jedoch dieses Aufgabe Schritt für Schritt erfolgreich bewältigen.

Positive Rückkopplungseffekte einer Scope3-Strategie sichern zukunftsfähiges Wirtschaften

Obwohl dieser Prozess klarerweise interne Ressourcen benötigt sowie Investitionen und gezieltes Buy-In von kritischen Stellen erfordert, profitieren Unternehmen auf mehreren Ebenen: Es entsteht eine verbesserte Beziehung zu den Zuliefernden, welche die Effizienz, Transparenz und Resilienz entlang der Wertschöpfungskette erhöht. Auch die Umsetzung der eigenen Klimastrategie wird maßgeblich erleichtert, wenn Zuliefernde auf dasselbe wissenschaftsbasierte Methoden-Set in Sachen Klimaschutz zurückgreifen. Vor allem die Nachverfolgbarkeit wird vereinfacht und spart kritische Ressourcen. Zusätzlich schafft das Engagement über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei zentralen Stakeholdern wie Investoren:innen, Mitarbeitenden und Kunden:innen.

Durch die gestärkte Zusammenarbeit für ein Klima-Ziel entstehen positiven Rückkopplungsmechanismen, die breit wirken. Und so wird es je mehr Stakeholder sich für wissenschaftsbasierte Klimaziele entscheiden, einfacher für andere, ihre Verantwortung für eine kohlenstoffarme, lebenswerte Zukunft zu übernehmen.

WWF Info

Supplier Engagement ist eine unverzichtbare Komponente im unternehmerischen Klimaschutz.

Ziel ist es, seine wesentlichen Zuliefernden dafür zu gewinnen, sich zeitnah ein eigenes, wissenschaftsbasiertes Klimaziel zu setzen.

Mit Hilfe des aktuellen Guides der Science Based Targets Initiative erhalten sowohl Unternehmen, die bereits ein Scope 3 Supplier Engagement verfolgen, als auch Wirtschaftstreibende, die ihre Möglichkeiten entdecken wollen, Hilfestellungen für eine praxisnahe Umsetzung.

supplier engagement guide cover

In 5 Schritten zu wirksamen Supplier Engagement Zielen

icon supplier engagement

Identifikation wesentlicher Zulieferer

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Sicherstellung internes Buy-In

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Implementierung Klimastrategie

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Sicherstellung Umsetzbarkeit

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Monitoring & Reporting Ziele

1. Identifikation der wesentlichen Zuliefernden

1.1 Berechnung der eigenen Scope 3 Emissionen

Die Basis eines Supplier Engagement Ziels bildet ein umfassendes Treibhausgasinventar laut den Standards und Richtlinien des Greenhouse Gas (GHG) Protocol. Scope 3 Emissionen müssen Teil eines Science Based Targets (SBT) sein, wenn in Summe mehr als 40 % alles Emissionen in Scope 3 anfallen.

Für die Berechnung des Treibhausgasinventars gilt es ein Mapping der Lieferkette zu machen. Anschließend erfolgt ein Screening der Scope 3 Emissionen anhand eines Kriterien-Katalogs. Dadurch können die relevanten Bereiche identifiziert werden.

Basierend auf den gewonnenen Daten werden anschließend die Scope 3 Berechnungen für die relevanten Scope3-Kategorien verfeinert und laufend verbessert. (Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 9)

1.2 Feststellung der Angemessenheit eines Supplier Engagement Ziels

Ist die Lieferkette bzw. der Produktmix sehr komplex, stellt das Unternehmen selbst keine physischen Güter her oder gibt es nur begrenzten Zugang zu Primärlieferanten entscheiden sich Unternehmen oftmals für Supplier Engagement Zielsetzungen.

Ein Supplier Engagement Ziel muss dabei folgende Kernanforderungen erfüllen:

  • Aufteilung wieviel Prozent der Emissionen* aus vorgelagerten, relvanten Kategorien abgedeckt werden (min. 67 % des Scope 3 Bereichs)
  • Jede vorgelagerte, relevante Scope 3 Kategorie** kann adressiert werden
  • Zuliefernde müssen Reduktionsziel nach der Science Based Target Methode validieren
  • Umsetzung beim Zuliefernden erfolgt innerhalb von 5 Jahren

* Sollten Emissionen nicht vorliegen, ist eine prozentuale Angabe zur Abdeckung des jährlichen Beschaffungsvolumen zu treffen.
** vorgelagerte Kategorien: 3.1 bis 3.8 nach dem GHG Protokoll

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 10)

1.3 Auswahl der Zuliefernden

Eine Reihung der Zuliefernden nach deren Anteil der Emissionen wird laut GHG-Protocol empfohlen. Ist dies jedoch erschwert, können andere Kriterien hinzugezogen werden (zB. finanzielle Bezugsgrößen, strategische Aspekte, Risiken usw.).

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 12)

Die endgültige Lieferanten-Auswahl erfordert die Abwägung zwischen den SBTi Scope 3-Anforderungen sowie den geschäftlichen Auswirkungen. Dies sollte und mit den wichtigsten Interessensgruppen in den Bereichen Beschaffung und Einkauf sowie anderen relevanten Geschäftsbereichen besprochen werden.

2. Sicherstellung des internen Buy-In

1.1 Identifikation der umsetzungsrelevanten, internen Stakeholder

Idealerweise wird ein Team aus mehreren Interessensgruppen bei der Zielevaluierung sowie in der Einführung des Stakeholder Engagements Programms einbezogen. Je nach den Gegebenheiten im Unternehmen, können unterschiedliche Stakeholder für die Umsetzung relevant sein. Geschäftsführende Mitarbeitende, ESG-Teams sowie Personen aus der Beschaffung, Compliance, Marketing, Produktmanagement und Rechnungswesen sind häufig Teil dieses Prozesses.

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 15)

1.2 Vorbereitungen für eine erfolgreiches Buy-In

Um Verantwortlichkeiten bei den umsetzungsrelevanten Unternehmen zu erhalten, ist es wichtig, die Perspektive und die Prioritäten dieser Personen zu verstehen. Eine angemessene Vorbereitung inkl. entsprechender Materialien auf die internen Gespräche erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Stakeholder Engagement Ziele akzeptiert und erfolgreich umgesetzt werden können.

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 20, Figure 8. Materials companies need to prepare for internal stakeholder conversations)

3. Implementierung der Klimastrategie

Die Implementierung eines Stakeholder Engagement Ziel umfasst 5 Schritte:

supplier engagement guide figure 9: Key program components required to define an implementation plan

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 24)

Weitere Informationen zu den Schritten sowie Beispiele für bestehende standardisierte Lösungen zur Erfassung von Lieferantendaten bzw. ein Überblick zu den benötigten Lieferanten- Daten zur Festlegung eines Science Based Targets (wissenschaftsbasierten Klimaziel) finden Sie im Supplier-Engagement-Guide.pdf, auf Seite 27.

4. Sicherstellung der Umsetzbarkeit durch Unterstützung der Zuliefernden

4.1 Capacity-Building bei den Zuliefernden

Sobald die Supplier Engagement Ziele stehen, muss deren erfolgreiche Umsetzung sichergestellt werden. Dazu bieten sich verschiedene Methoden an, welche die Lieferanten in den verschiedenen Phasen unterstützten. Workshops, 1-1-Coaching, online Trainings oder Support sind einige Beispiele dafür.

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 32)

4.2 Zuliefernden Perfomance Tracking

Die Science Based Targets Initiative definiert 8 Stufen eines Lieferanten auf dem Weg zu einem SBT.

supplier engagement guide figure 14: Key program components required to define an implementation plan

Eine Darstellung, wie viele Zuliefernden sich auf welcher Stufe befinden, ermöglicht eine systematische Überwachung des Fortschritts. So können auch unterstützende Maßnahmen leichter gestaltet werden.

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 33)

4.3 Zuliefernden Incentives

Incentives können wirksame Mechanismen sein, um Fortschritt des Supplier Engagements zu beschleunigen. Eine Liste von verschiedenen Vorschlägen sowie eine aktuelle Studie geben dafür hilfreiche Einblicke.

(Vgl. Supplier-Engagement-Guide.pdf, Seite 34)

4.4 Review des wissenschaftsbasierten Klimaziels der Zuliefernden

Lieferantenlisten müssen regelmäßig dahingehend untersucht werden, ob einige bereits validierte Science Based Targes festgelegt haben.
Für Small and Medium-Sized Enterprises (SME) mit weniger als 500 Mitarbeitenden gibt es einen vereinfachten Zielsetzungsprozess. Scope 3-Emissionen müssen dabei zwar erfasst und reduziert werden, werden aber ohne eine konkrete Zielvorgabe in Prozent pro Jahr festlegt. Infos dazu bieten die SME FAQs der Science Based Targets Initiative.

Der WWF Leitfaden How To – Science Based Targets unterstützt Unternehmen bei der Findung des jeweiligen Zielpfads.

4.5 Verfeinerung des Programms zur Einbindung von Zuliefernden

Die jährliche Überprüfung und Verfeinerung des Programms ist entscheidend dafür um sicherzustellen, dass Zulieferende auf dem richtigen Weg sind ihre eigenen wissenschaftsbasierte Klimaziele zu erreichen.

5. Monitoring & Reporting zur Zielerreichung

5.1 Messung der Engagement Ziele

Da es das Ziel ist, dass Zuliefernde ebenfalls Reduktionsziele in der Science Based Targets Methodik setzen, sollten Unternehmen eine zentrale, systematische Methode entwickeln, um diesen Fortschritt zu erfassen. Begleitend dazu sollte es ein festgelegtes Berichtswesen geben. Effektiv kann dieser Schritt durch ein zentrales Datensammlungstool erfolgen, welches von einem ausgewählten Kernteam aktiv verwaltet und aktualisiert wird.

5.2 Kontinuierliche Verwaltung der Lieferantenliste

Die Unternehmen sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass ihre Liste der Zuliefernden jedes Jahr schwanken wird. Das wirkt sich auch auf die Leistung im Vergleich zu einem Engagement-Ziel aus. Aus diesem Grund sollten Unternehmen ihre Scope-3-Bestände und die entsprechenden Daten von Zuliefernden während des Zielzeitraums jährlich aktualisieren.

Rückfragen

Stefan Ropac
Programmmanager Klima & Wirtschaft, WWF Österreich

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