TEAM PANDA wills wissen: Wie schützt man Seeadler? Interview mit Christian Pichler

Christian macht sich seit vielen Jahren im WWF für den Schutz gefährdeter Tierarten wie Wolf und Luchs stark. Im Gespräch mit dem TEAM PANDA gibt er heute Einblicke über seinen Einsatz für den Seeadler.

Was ist das Wichtigste bei deiner Arbeit?

Ich versuche herauszufinden, was der Seeadler braucht, welche Gefahren auf ihn lauern, und wie wir ihm am besten helfen können. Besonders wichtig für uns ist zu wissen, wo die Seeadler leben und wo sie ihre Horste gebaut haben. Das machen wir vom WWF teilweise selbst, aber wir haben auch sehr viele Helfer, die uns Beobachtungen melden. Das Wichtigste für den Seeadler ist, dass seine Lebensräume geschützt werden! Er braucht große zusammenhängende Waldgebiete mit alten Bäumen und fischreiche Gewässer. Außerdem setzen wir uns gegen die verbotene Giftlegerei gegen Seeadler und andere Greifvögel ein.


Zwei junge Seeadler in ihrem Horst, die an ihren Fängen Kennringe erhalten haben © Stefan Knöpfer

Wie wird man eigentlich Seeadlerschützer?

Das ist wirklich kein Beruf wie jeder andere, das stimmt! Ich habe Biologie studiert und viel über Tier- und Pflanzenarten und über die Natur im Allgemeinen gelernt. Meine Begeisterung für den Artenschutz habe ich entdeckt, als ich als Student die Tropenstation La Gamba in Costa Rica besucht habe. Damals habe ich mir vorgenommen, Artenschützer zu werden und so bin ich später beim WWF gelandet.

Warum ist es wichtig zu wissen, wo die Nester sind?

Trotz ihrer majestätischen Erscheinung sind Seeadler sehr scheu. Sie könnten ihre Brut aufgeben, wenn es in der Umgebung des Horstbaumes zu laut ist oder wenn Menschen in der Nähe vorbeigehen. Deshalb bitten wir zum Beispiel Forstarbeiter, Bäume mit Horsten zur Brutzeit zu meiden oder Waldbesitzer, Spazierwege umzuleiten. Wir sprechen auch mit den für die Gebiete zuständigen Jägern.

Wie schnell fliegt ein Seeadler?

Im Vergleich zum Wanderfalken, der beim Sturzflug ein rasendes Tempo entwickelt, ist der große, behäbige Seeadler relativ langsam. Wie viele Vögel benutzt er warme Aufwinde. So kann er gleiten und kreisen und spart dabei Kraft. Aber wenn er aktiv fliegt, dann wird er auch recht schnell. Meist fliegt er in einer Höhe von 50 bis 60 Metern.


Das Element des Seeadlers ist das Wasser! Hier fängt er einen Fisch © Shutterstock/Rocchas/WWF

Ist der Seeadler für den Menschen gefährlich?

Seeadler haben zwar sehr scharfe Krallen und einen kräftigen Schnabel. Beides benötigen sie aber nur, um ihre Beutetiere zu jagen. Für den Menschen sind sie nicht gefährlich! Seeadler fressen ja auch Fische. Um diese fest greifen zu können, setzen sie die spitzen Krallen ein. Den Schnabel brauchen sie, um die Beutetiere zu zerlegen.
Umgekehrt sind Seeadler jedoch sehr scheu und meiden Menschen.

Warum?

Die Furcht vor dem Menschen ist darin begründet, dass der Seeadler früher bejagt wurde. Damals waren die Menschen besorgt, dass fleischfressende Tiere wie Adler ihnen das Essen wegnehmen. Mittlerweile muss in Österreich zum Glück niemand mehr hungern und wenn sich der Seeadler mal den ein oder anderen Fisch schnappt, dann können wir das verkraften. Seeadler sind heutzutage streng geschützt und dürfen nicht geschossen werden.


Ein junger Seeadler wird vor der Besenderung von Wissenschaftler*innen vermessen © WWF/Kozak

Hast schon mal einen Seeadler gehalten?

Ja – das war ein tolles Gefühl! Wenn die Seeadler jung sind und noch nicht fliegen können, bekommen manche von uns einen GPS-Sender. Das sind kleine und sehr leichte solarbetriebene Geräte, die sie nicht behindern und die wir ihnen auf den Rücken schnallen. Nach einiger Zeit fallen diese Sender von selbst wieder ab. Um zu den Seeadlerküken zu gelangen, klettert ein Mitarbeiter in den Horst hinauf, legt die Seeadler vorsichtig in eine Tasche und seilt die Tasche dann zum Waldboden ab. Unten angelangt, nimmt ein Kollege oder eine Kollegin die jungen Adler in Empfang, um sie zu beringen und zu besendern. Dabei habe ich schon öfter einen jungen Seeadler im Arm gehalten. Einmal hat mich auch einer in die Hand gezwickt. Das nächste Mal passe ich besser auf!


Dieser junge Seeadler hat Kennringe bekommen und erhält nun noch einen Sender © WWF/Florian Kozak

Warum besendert ihr Seeadler?

Wir bekommen Funksignale aufs Handy. Mit deren Hilfe können wir feststellen, wo die Adler umherstreifen, rasten und überwintern. Das hilft uns, sie besser zu schützen! So können die Daten etwa bei der Planung von Windkraftanlagen helfen, um zu vermeiden, dass Seeadler zu Schaden kommen. Und falls es Probleme gibt, können wir die Tiere leichter finden.


Der kleine „Rucksack“ mit dem Sender ist umgeschnallt, nun gehts in der Tasche wieder hinauf in den Horst © WWF/Kozak

Kann ich selbst auch Seeadler beobachten?

Es gelingt nicht sehr häufig, Seeadler zu beobachten, weil sie so selten und scheu sind. Aber wer in bestimmten Gebieten im Osten Österreichs – zum Beispiel entlang der Donau oder im Waldviertel oder Burgenland – spazieren geht und sehr aufmerksam in den Himmel späht, hat gute Chancen! Man erkennt den Seeadler an seinem riesigen Körper – er ist eindeutig größer als ein Bussard – und an den enorm breiten Flügeln, die wie breite Bretter mit Fingern daran aussehen.


Kletterer am Weg zum Horst hoch oben in der Baumkrone ©WWF/Mohl

 

 

Danke für das Gespräch!

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