Wieso der Platzertal-Speicher keine Lösung ist
Alternativen zum geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal
Im Tiroler Kaunertal steht viel für die Natur auf dem Spiel: Das dortige Wasserkraftwerk soll zur Kraftwerkskette inklusive Pumpspeicherkraftwerk ausgebaut werden. Dadurch würden unter anderem wertvolle Moore zerstört werden, 6 Schutzgebiete sind akut bedroht. Denn für das Pumpspeicherkraftwerk bräuchte es einen neuen Stausee, der mit viel Aufwand errichtet werden müsste.
Zwei besonders wertvollen Flüssen, der Venter und der Gurgler Ache, soll für das Projekt massiv Wasser entzogen werden. Denn beim Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerks wird Wasser von einem unteren Speicher in einen oberen Speicher gepumpt und bei hohen Strompreisen als Antrieb für Turbinen genutzt wird. Dadurch gelangt das Wasser dann wieder in den unteren Speicher. Die Folge eines solchen Ausbaus zum Pumpspeicherkraftwerk: Bis zu 80 % weniger Wasser im Ötztal, das schon jetzt eines der trockensten Täler Tirols ist.
Neue Analyse stellt Speicher in Frage
Befürworter:innen für den Ausbau bringen immer wieder ein angebliches Argument vor: Es gäbe keine Alternative, das Projekt sei energiewirtschaftlich notwendig. Das widerlegt nun eine aktuelle Analyse des Energieexperten Jürgen Neubarth, die er im Auftrag des WWF Österreich erstellt hat. Der Pumpspeicher samt Staudamm im Platzertal ist demnach nicht entscheidend für eine Energiewende. Der Ausbau ist weder energiewirtschaftlich notwendig, noch dazu geeignet, die „Winterlücke“ bei den Erneuerbaren Energien zu verringern.
Die Gesamtkapazität von Österreichs Speicherkraftwerken ist im europäischen Vergleich bereits sehr hoch. Ende 2021 gab es rund 4.800 Megawatt aus Speicherkraftwerken und 4.100 Megawatt aus Pumpspeicherkraftwerken. Österreich hat somit bereits so hohe Pumpspeicherleistungen, dass zumindest kurz- bis mittelfristig kein weiterer Ausbau erforderlich ist. Außerdem befinden sich bereits 5 weitere Pumpspeicherkraftwerke mit rund 1.100 Megawatt Leistung im Bau. Weitere Anlagen befinden sich in Planung oder im Genehmigungsverfahren.
Zudem sind die Ausbaupläne der TIWAG veraltet. Eine Grundanforderung an die Naturverträglichkeit von Pumpspeichern ist nämlich, dass so wenig Natur wie möglich zerstört wird. Aus diesem Grund schaffen die meisten Betreiber vor allem dort Pumpspeicherkapazitäten, wo bereits zwei Speicherseen vorhanden sind. Das geschieht etwa bei den Kraftwerken Limberg III und Tauernmoos, oder dem Obervermuntwerk II und dem Lünerseewerk II. Für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal soll dagegen das bisher fast unberührte Platzertal geflutet werden.
Alternativen zu wenig beachtet
Dabei gibt es eine naturverträgliche Alternative zum geplanten Pumpspeicher im Platzertal. Das zeigt eine weitere Studie des Energieexperten Jürgen Neubarth, die im Auftrag des WWF durchgeführt wurde. Anstatt ein neues Pumpspeicherkraftwerk im Platzertal zu errichten, könnte die TIWAG ihre Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz ausbauen. Sie könnte weitere Pumpspeicherkraftwerke zwischen den bestehenden Speicherseen Finstertal, Längental und dem derzeit gebauten Speicher Kühtai errichten. So müsste man keine unberührte Natur zerstören und hätte trotzdem zusätzliche Flexibilität für die Energiegewinnung in Tirol.
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien schwankt derzeit stark. Deshalb wäre ein Ausbau der Netze dringend notwendig. Eine weitere Alternative wären flexiblere Stromverbraucher wie etwa Elektroautos.
Wieso die „Winterlücke“ befeuert werden könnte
Im Winter kann weniger Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden, als im Sommer. Das gilt natürlich einerseits für Photovoltaikanlagen, weil die Sonne weniger Kraft hat. Aber auch Wasserkraftwerke produzieren im Winter weniger Strom, weil nicht so viel Wasser verfügbar ist. Deshalb spricht man von einer „Winterlücke“.
Mit saisonalen Speichern wird im Sommer Wasser für den Winter zurückgehalten. Das gilt etwa auch für den bereits bestehenden Gepatsch-Speicher im Kaunertal. Durch das geplante Pumpspeicherkraftwerk könnte allerdings die „Winterlücke“ befeuert werden – denn ein Teil des Wassers im Gepatsch-Speicher müsste für den Pumpbetrieb reserviert werden. Somit würde dieser Teil nicht mehr für eine saisonale Speicherung zur Verfügung stehen.
Wir fordern: Stoppt das Projekt!
Eine Grundanforderung an die Naturverträglichkeit von Pumpspeichern ist eigentlich, dass so wenig Natur wie möglich zerstört wird. Doch für den Pumpspeicher im Platzertal müssten große Moor-Feuchtgebietsflächen zerstört werden. Der WWF fordert daher von der Tiroler Landesregierung den Stopp des Projekts. Es bräuchte eine unabhängige Überprüfung technischer und naturverträglicher Alternativen zum Bau des Pumpspeichers sowie die Ausweisung des Platzertals als Naturschutzgebiet.
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