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© Christian Lendl

Heimat großer Umweltsünden: Wieso Österreich kein Umweltmusterland ist

Land der Berge, Land am Strome: Österreich ist stolz auf seine Natur. Etwa 46.000 Tierarten und rund 21.000 Pflanzen- und Pilzarten leben hierzulande. Das Land ist reich an Naturschätzen wie Bergen, Wäldern und wilden Gletscherflüssen. Und Österreich hat einen Ruf als Umweltmusterland – doch leider zu Unrecht. Wir nehmen den Nationalfeiertag zum Anlass, um mit diesem Mythos aufzuräumen. Denn es wird viel zu viel verbaut und zubetoniert: Nur noch um die 7 % der Fläche des Landes ist als weitgehend naturbelassen einzustufen. Im Schnitt 11,5 Hektar an Boden werden jeden Tag verbraucht. Und auch die Artenvielfalt nimmt in Österreich stark ab.

5 Gründe, wieso Österreich kein Umweltmusterland ist

  •     Extremer Flächenfraß

Straßen, Einkaufszentren oder Staudämme: 11,5 Hektar an Fläche werden jeden Tag in Österreich verbaut und 40% davon auch noch versiegelt. Die Verbauung zerstört die Umwelt, beschleunigt das Artensterben und belastet die Gesundheit der Österreicher*innen. Einige Beispiele aus den Bundesländern zeigen, dass die Verbauung nach wie vor weitergeführt wird. In Wien wird etwa um 460 Millionen Euro die vierspurige Stadtstraße Aspern gebaut, die laut Prognosen zu einem Anstieg des Autoverkehrs führen wird. Im burgenländischen Gols ist im Neusiedler See-Seewinkel, einem wichtigen Gebiet für streng geschützte Vogelarten, ein großer Krankenhausbau geplant. Und am Pass Thurn bei Mittersill wird ein vier Hektar großes Resort mit Chalet-Dorf errichtet, für das zwei Hektar Waldfläche gerodet wurde.

Mehr zum Thema Flächenfraß und was der WWF dagegen macht, kannst du hier nachlesen.

  •     Verbaute Flüsse

Österreichische Flüsse werden achtlos verbaut. 27.000 bestehende Barrieren, sogenannte Querbauwerke, verstopfen unsere Gewässer. Dabei erfüllen ein Fünftel dieser künstlichen Barrieren gar keinen Zweck mehr. Jeder Fluss oder Bach kann im Durchschnitt nur 900 Meter frei fließen, bevor er von einer Barriere zerschnitten wird. Das trägt dazu bei, dass nur mehr 14% der österreichischen Flüsse ökologisch intakt sind. Das wirkt sich auch auf die Tierwelt aus: 60% der heimischen Fischarten werden mittlerweile als gefährdet eingestuft. Ein aktuelles Negativbeispiel findet man im Tiroler Kaunertal: Dort soll ein Wasserkraftwerk ausgebaut werden, was der Umwelt und den dort lebenden Arten extrem schaden würde. Denn was auf den ersten Blick nach einer „harmlosen“ Erweiterung klingt, entpuppt sich als Mega-Kraftwerksprojekt, das eine der letzten nahezu unberührten hochalpinen Landschaften und zwei Flussheiligtümer für immer zerstören würde.

Du möchtest wissen, was der WWF gegen die verstopften Flüsse macht? Hier gibt es mehr Infos.

  •     Gebrochene EU-Regeln

In EU-Staaten haben im Schnitt 17,5% der Landesfläche den Status als Natura-2000-Gebiet. Natura 2000 ist ein Netz aus Schutzgebieten, das deren Erhalt sichern soll. Österreich hinkt dem EU-Schnitt hinterher, hier sind nur 15% der Fläche als Natura-2000-Gebiete ausgewiesen. Und leider existieren diese geschützten Areale in Österreich häufig nur auf dem Papier. Die Politik investiert zu wenig in das Management und lässt zu viele Eingriffe in die Natur zu. Das sorgt auch für Kritik der EU-Kommission: Sie leitete wegen der schlechten Umsetzung von EU-Naturschutz-Vorschriften die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens ein.

  •     Vernachlässigte Arten

Besonders schlecht ist Österreich beim Schutz von Arten. Das ergab eine Analyse der Europäischen Umweltagentur: 85% der bewerteten Arten wiesen demnach keinen „guten Zustand“ auf. Damit liegt Österreich auf dem vorletzten Platz von 28 untersuchten Ländern. Fünf österreichische Arten, die „Big 5“, müssen besonders geschützt werden: Biber, Fischotter, Luchs, Seeadler und Wolf. Der Mensch verfolgte sie so lange, dass ihre Bestände stark zurückgegangen sind. Es gibt deshalb strenge EU-Gesetze, die diese Arten schützen. Alle österreichischen Bundesländer sind dazu verpflichtet, sie in einen „günstigen Erhaltungszustand“ zu bringen und in ihrem Bestand dauerhaft zu erhalten. Der WWF Österreich hat 2022 zum zweiten Mal in einem Bundesländerbarometer untersucht, wie es um das Management und den Schutz der „Big 5“ steht. Die Ergebnisse waren leider ernüchternd: In allen Bundesländern gibt es nach wie vor viel Verbesserungsbedarf im Umgang mit Fischotter, Biber, Luchs und Wolf. Nur das Management beim Seeadler erreichte in vier Bundesländern eine gute Umsetzung.

  •     Verlorene Moore

90% der Moorflächen in Österreich sind bereits zerstört. Und rund zwei Drittel der übrig gebliebenen Moore haben einen gestörten Wasserhaushalt. Dabei sind Moore als Kohlenstoffspeicher besonders wichtig für den Klimaschutz und wahre Schatzkammern für die Artenvielfalt. Immer wieder genehmigen die Bundesländer aus wirtschaftlichen Interessen Ausnahmen für Eingriffe in die alpinen Moore. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie, die 2022 von ÖKOBÜRO in Kooperation mit dem WWF Österreich durchgeführt wurde. Mit diesen Ausnahmegenehmigungen verstößt Österreich aber gegen das Bodenschutz-Protokoll der Alpenkonvention. Das ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung der Alpen. Durch den Verstoß dagegen verliert Österreich leider immer mehr wertvolle Moore.

Zahlen & Fakten

  • 7% der Fläche Österreichs kann man als weitgehend naturbelassen einstufen.
  • Es gibt etwa 46.000 Tierarten und rund 21.000 Pflanzen- und Pilzarten
  • 11,5 Hektar an Boden werden täglich verbraucht.
  • 14% der Flüsse in Österreich sind ökologisch intakt.
  • 15% der österreichischen Fläche ist als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen.
  • 85% der Arten in Österreich weisen keinen „guten Zustand“ auf.

Was möglich ist: Erfolge im Naturschutz

Es gibt also noch viel Aufholbedarf für den österreichischen Naturschutz. Aber es gibt auch Erfolge, die zeigen, was alles möglich sein kann. Durch gezielte Verfolgung und die Zerstörung seines Lebensraums galt etwa der Seeadler, Österreichs Wappentier, in den 1950er Jahren als ausgestorben. Durch intensive Schutzmaßnahmen ist es gelungen, dass der Seeadler in Österreich zurückgekehrt ist. Mittlerweile gibt es hierzulande wieder 40 bis 45 Brutpaare.

Auch die March Thaya Auen im Osten Österreichs sind ein Beispiel für erfolgreichen Naturschutz: 1970 kaufte der WWF das Auenreservat Marchegg, ein paar Jahre später wurde es als Naturschutzgebiet ausgewiesen. 1120 Hektar ist das Gelände groß, das aus Auwald, Auwiesen und Gewässern besteht. In Horstschutzzonen und Naturwaldreservaten bleibt die Natur sich selbst überlassen und kann sich ungestört entfalten. Das Auen-Reservat ist mittlerweile ein Paradies für Vögel, unter anderem Seeadler aber auch Weißstörche.

 
Der WWF setzt sich dafür ein, dass die Natur in Österreich besser geschützt wird. Denn es ist nicht zu spät, dass Österreich doch noch zum Umweltmusterland wird. Vielleicht auch durch deine Hilfe?

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