Wildtierkriminalität:
Wilderei und illegaler Wildtierhandel zerstören die biologische Vielfalt
Eine Schnitzerei aus Elfenbein? Etwas Arznei aus Schuppentier-Schuppen? Ein Tigerfell als Bettvorleger? Oder lieber eine Prise Nashornpulver, um den Brummschädel nach der langen Partynacht zu bekämpfen? Besonders in Asien werden diese Mittelchen und Statussymbole stark nachgefragt, denn der Aberglaube an ihre heilende Wirkung hält sich hartnäckig. Und auf dem Schwarzmarkt bringt der Verkauf organisierten Verbrechern Unmengen an Geld.
Das viert größte Verbrechen der Welt
Wilderei und der illegale Handel mit Wildtieren gehören zum organisierten Verbrechen. Mit einem jährlichen Wert von bis zu 20 Milliarden Euro ist der illegale Handel mit Wildtieren Teil des viertgrößten Verbrechens weltweit – nach Drogenhandel, Menschenhandel und Waffenhandel.
Wilderei-Anstieg bedroht Wildtierbestände
Die Wildtierkriminalität hat in den letzten zehn Jahren zugenommen. Allein 2015 töteten Wilderer rund 20.000 Elefanten. Besonders schmerzlich ist nicht nur der Verlust an Individuen und der Artenvielfalt, sondern auch der Umstand, dass Wilderei und Wildtierkriminalität ganze Staaten destabilisiert. Denn mit der Wilderei gehen andere illegale Aktivitäten wie Geldwäsche, Korruption und manchmal auch die Finanzierung von Konflikten einher. Die Wildtierkriminalität raubt den meist armen Herkunftsländern somit ihre Entwicklungschancen. Denn lebend hätten die Tiere ein weit größeres Potential für die wirtschaftliche Entwicklung.
WWF-Einsatz vom Nationalpark bis zu Wildtiermärkten
Der WWF setzt sich entlang der gesamten Handelskette gegen die Wildartenkriminalität ein: Gegen die Wilderei in den Lebensräumen in Afrika und Asien, gegen den illegalen Handel mit Wildartenprodukten, der die halbe Welt umspannt und für die Senkung der Nachfrage nach Elfenbein oder Nashorn-Horn in den asiatischen Zielländern, allen voran China und Vietnam.
Zahlen & Fakten
- Das UN Umweltprogramm schätzt den Wert des illegalen Handels mit Wildtieren pro Jahr auf bis zu 20 Milliarden Euro
- Zusammen mit anderen Umweltverbrechen, wie illegalem Holzeinschlag, gehört die Wildartenkriminalität zum viertgrößten Verbrechen weltweit
- Pro Tag werden durchschnittlich 3 Nashörner, 55 Elefanten und 190 Schuppentiere gewildert
- 270 Tonnen Elfenbein wurden von 2007-2014 beschlagnahmt
- Nashorn-Horn hat einen Schwarzmarkt-Wert, der Gold übersteigt
- Allein in den letzten 16 Jahren wurden schätzungsweise mehr als eine Million Schuppentiere illegal gehandelt
- Wildtierkriminalität ist auch in Österreich ein Problem: Streng geschützte Arten wie Wölfe, Luchse oder Greifvögel werden illegal verfolgt und getötet.
Tierwelt
Besonders von Wildtierkriminalität betroffen sind unter anderem:
- Elefanten
- Breitmaul- und Spitzmaul-Nashörner
- Tiger
- Schuppentiere
- Menschenaffen wie Gorilla oder Orang Utan
Bedrohungen
Facetten der Wildtierkriminalität
Bedrohung 1: Die Wilderei
Die Wilderei – also die verbotene Jagd auf streng geschützte Tierarten – wurde besonders in den letzten fünf Jahren immer schlimmer. Verantwortlich dafür ist vor allem die gestiegene Nachfrage in den Abnehmerländern Ost- und Südostasiens. Doch etliche Probleme in den Heimatländern der betroffenen Tiere begünstigen das illegale Töten noch zusätzlich: große Armut, Korruption und zu wenig geschultes Personal, das den strengen Schutz der Arten umsetzt. So kam es zu einem dramatischen Verlust an Elefanten, Nashörnern, Tigern und Schuppentieren: Zwischen 2007 und 2015 sind 110.000 afrikanische Elefanten verschwunden. Das ist ein Bestandseinbruch von 20 %. In einem ähnlichen Zeitraum wurden 7.100 afrikanische Nashörner gewildert. Bis 2015 wurden Teile von 1.755 Tigern konfisziert. Eine erschreckende Zahl, auch wenn diese Tiere vermutlich oft aus Tigerfarmen stammen. Damit sind längst sicher geglaubte Naturschutzerfolge der vergangenen Jahrzehnte in Gefahr. Doch Wilderei ist auch für Menschen gefährlich: In den letzten zehn Jahren wurden 871 Ranger, die in den Schutzgebieten patrouillieren, um die Wildtiere zu schützen, in Ausübung ihrer Pflicht getötet.
1 MILLION SCHUPPENTIERE WURDEN IN DEN LETZTEN 16 JAHREN GEHANDELT
Bedrohung 2: Illegaler Handel
Der illegale Handel mit Wildtieren hat in den letzten Jahren eine neue Dynamik bekommen: Das organisierte Verbrechen arbeitet mit hochprofessionellen und gut vernetzten Wilderern und Schmugglerbanden und hat in dem enorm lukrativen Handel einen neuen Geschäftszweig für sich entdeckt.
Was den illegalen Wildtierhandel so profitabel macht sind die großen Gewinne bei relativ geringem Risiko. Für Wildtierprodukte werden auf dem Schwarzmarkt Unsummen bezahlt. Nashorn-Horn ist sogar wertvoller als Gold. Von den gewaltigen Summen, die Wildtierprodukte auf dem asiatischen Markt einbringen, landet meist nur ein Bruchteil in den Händen der Wilderer. Den wirklichen Profit machen die Händler und das organisierte Verbrechen.
Bedrohung 3: Wildtiermärkte und Zoonosen
In vielen Gegenden der Welt sind Menschen zur Ernährungssicherung noch immer auf Wildtiere angewiesen. In abgelegenen Gebiete mit Mangelernährung bei Kindern werden Wildtiere zum Fleischkonsum für den Eigenbedarf gejagt. Doch zunehmend werden Wildtiere aber auch für den Verkauf in Städten gejagt.
Große Wildtiermärkte mit niedrigen Hygienestandards sind besonders riskant für die Übertragung von Infektionskrankheiten und auch aus Tierschutz-Sicht verheerend. Auf Lebend-Tiermärkten wie sie in weiten Teilen Chinas und Südostasiens existieren, werden Wild- und Nutztiere nebeneinander verkauft und geschlachtet. Restaurants, die Gerichte mit Wildtieren zubereiten, sowie Online- und Straßenverkäufe sind ebenfalls potenzielle Schmelztiegel für neue Krankheitserreger.
Der Schmuggel von bedrohten Tierarten bereitet damit den idealen Nährboden für den Übersprung von Krankheiten von Tieren auf Menschen (Zoonosen). Illegal gejagte Wildtiere, die auf illegale Weise gehandelt werden, entziehen sich jeder sanitären Kontrolle und setzen Menschen der Übertragung neuer Viren und anderer Krankheitserreger aus. Ohne menschliche Einmischung durch Fang, Schlachtung, Verkauf, Handel, Gewerbe und Verzehr von Wildtieren wäre die Übertragung und Ausbreitung des Coronavirus SARS-COV-2 höchst unwahrscheinlich gewesen.
Lösungen
So kann die Wildtierkriminalität bekämpft werden
Lösung 1: Wilderei stoppen
Viele Regierungen sehen die Wilderei und den illegalen Handel mit Wildtieren mittlerweile endlich als erhebliche Bedrohung an und verstärken ihre Bemühungen diese Probleme zu bekämpfen. Um der Wilderei Herr zu werden, sind zwei Dinge nötig: Scharfe Gesetze und eine strenge Strafverfolgung, sowie Schutz der Wildtiere durch Ranger. Die strengen Gesetze und hohe Haftstrafen sollen Wilderer und Schmuggler abschrecken. Natürlich müssen diese Gesetze aber auch angewandt werden. In den letzten Jahren gab es sogar hin und wieder Verurteilungen.
Der Einsatz von Rangern zur Absicherung der Schutzgebiete, in denen viele der betroffenen Tiere leben, ist ein zentrales Element in unseren Projekten. Ranger*innen patrouillieren regelmäßig durch Schutzgebiete, um Fallen zu entfernen, die Bestände zu überwachen und Wilderer abzuschrecken. Dabei sind sie oft tagelang in der Wildnis unterwegs und müssen entsprechend ausgerüstet sein. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die gute Ausbildung der Ranger*innen. Denn dieser Beruf ist in vielerlei Hinsicht so gefährlich wie wichtig. Oft setzen die Ranger*innen ihr Leben aufs Spiel setzen, um Elefanten, Tiger und andere Wildtiere vor Wilderern zu schützen.
Lösung 2: Illegalen Handel bekämpfen
Der WWF setzt ein ehrgeiziges und vielschichtiges Programm zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Wildtieren um. Ein wichtiger Ansatz um den illegalen Wildtierhandel einzudämmen, ist die Reduktion der Nachfrage in den Abnehmerländern Asiens. Dafür informieren wir in groß angelegten Bewusstseinsbildungskampagnen darüber, woher Wildtier-Produkte stammen, wie sie produziert wurden und dass die Produkte wirkungslos sind. Weiters gehen wir auch auf die kulturellen Zusammenhänge ein, um eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung herbeizuführen.
Um die internationalen Routen des Wildtierhandels zu durchbrechen, braucht es auch eine verbesserte, grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Vollzugsbehörden für Wildtiere aller beteiligten Länder.
Lösung 3: Wildtiermärkte schließen
Glücklicherweise hat die chinesische Regierung nach dem Ausbruch von COVID-19- ein Verbot des Verzehrs von Wildtieren erlassen. Wenn es konsequent durchgesetzt wird, könnte das Verbot in China ein Wendepunkt sein. Jetzt sind andere Länder gefordert schnell ähnliche Verbote und Vorschriften zu erlassen, um die Risiken von Zoonose-Krankheiten zu reduzieren und zukünftige Ausbrüche zu verhindern. Es ist höchste Zeit für die Schließung von Wildtier-Märkten, besonders von Hochrisikomärkten mit mangelhafter Hygiene, Wildtiere auch zubereitet und verzehrt werden.
Durch den Aufbau von Partnerschaften mit Regierungen und anderen Organisationen, die sich mit dem illegalen Wildtierhandel befassen, will der WWF die Schließung illegaler Wildtiermärkte fördern. Wir unterstützen den Prozess, indem wir Informationen für wirksame Maßnahmen bereitstellen, um den weltweiten Rückgang von Arten wie Tigern, Elefanten, Nashörnern und Schuppentieren zu stoppen.
Das Horn der Nashörner besteht aus Keratin. Aus derselben Substanz aus der unsere Fingernägel und Haare bestehen. Wenn man sich davon eine magische, heilende oder potenzsteigernde Wirkung verspricht, könnte man genauso gut Nägelbeißen!
Projekte
So bekämpft der WWF die Wildtierkriminalität – eine Auswahl an Projekten
Schlingfallen aus den Wäldern entfernen
Schlingfallen sind häufig genutzte Fallen in der Wilderei. Sie sollen den illegalen Wildtierhandel mit Buschfleisch, Pelzen und Knochen versorgen und verursachen eine großflächige Abnahme von Wildtieren. Sie sind gleich zweifach grausam. Einerseits fangen sie – einmal im Wald ausgelegt – wahllos Tiere, auch wenn die Fallen gar nicht für sie gedacht waren. So hat zum Beispiel der asiatische Wildhund und eines der seltensten Raubtiere Asiens, keinen kommerziellen Wert, wird aber mit alarmierender Geschwindigkeit gefangen. Andererseits verstümmeln sie die Tiere, wenn sie nicht durch die Fallen umkommen. Denn versuchen sich die gefangenen Tiere aus Schlingfallen zu befreien, ziehen sie sich immer fester zu und hinterlassen tiefe Fleischwunden.
Das macht Schlingfallen so unglaublich schädlich. Weit über 12 Millionen illegale Fallen gefährden bedrohte Arten in Südostasien. Deshalb ist es ein wichtiger Teil unserer Projekte Schlingfallen aus den Wäldern zu entfernen. Beispielsweise konnten 20 WWF-Ranger, die im Naturreservat von Hue (Vietnam) in den Wäldern im Einsatz waren, kürzlich 90 illegale Jagd- und Holzfäller-Camps identifizieren und illegal gefälltes Holz konfiszierten. Besonders erfreulich ist, dass unsere Ranger viele Tiere noch lebend befreien konnten. Darunter befanden sich Rotschenkel-Kleideraffen, Seraus (eine Waldziegenart), Großkopfschildkröten, Sonnendachse und Wildschweine. Alle Fallen wurden in einem Gebiet gefunden, das nur 12.000 Hektar groß ist, das also etwa einem Viertel der Fläche Wiens entspricht.
Ausrüstung und Training
Ranger*innen spielen eine essentielle Rolle im Kampf gegen die Wilderei. Eine gute Ausbildung und Ausrüstung ist daher enorm wichtig. Besonders für ihre Patrouillen in der Wildnis ist eine solide Grundausrüstung für Ranger unerlässlich – dazu gehören sauberes Wasser, angemessene Zelte und wetterfeste Kleidung. Angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Wilderei ist es wichtig, dass die Ranger in Strafverfolgung und Tatortsicherung geschult sind. Um ihre Arbeit sicher zu erledigen, brauchen sie aber auch Schulungen wie Überlebenstraining und Erste-Hilfe-Kurse.
Deshalb richtet der WWF ein Ranger College ein. Das Ranger College wird eine permanente Einrichtung sein, in der Wildhüter, Aufseher und andere Regierungsbehörden ein umfassendes, aktuelles Training zu Wildtierkriminalität erhalten können. Das College wird die spezifischen Fähigkeiten vermitteln, die Wildhüter benötigen, um ihre Arbeit sicher und effektiv zu erledigen. So bauen wir eine fähige und motivierte nationale Ranger-Gemeinschaft auf und stellen ein nachhaltiges Trainingssystem auf, das es ermöglicht, Wildtiere und wilde Orte in Zukunft besser zu schützen.
Retten Sie die wehrlosen
Schuppentiere mit einer
Patenschaft!
Gemeinsam können wir die Wilderei und den illegalen Handel mit Schuppentier-Schuppen bekämpfen. Ihre Patenschaft macht den Unterschied!
Aktuelles zur Wildtierkriminalität
WWF warnt vor drohendem Scheitern der Weltnaturkonferenz
Verhandlungen zeigen teils Rückschritte gegenüber bisherigen Verträgen – Verhärtete Fronten und festgefahrene Positionen – Finanzierung als Schlüsselfrage
WWF kritisiert grausame Jagd auf Fischotter in Kärnten
Tötung von hunderten Fischottern im Land ist Frontalangriff auf streng geschützte Art – Einsatz von Totschlagfallen führt zu qualvollem Tod – WWF fordert mehr Gewässerschutz statt Sündenbock-Politik
Auf dünnem Eis: Klimakrise und Lebensraum-Verlust bedrohen die Könige der Arktis
Eisbären “gefährdet” laut Roter Liste, weiterer Rückgang der Bestände befürchtet – WWF fordert von Weltnaturkonferenz Schutz von 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis 2030
Biodiversitäts-Strategie: WWF fordert rasche Umsetzung
Aktionsplan und Budget zur Umsetzung notwendig – Gesamte Bundesregierung und Länder in der Pflicht – WWF fordert mehr hochrangige Schutzgebiete
Großer Erfolg: Baby-Boom bei den Sunda-Marabus
Erfreuliche Nachrichten aus Kambodscha: Die Zahl der Nester der Storchenart hat sich seit 2021 verdoppelt.
Entscheidender UN-Gipfel startet: WWF fordert “Rettungsplan für die Natur”
Start der COP15: Vorgespräche zeigen festgefahrene Positionen und mangelnde Ambition der Staaten – WWF-Ziel: “Globaler Naturschutz-Pakt nach dem Vorbild des Pariser Klimaabkommens”
Weltnaturkonferenz: WWF fordert ambitioniertes Abkommen und sieht große Hausaufgaben in Österreich
COP15 in Kanada startet kommende Woche – WWF-Ziel: “Globaler Naturschutz-Pakt nach dem Vorbild des Pariser Klimaabkommens” – Positionspapier zur biologischen Vielfalt in Österreich präsentiert
WWF fordert sofortigen Stopp der rechtswidrigen Wolfs-Tötungen in Kärnten
“Unbescholtene” Wölfin getötet – Geheimniskrämerei der Landesbehörden um die genauen Umstände – WWF fordert volle Transparenz und kündigt rechtliche Prüfung an
Bild der Woche: Kleine Flussschildkröten in Freiheit
Über 6100 Jungtiere wurden in Peru von Tierschützer*innen freigelassen.