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Der Inn
Die Lebensader der Alpen
Der Inn ist einer der wichtigsten Alpenflüsse mit einer großen ökologischen Bedeutung. Auf 517 km von seiner Quelle bis zur Mündung durchfließt er drei Alpenländer (Schweiz, Österreich, Deutschland). Der kleine Gebirgsbach, nimmt auf seiner langen Reise durch die Alpen das Wasser vieler Seitenbäche und -flüsse auf, bevor er zwischen Kufstein und Rosenheim die Alpen als mächtiger Fluss verlässt und in Passau in die Donau mündet.
Ein Fluss mit vielen Gesichtern
Das Erscheinungsbild des Inn wird heute hauptsächlich durch unterschiedlichste Nutzungen geprägt. Die breiten Schwemmländer werden landwirtschaftlich, als Siedlungs- und als Wirtschaftsraum genutzt. Der Fluss selbst ist an vielen Stellen für die Energiegewinnung gestaut, oder abgeleitet. Das hat dazu geführt, dass die ehemals große Artenvielfalt in manchen Abschnitten drastisch zurückgegangen ist.
Der Inn hat sich glücklicherweise aber auch noch ein Stück seiner Ursprünglichkeit und viele seiner beeindruckenden und naturnahen Abschnitte bewahrt. Von Prutz bis Kirchbichl kann der Inn auf 150 km sogar noch ohne Unterbrechungen frei fließen. Das ist länger als jeder andere Fluss Österreichs. Er durchquert beeindruckende Seen, Schluchten und ausgedehnte Wiesen- und Aulandschaften, wo seltene Arten wie der Flussuferläufer, die Inn-Äsche, oder die Ufertamariske einen Platz zum Überleben haben.
Im Einsatz für einen lebendigen Inn
Seit vielen Jahren setzt sich der WWF mit starken Partnern für eine Bewahrung des Inns als Lebensader ein. Dafür wurden Schutzgebiete eingerichtet, schädliche Kraftwerke verhindert und beeinträchtigte Strecken revitalisiert. Dabei werden harte Verbauungen rückgebaut, damit sich wieder Schotterbänke, Seitenarme und Auen ausbilden können.
Ziel des WWF ist es, dass der Inn im Jahr 2030 wieder eine echte Lebensader der Alpen ist. Wir wollen erreichen, dass der Inn wieder ausreichend Lebensraum für die natürlicherweise vorkommenden Tier- und Pflanzenarten zur Verfügung stellt, dass er attraktive Erholungsräume für uns Menschen bietet und dass er naturverträglich und landschaftsschonend genutzt wird.
Fläche
Der Inn durchquert die Schweiz, Österreich und den Süden Deutschlands
Zahlen & Fakten
- Der Inn ist 517 km lang
- Der Inn ist der größte Zubringer der Donau im Oberlauf
Tierwelt
Am Inn kommen seltene Arten wie der Flussuferläufer, Flussseeschwalbe, Inn-Äsche und Huchen, sowie die Ufertamariske vor
Bedrohungen
Das bedroht den Inn
Bedrohung 1: Flächenverbrauch
Kaum ein Talraum in Österreich ist so stark mit Verkehrswegen, Siedlungen und Betrieben verbaut wie das Inntal in Tirol. Aufgrund der gebirgigen Topographie Tirols, konzentriert sich der Großteil der wirtschaftlichen Entwicklung in den flachen Talräumen. Dort wird seit Jahrzehnten mit dem knappen Gut Boden viel zu zu verschwenderisch umgangen. Heute sind ein Viertel des Talbodens von Siedlungen und Verkehrswegen bedeckt und mehr als die Hälfte wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Im Gegenzug sind Gewässerflächen, Auwälder, Moore und extensive Wiesen stark zurückgedrängt worden. Heute gibt es deshalb nur mehr wenige geschlossene Naturräume im Inntal. Das hat dazu geführt, dass die Artenvielfalt stark bedroht ist. Die Einengung vor allem des Inns hat aber auch dazu geführt, dass für uns Menschen wichtige Wasserrückhaltefläche und Erholungsräume knapp geworden sind.
Bedrohung 2: Wasserkraftnutzung
Der Inn wird vor allem im Oberlauf bis Imst und im Unterlauf ab Kirchbichl sehr intensiv zur Stromgewinnung genutzt. Auch viele der großen Zubringer, wie der Ziller, oder die Salzach sind stark mit Wasserkraftwerken verbaut. Das hat gravierende Folgen für die Ökologie des Flussraums. Staudämme unterbrechen das Fließkontinuum und damit den Lebensraum vor allem von wandernden Fischarten. Die Folgen sind dramatisch, wie sich schon beim Bau des ersten Kraftwerks in Jettenbach zu Beginn des 20. Jahrhunderts gezeigt hat. Konnten die Fischer in Kufstein vor dem Bau noch Hunderte Kilo der Barbe fangen, ging der Fangerfolg nach dem Bau des Kraftwerks binnen weniger Jahre praktisch auf Null zurück.
Viele Kraftwerke verursachen auch starke, kurzfristige Abfluss-Schwankungen. Dadurch können sich die Wasserstände binnen einer Minuten um viele Dezimeter ändern. Das hat dramatische Folgen für die Flussbewohner. Vor allem Wasserinsekten und Fischlarven, aber auch erwachsene Fische werden fortgespült, oder stranden beim Rückgang der Schwallwellen an Land. So sterben täglich wohl tausende Tiere an den Ufern des Inns.
Insgesamt zeigt sich, dass die Wasserkraftnutzung mit schwerwiegenden Problemen verbunden ist. Diese sind zwar bekannt, aber noch nicht gelöst. Trotzdem sind viele weitere Kraftwerke geplant, wodurch sich die Situation noch weiter zu verschärfen droht.
25 KRAFTWERKE BELASTEN DIE QUALITÄT DES INNS ERHEBLICH
Bedrohung 3: Flussregulierung und Hochwasserschutz
Zur Landgewinnung für die Landwirtschaft sowie aus Gründen des Hochwasserschutzes wurden in den letzten 300 Jahren starke Verbauungen am Inn und in seinem Einzugsgebiet durchgeführt. Dazu zählen riesige Geschiebesperren an den Seitengewässern. Diese wurden angelegt, um den Schotter zurückzuhalten, den die Flüsse und Bäche natürlicherweise mit sich führen.
Harte Verbauungen am Inn haben den ehemals verzweigten, mit breiten Schotterbänken und Auwäldern gesäumten Inn, in einen gestreckten, kanalisierten Flusslauf verwandelt. Dadurch wurden Auen vom Hauptfluss abgeschnitten, was zu deren Verlandung und Austrocknung führte. In weiterer Folge wurden viele dieser Flächen in intensive landwirtschaftliche Flächen umgewandelt, oder überhaupt verbaut.
Die Regulierungen haben letztlich dazu geführt, dass viele charakteristische Arten ihren Lebensraum verloren haben. Gleichzeitig haben wir aber auch wichtige Erholungsräume und gesunde Gewässer eingebüßt. Da die Hochwassergefahr weiter steigt, bzw. das Risikobewusstsein gestiegen ist, besteht die große Gefahr, dass weitere Hochwasserschutzdämme und Mauern errichtet werden, durch die der Flussraum weiter verkleinert wird.
Lösungen
So können wir den Inn schützen
Lösung 1: Mehr Platz für einen lebendigen Inn
Damit der Inn wieder lebendig und sicherer wird, muss dem Flusslauf wieder mehr Platz zugestanden werden. Intakte Flüsse brauchen – einer vielfach bewährten Faustformel zu Folge – die drei- bis siebenfache Breite ihres Bettes als begleitenden Auen- und Puffersaum. Dort kann der Fluss bei höheren Wasserständen gefahrlos ausufern, womit die Hochwassergefahr gesenkt werden kann. Diese Flächen können zudem extensiv, also mit wenig Eingriff des wirtschaftenden Menschen in den Naturhaushalt, genutzt werden. Darüber hinaus sind sie oft besonders artenreich und auch für Menschen attraktive Erholungsräume.
Der Inn hat aufgrund der intensiven Verbauung des Flussraumes aber nur mehr in wenigen Strecken ausreichend Platz. Der WWF hat mit dem Flussentwicklungsplan ein integriertes Konzept vorgelegt, mit dem der ökologische Zustand und die Gewässerfunktionen gleichzeitig verbessert werden können. In dem integrierten Plan wurden Flächen identifiziert, wo die Qualität des Inns durch ökologisch orientierte Renaturierungsmaßnahmen besonders wirkungsvoll verbessert werden könnte. Wenn der Inn dabei durch Uferaufweitungen wieder mehr Platz bekommt, kann gleichzeitig das Überschwemmungsrisiko gesenkt und die ökologische Qualität verbessert werden.
Lösung 2: Ein Schutzgebietsnetzwerk sichert ökologisch wertvolle Flächen
Der Inn bildet mit den Seitenzubringern, den Seen, Feuchtgebieten und Bächen bis hinauf zu den Gletschern ein zusammenhängendes „Netz des Lebens“. Angesichts des starken Ausbaudrucks auf die letzten Freiflächen im Inntal und auf die letzten naturnahen Flussabschnitte und Auen, braucht es heute ein engmaschiges Schutznetzwerk, das die letzten intakten Abschnitte und Flächen sichert. In der Vergangenheit wurden bereits einige wichtige Gebiete, wie die Silzer-, Milser- und Rietzer-, sowie die Mieminger Innauen unter Schutz gestellt. 2018 wurde endlich auch ein bedeutender Teil der freien Fließstrecke, rund 80 km von Haiming bis Rotholz, unter Naturschutz gestellt. Dieser erfolgreich eingeschlagene Weg muss weiterhin konsequent fortgesetzt werden. Deshalb setzt sich der WWF für eine deutliche Ausweitung des Schutzgebietsnetzwerks ein. Nur wenn ausreichend große und vernetzte naturnahe Auen-Gebiete am Inn erhalten bleiben, können wir den Inn als Lebensader Tirols erhalten.
Neben der Einrichtung von Schutzgebieten ist auch deren bestmögliche professionelle Betreuung wichtig. Dies umfasst etwa Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen sowie Umweltbildungsmaßnahmen und Zusammenarbeit mit den Anrainergemeinden.
Lösung 3: Integriertes Flussraummanagement
Eine wesentliche Besonderheit des Inns liegt gerade in seinem grenzüberschreitenden Charakter. Es ist wichtig, den gesamten Alpenfluss von seinem Ursprung bis zur Mündung als ein zusammenhängendes Ökosystem zu betrachten. Denn viele spezialisierte Arten am Inn sind auf seine Funktion als Wanderachse angewiesen, um etwa zwischen Laichplätzen und Nahrungsrevieren zu wechseln.
Der Inn ist aber auch ein stark genutztes Gewässer. Von Hochwasserschutz, Tourismus und Naturschutz – bis hin zu Energiewirtschaft, Landwirtschaft oder Sport – treffen hier die verschiedensten Interessen aufeinander. Auch diese müssen sorgfältig abgestimmt werden. Um wirkungsvolle und nachhaltige Arten- und Naturschutzmaßnahmen am Inn umzusetzen, braucht es daher ein Gesamtkonzept für den Alpenfluss, welches seine länderspezifischen Merkmale, das regional variierende Artenaufkommen und gebietsspezifische Herausforderungen berücksichtigt. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Nutzungen naturverträglich erfolgen und sensible Naturräume bewahrt bleiben.
%
NUR MEHR 8 % DES INNLAUFES SIND WEITGEHEND NATÜRLICH
Der Inn ist heute über weite Strecken stark beeinträchtigt. Das come-back des Inn, als bedeutendste Lebensader der Alpen, kann nur gelingen, wenn wir dem Fluss wieder mehr Raum geben und die schädliche Wirkung der Wasserkraftnutzung bestmöglich eindämmen.
Projekte
So schützt der WWF den Inn – eine Auswahl an Projekten
der.inn – lebendig und sicher
Seit mehr als 15 Jahren arbeitet der WWF in einer beispiellosen Kooperation von Land Tirol, Bund und WWF an der Revitalisierung des Inns. Bis heute konnten bereits 19 Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden. Das sind einige dieser Erfolge: In Serfaus wurden überschießende Ufersicherungen entfernt. Der Inn fließt dort seither wieder in einem breiten Bett und hat Schotterbänke, Augewässer und Verlandungszonen ausgebildet. In Telfs und Pettnau wurden mehrere hundert Meter lange Seitenarme angelegt. In der Gaisau wurde sogar ein altes Stauwehr abgerissen, wodurch ein Feuchtbiotop wieder an den Inn angebunden werden konnte.
Die Maßnahmen folgen einem gemeinsamen Masterplan, der schutzwasserwirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Zielsetzungen vereint.
INNsieme connect
Verschiedene Interessen prallen am Inn aufeinander, darunter jene der Stromproduktion, des Naturschutzes, des Tourismus und der Naherholung, des Hochwasserschutzes, der Landwirtschaft, und nicht zuletzt des steigenden Flächenbedarfs für Siedlungs- und Straßenbau. Es bedarf der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit über die Grenzen einzelner Länder hinweg, um einen Ausgleich der Interessen zu schaffen und gemeinsam die Artenvielfalt des Inns zu fördern.
Gemeinsam für den Inn – das ist das Motto von INNsieme connect, der Fortsetzung des erfolgreichen Projekts INNsieme (2019 – 2022). Partnerorganisationen mehrerer Länder kommen zusammen um den Inn als wertvollen Lebensraum für Mensch und Natur zu stärken und ein Netzwerk für den Schutz des Inns zu schaffen. Ermöglicht wird dies durch die Kofinanzierung der Europäischen Union im Rahmen des Förderprogramms Interreg Bayern-Österreich 2021-2027.
Schutzgebietsbetreuung am Inn
Aufgrund der starken Veränderung unserer Umwelt in den vergangenen Jahrhunderten ist es heute notwendig, verbliebene ursprüngliche, oder naturnahe Flächen langfristig für nachkommende Generationen zu erhalten. Schutzgebiete sind besondere, gesetzlich festgelegte Gebiete, in denen die Bewahrung der Natur- und traditioneller Kulturlandschaften Vorrang gegenüber anderen Nutzungsformen hat. Das bedeutet jedoch kein gänzliches Verbot menschlicher Tätigkeiten. Diese haben aber so zu erfolgen, dass die Natur keinen Schaden nimmt.
Am Tiroler Inn liegen eine Reihe bedeutender Schutzgebiete. Der WWF hat im Auftrag des Landes Tirol die Betreuung von sechs dieser besonderen Gebiete übernommen. Das sind: Milser Au, Silzer Innau, Rietzer und Mieminger Innauen, Völser Innau, Kranebitter Innau, Kufsteiner und Langkampfener Innauen. Zu den Aufgaben gehören die Festlegung von Schutzzielen, die Entwicklung und Begleitung von Schutzmaßnahmen, aber auch die Information der Bevölkerung und die Zusammenarbeit mit lokalen Entscheidungsträgern im Gebietsmanagement.
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