Tiwag will Ausbau Kraftwerk Kaunertal trotz zahlreicher Risiken und Naturgefahren durchboxen – WWF fordert Stopp und verweist auf Alternativen für naturverträgliche Energiewende
WWF-Studie: 50.000 Kilometer Flüsse in der EU könnten wiederhergestellt werden
Enormes Potential für Fluss-Rettung durch Entfernung von Dämmen auch in Österreich - 28.000 Barrieren zerschneiden heimische Gewässer, davon 451 gute Rückbaukandidaten

Wien, am 19. April 2021. Eine neue europaweite Studie des WWF (World Wide Fund For Nature) zeigt das enorme Potential des Rückbaus von Barrieren in Europas Gewässern. „Alleine in Österreich könnte man durch die Entfernung von 451 Barrieren fast 1.500 Kilometer an Flüssen wiederherstellen. Das ist dreimal die Entfernung zwischen Wien und Bregenz. Angesichts des schlechten Zustands der heimischen Gewässer muss der Rückbau dieser Barrieren rasch angegangen werden“, fordert Gerhard Egger, Gewässerschutz-Experte des WWF Österreich. EU-weit ließen sich durch die Entfernung von 7.360 Dämmen sogar rund 50.000 Kilometer Flüsse wieder in einen natürlichen Zustand bringen. „Die Entfernung von Barrieren ist eine schnelle, einfache und effiziente Art, belastete Flüsse zu sanieren. Binnen weniger Monate können sich Fischbestände und Wasserqualität wieder erholen“, erklärt WWF-Experte Egger.
Im Rahmen der Studie wurden 30.000 Barrieren an größeren Flüssen in ganz Europa im Hinblick auf die Möglichkeit des Rückbaus und der damit verbundenen gewässerökologischen Verbesserung analysiert. Laut fundierten Schätzungen zerschneiden mehr als eine Million Barrieren wie Kraftwerke, Sohlschwellen und Wehre die europäischen Gewässer. Durch den hohen Ausbaugrad der Wasserkraft ist Österreich besonders stark betroffen. Ganze 28.000 Barrieren finden sich in den heimischen Gewässern. Kaum ein Fluss kann noch frei von der Quelle bis zur Mündung fließen – erfreuliche Ausnahme ist die Isel in Osttirol, die noch gänzlich unzerschnitten fließt. Im Durchschnitt wird jeder andere Fluss in Österreich alle 900 Meter unterbrochen, mit katastrophalen Folgen für die Fauna und Flora, aber auch für die Funktionsfähigkeit der Flüsse: 60 Prozent der heimischen Gewässer weisen derzeit keinen guten ökologischen Zustand auf.
Die EU-Biodiversitätsstrategie gibt deshalb das ambitionierte Ziel vor, dass bis 2030 25.000 Kilometer Flüsse in Europa durch die Entfernung von Dämmen wiederhergestellt werden. „Das ist nur die Hälfte des in der Studie erhobenen Potentials und damit ein machbares Unterfangen. Die Zahl der belastenden Querbauwerke muss rasch reduziert werden, dafür braucht es einen Abrissplan bis 2030“, sagt WWF-Experte Egger. Die Neuauflage des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans, den Österreich bis Jahresende ausarbeitet, wäre dafür ein geeigneter Anlass.
Beispiel: Kraftwerk Rosenburg am Kamp
Die genannten 451 Barrieren in Österreich werden in der Studie in 13 sehr aussichtsreiche und 438 aussichtsreiche Objekte unterteilt. Mit deren Entfernung könnten zusammen fast 1.500 Kilometer Flüsse wiederhergestellt werden. Ein konkretes Beispiel, das in der internationalen Studie auch angeführt wird, ist das völlig veraltete Kraftwerk Rosenburg am Kamp in Niederösterreich. „Durch die Entfernung der Wehranlage könnte eine einmalige, viele Kilometer lange Flusslandschaft mitten in einem Landschafts- und Europaschutzgebiet wiederbelebt werden. Der Benefit durch eine derartige Flusssanierung wäre ein enormer Gewinn für die gesamte Region“, sagt WWF-Experte Gerhard Egger.
Rückfragehinweis:
Mag. Nikolai Moser
Leiter Kommunikation WWF Österreich
+43 664 883 92 489
nikolai.moser@wwf.at
www.wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neuer Klima-Check stellt Regierungsprogramm durchwachsenes bis schlechtes Zeugnis aus
WWF und Ökonomin Sigrid Stagl zeigen Chancen, Lücken und Widersprüche im neuen Koalitionspakt – Mehr Priorität für verbindlichen Klima- und Naturschutz gefordert
WWF: Kärntner Landesregierung will bis zu 740 Biber zur Tötung freigeben
Biber-Verordnung soll verlängert und verschärft werden – Zahl der erlaubten Tötungen wird mehr als verdoppelt – WWF kritisiert Angriff auf Artenschutz
19. WWF-Earth Hour: Weltweite Klimaschutzaktion am Samstag
Bundespräsident unterstützt Initiative – An berühmten Wahrzeichen rund um den Globus geht für eine Stunde das Licht aus – WWF Österreich fordert: “Klimaschutz – jetzt erst recht!”
WWF-Analyse: Bundesregierung muss beim Bodenschutz nachschärfen
Regierungsprogramm im Bodenschutz-Check: vereinzelt neue Ansätze, drohende Rückschritte – Bodenverbrauch weiter viel zu hoch – WWF fordert mehr Verbindlichkeit und echte Reformen
Erster Welttag der Gletscher: WWF für lückenlosen Schutz
Naturschutzorganisation fordert Politik zum Umdenken auf – Weitere Verbauung der Gletscher stoppen und als Zufluchtsorte für seltene Tiere und Pflanzen erhalten
Video: So arbeiten Naturschutzhunde gegen Wildtierkriminalität
Lea ist der erste WWF-Naturschutzhund. Im Video gibt es Einblicke, wie sie in der Praxis arbeitet.
Neuer WWF-Report: Tiefseebergbau würde Nachhaltigkeitsziele aushebeln
Internationale Meeresbodenbehörde berät über Rohstoffabbau in der Tiefsee – Neuer WWF-Report zeigt Risiken auf: UN-Nachhaltigkeitsziele und Weltnaturabkommen gefährdet
Nach Tiwag-Eingeständnis: WWF fordert Mattle zu Kaunertal-Stopp auf
Tiwag bestätigt, dass Bildung von Gletscherseen bisher “kein Thema” war – Risiko für Flutwelle wird ignoriert – WWF: “Mattle muss die Reißleine ziehen”