Tiwag will Ausbau Kraftwerk Kaunertal trotz zahlreicher Risiken und Naturgefahren durchboxen – WWF fordert Stopp und verweist auf Alternativen für naturverträgliche Energiewende
WWF warnt: Energiebranche will sogar in Schutzgebieten neue Kraftwerke durchboxen
Auswertung der Begutachtungs-Stellungnahmen zeigt massiven Angriff auf intakte Flüsse – Selbst Schutzgebiete sollen auf Kosten der Allgemeinheit mit neuen Kraftwerken verbaut werden

Wien, am 28. Oktober 2020. Große Stromkonzerne und der Kleinwasserkraft-Verband attackieren derzeit die geplanten ökologischen Kriterien im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und legen damit offen, dass die Branche sogar in Schutzgebieten neue subventionierte Kraftwerke bauen will. Das zeigt eine WWF-Auswertung der Begutachtungs-Stellungnahmen des VERBUND-Konzerns, der Salzburg AG und der Kleinwasserkraft. Zugleich werden der Umweltministerin auch schon konkrete Aufweichungen vorgeschlagen, um eigene Sonderwünsche auf Kosten der Allgemeinheit durchzuboxen. „Das ist völlig inakzeptabel. In Schutzgebieten und ökologisch sehr guten Strecken haben neue Kraftwerke nichts verloren. Die Energiebranche muss endlich umdenken anstatt auch noch die letzten freien Flüsse zu verbauen. Der kurzfristige Profit darf nicht wichtiger sein als die Natur", sagt WWF-Expertin Bettina Urbanek. „Die Bundesregierung darf diesem Druck keinesfalls nachgeben und muss die ungezügelte Verbauung der Flüsse verhindern. Gerade die Naturschutzkriterien gehören umfassend gestärkt, nicht geschwächt.“
Die Umweltschutzorganisation widerlegt auch die vorgeschobenen Behauptungen zum administrativen Aufwand. „Naturschutz ist kein Stolperstein. Wirksame Kriterien stellen völlig unbürokratisch sicher, dass nur jene Projekte gefördert werden, die naturverträglich und effizient sind. Dadurch entsteht eine übergeordnete ökologische Lenkungswirkung, die in einzelnen Verfahren nicht erreicht werden kann“, sagt Bettina Urbanek. In seiner EAG-Stellungnahme plädiert der WWF Österreich daher für eine Verbesserung der geplanten Kriterien, damit der Umbau des Energiesystems naturverträglich erfolgt. „Der Schutz des Klimas und der Biodiversität müssen gemeinsam gedacht werden“, fordert WWF-Expertin Urbanek und verweist dazu auch auf die detaillierten Stellungnahmen der Umweltanwälte und der Biodiversitätsforschung.
Mit über 5.200 Anlagen ist die Wasserkraft in Österreich bereits extrem ausgebaut. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind in einem sehr guten ökologischen Zustand. „Flüsse und Bäche sind weit mehr als nur Kilowattstunden. Gerade in der Klimakrise brauchen wir intakte Gewässer auch als Verbündete gegen Dürreperioden, die Hitze und das Artensterben. Daher erfordert Klimaschutz einen ganzheitlichen Ansatz“, sagt Bettina Urbanek. „Wir müssen deutlich mehr Energie sparen und eine Photovoltaik-Offensive auf Gebäuden starten. Parallel dazu gehört das Steuersystem ökologisiert, während umweltschädliche Subventionen überall abgebaut werden“, fordert Urbanek.
Ökologisch sanieren statt verbauen
Das derzeitige Fördersystem subventioniert die zusätzliche Verbauung intakter Flüsse, obwohl rund 80 Prozent der bestehenden Wasserkraft-Anlagen die ökologischen Mindestanforderungen verfehlen. Insgesamt sind rund 60 Prozent der heimischen Gewässer sanierungsbedürftig – die Wasserkraft ist einer der Hauptfaktoren dafür. „Einerseits braucht es daher eine große Sanierungsoffensive mit einer Verpflichtung der Energiekonzerne, andererseits den wirkungsvollen Schutz der ökologisch sehr guten Flüsse. Ansonsten wird Österreich auch die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der Biodiversitätsstrategie krachend verfehlen“, warnt WWF-Gewässerschutz-Expertin Bettina Urbanek.
Rückfragehinweis:
Mag. Volker Hollenstein
Leitung Presse und Kommunikation WWF Österreich
volker.hollenstein@wwf.at
+43 664 501 31 58
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neuer Klima-Check stellt Regierungsprogramm durchwachsenes bis schlechtes Zeugnis aus
WWF und Ökonomin Sigrid Stagl zeigen Chancen, Lücken und Widersprüche im neuen Koalitionspakt – Mehr Priorität für verbindlichen Klima- und Naturschutz gefordert
WWF: Kärntner Landesregierung will bis zu 740 Biber zur Tötung freigeben
Biber-Verordnung soll verlängert und verschärft werden – Zahl der erlaubten Tötungen wird mehr als verdoppelt – WWF kritisiert Angriff auf Artenschutz
19. WWF-Earth Hour: Weltweite Klimaschutzaktion am Samstag
Bundespräsident unterstützt Initiative – An berühmten Wahrzeichen rund um den Globus geht für eine Stunde das Licht aus – WWF Österreich fordert: “Klimaschutz – jetzt erst recht!”
WWF-Analyse: Bundesregierung muss beim Bodenschutz nachschärfen
Regierungsprogramm im Bodenschutz-Check: vereinzelt neue Ansätze, drohende Rückschritte – Bodenverbrauch weiter viel zu hoch – WWF fordert mehr Verbindlichkeit und echte Reformen
Erster Welttag der Gletscher: WWF für lückenlosen Schutz
Naturschutzorganisation fordert Politik zum Umdenken auf – Weitere Verbauung der Gletscher stoppen und als Zufluchtsorte für seltene Tiere und Pflanzen erhalten
Video: So arbeiten Naturschutzhunde gegen Wildtierkriminalität
Lea ist der erste WWF-Naturschutzhund. Im Video gibt es Einblicke, wie sie in der Praxis arbeitet.
Neuer WWF-Report: Tiefseebergbau würde Nachhaltigkeitsziele aushebeln
Internationale Meeresbodenbehörde berät über Rohstoffabbau in der Tiefsee – Neuer WWF-Report zeigt Risiken auf: UN-Nachhaltigkeitsziele und Weltnaturabkommen gefährdet
Nach Tiwag-Eingeständnis: WWF fordert Mattle zu Kaunertal-Stopp auf
Tiwag bestätigt, dass Bildung von Gletscherseen bisher “kein Thema” war – Risiko für Flutwelle wird ignoriert – WWF: “Mattle muss die Reißleine ziehen”