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Energiewende und Schutz der Flussjuwele Tirols sind machbar

Tirol braucht Energieeinsparung und viele Standbeine bei den erneuerbaren Energien

Die vom WWF beauftragte Studie „Gewässerschutz und Energiewende“, erstellt vom Energieexperten Thomas Steffl (e.U. scenario editor), kommt zu dem erfreulichen Ergebnis, dass die aus Klimaschutz-Gründen nötige Energiewende und der Schutz der Flussjuwelen in Tirol kein Widerspruch sein müssen.

Strenger Schutz für Flussjuwele

Nur noch wenige der heimischen Fließgewässer befinden sich in einem natürlichen oder naturnahen Erhaltungszustand. Dazu zählen unter anderen die Venter Ache, die Brandenberger Ache, die Zuflüsse des Lechs, die Isel und viele noch wenig beeinflusste Oberläufe in Tirol.

Die neue Studie weist nun erstmals nach, dass 1.060 km wertvolle Fließstrecken in Tirol sehr wohl unter strengen Schutz gestellt und somit erhalten werden können, wenn sowohl Einsparungen als auch ein breiter, möglichst naturverträglicher Mix bei der Nutzung der erneuerbaren Energien umgesetzt werden.

Kaunertal, © by WWF/Nathan Spees 2014
Kaunertal, © by WWF/Nathan Spees 2014

Basierend auf detaillierten Szenario-Berechnungen empfiehlt der WWF in Tirol bis zum Jahr 2030 Energieeinsparungen von 30% umzusetzen, das Wasserkraftausbauziel des Landes von 2,8 TWh auf rund 1 TWh zu reduzieren, das Energienetz weiterzuentwickeln sowie eine wesentliche Steigerung der Sonnenenergie-Nutzung und der energetischen Verwertung von (Rest-)Biomasse.

Das Winkraftpotential wird als eher geringer eingeschätzt. Die Geothermiepotentiale sollten untersucht werden.

„Jeder stabile Stuhl braucht mehrere Beine, so ist es auch hier: Energieeinsparungen und ausgeglichene Förderung der Erneuerbaren Energien sind das Gebot der Stunde“, erklärt Bettina Urbanek, Gewässer-Politik-Expertin beim WWF.

Die gute Nachricht ist, dass die Natur für die Energiewende in Tirol nicht weiter bluten muss: mit dem Bau des Gemeinschaftskraftwerkes, der Sanierung der Kleinwasserkraftanlagen und dem Ausbau von Kirchbichl sowie Ergänzungen bestehender Kraftwerke etwa bei Imst würde der Beitrag der Wasserkraft ausreichen, um in eine sorglose und naturschonende Tiroler Energiezukunft zu blicken,“ unterstreicht Christoph Walder, Leiter des  WWF Tirol.

„Die Tiroler Ziele für Energie-Einsparungen bis 2050 sind gut und ambitioniert. Der derzeit geplante Anteil der Wasserkraft ist jedoch maßlos überschießend und nicht realisierbar, wenn Tirol den Naturschutz in Zukunft noch ernst nehmen will.Unser Szenario und die Ziele des Landes Tirol zur Energiewende zeigen, dass das auch gar nicht nötig ist.

Diese Wasserkraftpläne sind offensichtlich Relikte aus früheren Zeiten mit andere Prioritäten. Klimaschutzargumente heute für den überzogenen Wasserkraftausbau vorzuschieben, lehnen wir als Etikettenschwindel ab,“ meint Bettina Urbanek.

Am wilden Fluss, © by Anton Vorauer
Am wilden Fluss, © by Anton Vorauer

Kraftwerke Kühtai und Kaunertal nicht nötig

Das Übergewicht an Wasserkraft passt auch gar nicht mit der Energiestrategie des Landes zusammen, so der WWF. Bis 2050 will Tirol 50% des Energieverbrauchs reduzieren. Das bedeutet in Zahlen eine Einsparung von 13 TWh. Hinkünftig sollen 10 TWh Strom von erneuerbaren Energieträgern kommen.

Christoph Walder: „Bei Durchsicht der aktuellen Zahlen zur Energieautonomie Tirol, zeigt sich, dass die Energiewende bereits mit rund 30 Prozent des Wallnöfer-Eberle Wasserkraft-Ausbauplanes erreichbar ist und Kraftwerke wie Kühtai oder Kaunertal gar nicht mehr gebraucht werden.“

„Basierend auf den Zahlen des Landes Tirol haben wir die angestrebte Stromautonomie bereits in der Tasche: In Tirol werden heute schon mehr als 7 TWh Strom pro Jahr erzeugt, allerdings nur 6 TWh verbraucht. Wenn das Land Tirol bis 2050 2 TWh aus Sonnenenergie aufbringen will, dann fehlt uns nur noch 1 TWh auf die geplanten 10 TWh aus Strom die als Marke für die Energieautonomie 2050 gilt.

Das schaffen wir also mit den bereits in Bau befindlichen Kraftwerken sowie den Sanierungen bestehender Anlagen im Bundesland. Dafür muss kein Kaunertal verbaut oder das Platzertal aufgestaut werden,“ unterstreicht Walder.

Der WWF begrüßt, dass die Tiroler Landesregierung das Solarenergie-Potential im zukünftigen Energiemix stärker berücksichtigen will – es werde aber immer noch zu gering eingeschätzt.

Diese neue Studie soll nun als fundierter Input für die weitere fachliche und politische Diskussion dienen. „Wir bieten dem Land Tirol einen konstruktiven Dialog an. Und wir halten es für notwendig, die Ziele der Energieautonomie nochmals zu überprüfen und vor allem die Wasserkraft-Ausbauziele neu zu definieren,“ erklären Bettina Urbanek und Christoph Walder abschließend.

Ötztalerache, © by Praxmarer
Ötztalerache, © by Praxmarer

Die Studie „Gewässerschutz und Energiewende“

Mit der „Energiezukunft Österreich“ (Veigl 2015) haben WWF, GLOBAL 2000 und Greenpeace schon im Jahr 2015 ein umfassendes Szenario zur Halbierung des Energiebedarfs und zur Versorgung Österreichs mit 100% erneuerbarer Energie bis 2050 vorgestellt.

Die neue Studie rechnet sowohl die künftige Energienachfrage als auch das ausbaufähige Potenzial erneuerbarer Energien anhand von klaren Kriterien den jeweiligen Bundesländern Österreichs zu. Dadurch entstanden naturverträgliche und aufeinander abgestimmte Energie-Entwicklungspfade für alle neun Bundesländer, die ein sinnvolles, gesamtösterreichisches Konzept ergeben.

Die Wasserkraft nimmt in Tirol auch weiterhin einen besonderen Stellenwert in der Energieversorgung ein. Rund die Hälfte des bis 2050 in Österreich stattfindenden Wasserkraft-Ausbaus wird auch unter Berücksichtigung von Naturschutzkriterien in Tirol erfolgen. Die bisherige Biomasse-Nutzung wird bis 2050 deutlich gesteigert (plus 689 GWh). Vor allem die Tiroler Landwirtschaft gewinnt durch die energetische Nutzung von Energiepflanzen(resten) an Bedeutung.

Photovoltaik- und Solarthermie-Nutzungen werden wesentlich erhöht, die Sonne wird damit zum drittwichtigsten Energielieferanten Tirols. Wärmepumpen werden in deutlich mehr Gebäuden als bisher zum Einsatz kommen. Zusammengefasst werden die energetische Verwertung von Abfällen, die Geothermie und Windkraft im Jahr 2050 rund 6% der in Tirol erzeugten Energie stellen. Bis 2050 gelingt der vollständige Ausstieg aus fossilen Energieträgern.

Halbierung des Energiebedarfs möglich

Das WWF-Szenario zeigt, dass bis 2050 eine Halbierung des Endenergiebedarfs auf 12.500 GWh realisierbar ist, das Ziel des Landes Tirol ist mit 13.000 GWh ähnlich ambitioniert. Die größten Herausforderungen liegen dabei im Verkehrssektor und bei der Gebäudesanierung (private Haushalte und Dienstleistungen).

Der Schutz und Erhalt intakter Flussstrecken gehört weltweit zu den wichtigsten Naturschutzzielen. Diese Bedeutung von intakten Fließgewässern und von Wasser als Ressource der Zukunft spiegelt sich rechtlich auf europäischer Ebene in der Wasserrahmenrichtlinie, im nationalen Wasserrecht und insbesondere im EU-Verschlechterungsverbot wider.

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