Jährliche Verschwendung würde umgerechnet Bedarf von 1,7 Millionen Menschen decken – Umwelt- und Sozialorganisation präsentieren Vorschläge für Regierungsverhandlungen
Nein zur Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal. Österreichs Alpenschutzverbände fordern sofortigen Projektstopp
Alpenverein, Naturfreunde und WWF machen sich stark für den Erhalt alpiner Freiräume – Verbauung unberührter Tiroler Gletscher zugunsten des Massentourismus muss gestoppt werden.
Innsbruck, 24. Juni 2019. Die Allianz für die Seele der Alpen, bestehend aus Alpenverein, Naturfreunden und WWF Österreich, fordert den Stopp für das geplante Mega-Projekt „Schigebietserweiterung und -zusammenschluss Pitztal-Ötztal“. Im Rahmen einer Pressekonferenz in Innsbruck kritisieren die heimischen Alpen- und Naturschutzverbände die ökologische Kurzsichtigkeit der Projektpläne. Mit dem Linken Fernerkogel und den Gletschern Karlesferner, Hängender Ferner und Mittelbergferner würde zugunsten des Massentourismus eine gänzlich ursprüngliche und intakte Hochgebirgslandschaft endgültig zerstört werden. Daher fordert die Allianzden umgehendenStopp des Projektes und stattdessen die Integration des Linken Fernerkogels in das angrenzende Ruhegebiet „Ötztaler Alpen“.
Nur mehr sieben Prozent der österreichischen Staatsfläche sind heute weitgehend naturbelassen und unerschlossen. Doch der Nutzungs- und Erschließungsdruck auf diese besonders wertvollen, letzten alpinen Freiräume ist größer denn je. „Die Verbauung unberührter Gletscherwildnis mit energiefressender Infrastruktur ist sinnbildlich für die verfehlte Klima- und Umweltpolitik Österreichs: Anstatt die großen Herausforderungen unserer Zeit – Klimakrise, Biodiversitätskrise und Flächenfraß – ganzheitlich zu betrachten und auf allen Ebenen zu bekämpfen, herrscht eine fahrlässige Kurzsichtigkeit seitens der Entscheidungsträger“, kritisiert Josef Schrank, Alpenschutzexperte vom WWF Österreich. „Für Prestigeprojekte wie die Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal wird kostbare Landschaft für immer zerstört. Stattdessen müsste die Tourismuswirtschaft längst auf naturverträgliche Modelle setzen“, so WWF-Experte Schrank.
Das Ausbaggern und Asphaltieren eines Speicherteiches, der Bau von Gebäuden, Seilbahnen, Wegen und Pisten würden zwangsläufig den Totalverlust wertvollster alpiner Lebensräume bedeuten. Für den Bau der Bergstation würde gar ein Gipfel abgetragen werden. Wasserableitungen für technische Beschneiung, Querungen und Verlegungen drohen den Zustand der natürlichen Gewässer zu verschlechtern. Aufgrund der extremen Höhenlage ist eine vollständige Regeneration derartiger Lebensräume von den geplanten Eingriffen nicht möglich. Robert Renzler, Generalsekretär Österreichischer Alpenverein: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine derartige Zerstörung in Kauf genommen wird. Die Gletscher schmelzen uns unter den Füßen weg. Gleichzeitig werden unberührte Fließgewässer zur Beschneiung von Gletscherskigebieten genutzt und Speicherteiche errichtet. Ohne umfassende Klimaschutzmaßnahmen und bei weiter zunehmender Klimaerwärmung könnten sämtliche Gletscher in den Alpen bis 2100 weitgehend verschwunden sein. Daher brauchen wir anstatt neuer touristischer Infrastruktur vielmehr einen umfassenderen Schutz für alpine Regionen.“
Die Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal sieht vor, dass eine Fläche von rund 90 Fußballfeldern (64 Hektar) an wild zerklüfteter Gletscherlandschaft zu Schipisten eingeebnet und planiert wird. Für die Errichtung neuer Gebäude sollen zwei Fußballfelder (1,6 Hektar) an Gletschereis abgetragen werden. „Wir müssen diesen alpinen Flächenfraß stoppen: Gletscher spielen eine essenzielle Rolle im Wasserhaushalt alpiner Regionen, sind Wasserspeicher und einzigartige Naturschätze“, erklärt Leopold Füreder, Vorsitzender Naturfreunde Tirol. „Die heute noch unerschlossenen Gletscher müssen bundesweit und ausnahmslos vor belastender Erschließung und Nutzung geschützt werden. Der Natur- und Wasserschatz Gletscher gehört der Allgemeinheit und nicht einigen wenigen finanzstarken Investoren. Die Umsetzung des geplanten Projekts hätte auch schwerwiegende Auswirkungen auf das charakteristische Landschaftsbild. Verbauung und Schigebietsbetrieb würden den Erholungswert und das sommertouristische Potenzial des Gebiets erheblich beeinträchtigen.“
Rückfragehinweis:
Peter Emrich, Pressestelle Naturfreunde, 01 892 35 34 26,
peter.emrich@naturfreunde.at
Peter Neuner, Pressestelle Alpenverein, 0512 59547-39,
presse@alpenverein.at
Vincent Sufiyan, WWF-Pressesprecher, 0676 834 88 308
vincent.sufiyan@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Good News: Mehr Tiger in Bangladesch
84 bengalische Tiger konnten in einem geschützten Mangrovengebiet in Bangladesch nachgewiesen werden. Laut Schätzungen halten sich nun in dem Gebiet um 10% mehr Tiger auf, als noch im Jahr 2018!
Weltklimakonferenz: WWF fordert konkrete Deadlines für Kohle, Öl und Gas
Geplanter Ausstieg aus fossilen Energieträgern muss mit klaren Fristen geregelt sein – Mehr Geld für ärmere Länder und stärkere Rolle für Naturschutz gefordert
Was wir von der Klimakonferenz COP 29 erwarten
© adobestock/Jon Le BonZwei sehr wichtige Wochen für das Klima: Von 11. – 22. November 2024 findet die 29. Internationale Klimakonferenz in Baku/ Aserbaidschan statt. Dieser...
Weltnaturkonferenz: WWF kritisiert fehlende Fortschritte
Wichtige Beschlüsse zur Finanzierung ausständig, der Politik fehlen Ambition und Konsequenz – Vorläufiges Scheitern der Konferenz als “herbe Enttäuschung”
Neue Studie: Über 1.000 Flusskilometer mit hohem Renaturierungs-Potenzial in Österreich
Große heimische Flüsse auf Verbauungsgrad analysiert – WWF fordert Schwerpunkt auf Flüssen im österreichischen Renaturierungsplan und Schutz frei fließender Strecken
WWF fordert starkes Klimaschutz-Kapitel im neuen Regierungsprogramm
Neue ökosoziale Steuerreform, Reduktion des Energieverbrauchs und Klimaschutzgesetz als Kernpunkte – “Mehr Klimaschutz unverzichtbar für zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort”, sagt Ökonomin Sigrid Stagl
WWF fordert Absage von Anton Mattle zu Kaunertal-Ausbauplänen
Tiwag beharrt auf Wasserableitungen aus dem Ötztal – WWF fordert Landeshauptmann zu Klarstellung auf – Auch Speichervariante im Platzertal muss gestoppt werden
Weltnaturkonferenz: WWF ortet großen Nachholbedarf bei österreichischer Biodiversitätsstrategie
Start der COP16 in Kolumbien – Österreich läuft Gefahr, Ziele des Weltnaturabkommens zu verfehlen – WWF fordert nationalen Aktionsplan zum Schutz der biologischen Vielfalt