200 Quadratkilometer Auenlandschaft an der March wiederherstellbar – WWF-Reservat in Marchegg als Vorbild – WWF fordert Schwerpunkt auf Wiederherstellung von Flüssen
RHESI-Projekt: Umweltverbände beantragen Strategische Umweltprüfung bei der Bundesregierung
Bregenz, St. Gallen am 29. April 2020. Gemeinsames Ziel der grenzüberschreitenden Umweltallianz (WWF Österreich, WWF Schweiz, Naturschutzbund Vorarlberg, Pro Natura St.Gallen-Appenzell, ÖKOBÜRO Wien) ist es, das Jahrhundertprojekt besser für die Umwelt und noch sicherer für die Bevölkerung am Rhein zu machen. Die Umweltallianz beantragt heute, Mittwoch, eine Strategische Umweltprüfung (SUP) des Hochwasserschutzprojekts Rhesi bei der österreichischen Bundesregierung. Zu diesem Schritt sehen sich die Schutzverbände gezwungen, da das Entscheidungsgremium der Gemeinsamen Rheinkommission unmissverständlich ausrichten ließ, dass keine weitere Variantenprüfung erfolgen werde. Die Schutzverbände bedauern das, insbesondere weil sie vorab den konsensorientierten Verhandlungsweg intensiv beschritten haben.
Chancen dank Planungsinstrument Strategische Umweltprüfung SUP packen
Die EU-rechtlich in Österreich vorgeschriebene SUP verpflichtet dazu, dass bei großen Planungen wie hier sämtliche Umweltaspekte bestmöglich berücksichtigt werden. So puffern natürliche Flussauen Hochwasserspitzen ab, fördern die Grundwasserbildung, steigern den Naherholungswert für die Menschen und bieten geschützten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Das vorliegende Rhesi-Projekt verbessere zwar den heute desolaten ökologischen und flussbaulichen Zustand. Die Chance auf eine SUP-konforme Planung werde aber verpasst. Die Umweltaspekte würden deshalb nicht bestmöglich gestärkt. „Wir fordern von der Gemeinsamen Rheinkommission und der Politik eine Verbesserung des Projekts“, sagen Lukas Indermaur und Gerhard Egger vom WWF.
Die Strategische Umweltprüfung sollte im Fall der Bewilligung durch die zuständigen Ministerien möglichst rasch durchgezogen werden, um mehr für den Umweltschutz und die Sicherheit am Rhein zu erreichen. Bisher fehlende Adaptierungen könnten zügig und noch vor der Planauflage eingearbeitet werden. „Der Antrag zur Feststellung der Strategischen Umweltprüfung verzögert Rhesi nicht – die Planungen können weiterlaufen“, so Gregor Schamschula vom ÖKOBÜRO Wien.
Die Schutzverbände monieren, dass mit dem derzeitigen Projekt auch Chancen für den größtmöglichen Hochwasserschutz für das Rheintal verpasst würden. Bei einer Hochwasserkatastrophe zwischen Feldkirch und Bodensee können rund 300.000 Menschen betroffen sein und Schäden in Milliardenhöhe entstehen. Die Klimakrise wird immer akuter, die Prognosen immer düsterer. „Allein schon aufgrund des Vorsorgeprinzips sollte daher alles getan werden, um so viel Wasser wie möglich abführen zu können“, sagt Bianca Burtscher vom Naturschutzbund Vorarlberg. Auch wenn Fluss-Aufweitungen keine Spitzen zurückhalten, so sind diese dennoch dem Hochwasserschutz sehr dienlich. Denn wo aufgeweitet wird, steigen die Fluten weniger hoch.
Wo klemmt es?
Der derzeitige Planungsstand ist ein Abbild politischer Zwänge und eine Folge der bisher unterlassenen SUP. „Wichtige Flächen werden nicht angetastet, sind aber für ein funktionierendes Gewässer-Ökosystem und vollwertige Auen-Lebensräume zentral“, meint Christian Meienberger von Pro Natura St.Gallen-Appenzell. Zudem hätte ein noch breiteres Flussbett eindeutig auch punkto Hochwassersicherheit große Vorteile.
Aus ökologischer Sicht klemmt es noch bei den Auenstrukturen. Die Abschnitte werden zu wenig breit und lange aufgeweitet. Die Entwicklung von Auenstrukturen benötigt gewisse Flussbettbreiten und Abschnittlängen. Rhesi greift hier zu kurz und zu eng. Auf der gesamten 26 Kilometer langen Strecke entwickelt sich somit kein einziger Abschnitt mit vollwertiger Auenqualität ("Trittstein"). Auch bezüglich der Vernetzung weisen die Rhesi-Pläne gravierende Mängel auf. Mehr als zwölf Flusskilometer liegen zwischen dem Bodensee und Widnau/Lustenau, wo wegen unvollständiger Aufweitung keine vollwertigen Auen entstehen. Die Vernetzung mit dem Bodensee, dem wichtigsten Artenpool für die Wiederbesiedlung des renaturierten Rheins, ist somit nicht möglich.
Die fünf Umweltschutzorganisationen appellieren an die Gemeinsame Rheinkommission und die Politik. Das aktuelle Projekt müsse verbessert werden, klarer auf die zu erwartenden stärkeren Hochwasser der Zukunft ausgerichtet sein und auch die ökologischen Erfordernisse ernster nehmen. Diese Anforderungen gebieten die Bundesgesetze ohnehin, verdienen aber insbesondere bei einem Jahrhundertprojekt umfassende Beachtung. Alle Chancen müssten optimal genützt werden.
Die fünf beteiligten Schutzverbände bekennen sich seit dem Start des Projekts zu einem robusten Hochwasserschutz sowie einer raschen Projektumsetzung – dies aber stets unter der Annahme, dass damit eine möglichst naturnahe Gestaltung einhergeht und die Trinkwasserversorgung langfristig sichergestellt ist. An dieser Verbindlichkeit halten die Schutzverbände bis heute fest.
Rückfragen und Kontakt:
Naturschutzbund Vorarlberg, Mag. Bianca Burtscher,
Tel: 0043(0)664 735 91 243; Email: vorarlberg@naturschutzbund.at
WWF St. Gallen, Dr. Lukas Indermaur,
Tel: 0041(0)79 757 91 43, Email: Lukas.Indermaur@wwfost.ch
WWF Österreich, Vincent Sufiyan,
Tel: 0043(0)676 834 88 308; Email: vincent.sufiyan@wwf.at
Pro Natura St. Gallen-Appenzell, Dr. Christian Meienberger,
Tel: 0041(0)79 697 84 38; Email: ch.meienberger@pronatura-sga.ch
ÖKOBÜRO Wien, Mag. Gregor Schamschula,
Tel: 0043(0)699 106 56 303; Email: gregor.schamschula@oekobuero.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF legt über 50 Forderungen an künftige Bundesregierung vor
Umweltschutzorganisation fordert Klima- und Naturschutz-Offensive von neuer Regierung – Bundesweites Bodenschutzgesetz soll flächensparende Entwicklung sicherstellen
WWF: Brände im Amazonas, Cerrado und Pantanal breiten sich unaufhaltsam aus
Nach Rekord-Bränden im Juli geraten Feuer im August völlig außer Kontrolle: Knapp 29.000 Brandherde allein im Amazonas – giftige Rauchwolken gefährden Gesundheit der Bevölkerung
NEKP-Präsentation: WWF fordert ambitionierte Umsetzung
Umweltschutzorganisation fordert verbindlichen Abbauplan für umweltschädliche Subventionen, Energiespar-Programme und Stärkung natürlicher CO2-Senken
Startschuss für EU-Renaturierung: WWF fordert nationalen Schulterschluss
Naturschutzorganisation ruft Bund und Länder zum gemeinsamen konstruktiven Handeln auf – Ausreichende Finanzierung, bessere Datenlage und Transparenz wichtig für Erfolg
Neue Zahlen: Österreichs größte Städte deutlich stärker versiegelt als gedacht
WWF-Berechnung auf Basis von Satellitendaten zeigt um 35 Prozent höhere Versiegelung – Pro-Kopf-Werte in St. Pölten, Wiener Neustadt und Villach am höchsten – WWF fordert mehr Grünräume
Welt-Elefanten-Tag am 12. August: WWF fordert besseren Schutz
Elefanten leiden unter Wilderei und Zerstörung ihres Lebensraums – WWF Österreich schützt bedrohte asiatische Elefanten: Erfolge in Thailand
WWF-Umwelt-Check: Parteien versprechen Bodenschutz im neuen Regierungsprogramm
Vier von fünf Parlamentsparteien für Pakete gegen Bodenverbrauch und Lebensmittelverschwendung im künftigen Regierungsprogramm – Allianz für starkes Klimaschutzgesetz
Welterschöpfungstag am 1. August: WWF warnt vor Ausbeutung des Planeten
Enormer Ressourcen-Hunger ist “Raubbau an der Zukunft kommender Generationen” – WWF fordert Reduktion des Energieverbrauchs, Bodenschutz-Vertrag und Wiederherstellung zerstörter Natur