Naturschutzorganisation fordert ambitioniertes Handeln statt Retro-Kurs: Bodenversiegelung eindämmen, Naturerbe schützen, Klimaschutz-Chancen nutzen
Skandal: Weisung für Innkraftwerk Telfs wäre Ende des Naturschutzes in Tirol
Wien, Innsbruck, am 9. September – Im Tauziehen rund um das umstrittene Innkraftwerk Telfs forderte dieser Tage der Landesobmann des Wirtschaftsbundes Tirol, Jürgen Bodenseer, die Landesregierung auf, den Naturschutz per Weisung außer Kraft zu setzen. Nachdem in der wasserrechtlichen Vorprüfung bestätigt wurde, dass das Wasserkraftwerk eine der wertvollsten Innstrecken massiv schädigen würde, wünscht sich Bodenseer, die entsprechenden Bereiche einfach aus dem Sonderschutzgebiet auszuklammern. „Von einer Landesregierung einzufordern, geltendes Recht zu ignorieren bzw. für ein Projekt abzuändern, ist im österreichischen Naturschutz bislang beispiellos und schärfstens zu verurteilen!“, ist Andreas Wurzer, Stv. Geschäftsführer des WWF, empört. „Wozu brauchen wir Naturschutzgesetze und Behördenverfahren, wenn sie im Anlassfall einfach auf Zuruf aus der Wirtschaft angepasst werden?Der WWF fordert Landeshauptmann Platter auf, die Errungenschaften des Tiroler Naturschutzes vor den Begehrlichkeiten der Kraftwerkslobby zu schützen.
Immerhin hat das Land selbst die Rietzer Innauen zum Sonderschutzgebiet – der höchsten Schutzkategorie Tirols – erklärt, um dort jeglichen Eingriff in die Natur zu unterbinden. Nicht umsonst diente dieses Landschaftsjuwel unlängst als Kulisse für eine Hansi-Hinterseer-Show, und dreht der ORF derzeit eine Folge der Universum-Reihe über die Naturbedeutung dieser Inn-Strecke. „Es wäre ein Schildbürgerstreich, wenn dieses bedeutende Naturgebiet – ohne Behördenverfahren, nur auf politische Weisung hin – zerstört werden soll, und stellt die Glaubwürdigkeit der Tiroler Naturschutzpolitik in Frage“, so Wurzer vom WWF. „So dürfen wir mit unseren Flüssen nicht umgehen!“ Der WWF appelliert an Landeshauptmann Platter, diesem Anschlag auf das Tiroler Naturerbe den Riegel vorzuschieben.
Im Gegensatz zur Darstellung des Tiroler Wirtschaftsbundes wären die Auswirkungen des Kraftwerkes auf das Flusssystem des Inn fatal und hätten weit reichende Folgen. Die Auen des Sonderschutzgebietes Rietz und Mieming gehören zu den letzten 10 Prozent Auwaldresten, die sich im intensiv genutzten Inntal erhalten haben. In diesen Auen sind noch natürliche, artenreiche Schwemmländer, Schotterbänke und Erlen-Urwälder zu finden, die auch einen wesentlichen Beitrag für den ökologischen Hochwasserschutz leisten.
Ein Totalausbau der Wasserkraft ist auch energiepolitisch nicht zielführend, da er das Energieproblem lediglich verschleppt. „Auch wenn die letzten freien Fließstrecken verbaut werden, kann lediglich Österreichs Stromzuwachs für die nächsten 5 Jahre abgedeckt werden“, erklärt Wurzer. Bereits jetzt sind 80 Prozent aller österreichischen Flüsse und Bäche zerstört und nur noch 6 Prozent ökologisch intakt.
Angesichts des drohenden totalen Ausbaus der letzten österreichischen Fließgewässer haben sich die größten österreichischen Naturschutz-, Fischerei- und Kajakverbände zur Allianz „Flüsse voller Leben“ zusammengeschlossen. Die Partner der Allianz rufen die Tiroler zur Unterzeichnung der Petition auf www.fluesse-voller-leben-at./petition auf, um den heimischen Wasserschatz zu bewahren.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17 250
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