Der Braunbär
Einst Herr des Waldes
In Österreich zweimal ausgestorben
Der Braunbär (Ursus arctos) zählt zu den größten an Land lebenden Fleischfressern der Welt und ist von allen Bärenarten die am weitesten verbreitete. Der Europäische Braunbär (Ursus arctos arctos) kam einmal – mit Ausnahme von ein paar wenigen Inseln – in ganz Europa vor. Auch hierzulande waren die ehemaligen Herren des Waldes weit verbreitet – Österreich galt einst sogar als „Bärenland“. Doch „Meister Petz“ wurde als Nahrungskonkurrent und potenzielle Gefahr für Menschen immer mehr dämonisiert und gnadenlos gejagt. Bis ins 19. Jahrhundert waren Braunbären in Europa beinahe ausgerottet – auch in Österreich. Zwischen 1989 und 1993 startete der WWF Österreich den Versuch einer Wiederansiedlung in den nördlichen Kalkalpen. Trotz der Geburt von insgesamt 31 Jungtieren war das Projekt leider kein Erfolg. Der letzte in Österreich geborene Braunbär „Moritz“ verschwand im Jahr 2011. Mit seinem Verschwinden starben die Braunbären hierzulande ein zweites Mal aus.
Sorgt für Gesundheit und Samenverbreitung im Wald
Braunbären leben vor allem in großräumigen Waldgebieten und Gebirgswäldern. Sie zählen zwar zu den großen Carnivoren (Fleischfressern), sind aber keine besonders guten Jäger und ernähren sich überwiegend vegetarisch, etwa von Knospen, Wurzeln, Beeren oder Früchten. Jene Tiere, die Braunbären erbeuten, sind oft krank, alt oder bereits tot. Als Allesfresser steht auch Aas auf ihrem Speiseplan. Bären erfüllen eine wichtige ökologische Funktion im Lebensraum Wald, indem sie zur Samenverbreitung beitragen und kranke Tiere erbeuten bzw. Aas beseitigen.
Zukunft ungewiss
In Europa kommen Braunbären heute in größerer Zahl nur noch auf dem Balkan und in den Karpaten vor. In Österreich gibt es keine Bärenpopulation mehr – maximal Bärenbesuch im Süden und Westen, an der Grenze zu Italien, Slowenien und der Schweiz. Es handelt sich um wenige ausgewachsene Braunbär-Männchen, die aus den Bären-Populationen in Slowenien oder im Trentino stammen und sich nur eine Weile hier aufhalten. Obwohl die ehemaligen Herren des Waldes unter strengem Schutz stehen, ist ihr Überleben in Europa weiterhin stark gefährdet. Zu den Hauptbedrohungen zählen die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung, die illegale Verfolgung, der Flächenfraß durch Entwaldung und Straßenbau und damit der Verlust und die Zerschneidung von Lebensräumen.
Wissenschaftlicher Name
Ursus arctos
Unterarten
Es werden aktuell bis zu 16 verschiedene Unterarten unterschieden (Stand 2021), zum Beispiel:
- Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos)
- Grizzly (Ursus arctos horribilis)
Gefährdungsstatus
- Weltweit: Nicht gefährdet (IUCN 2017)
- Alpiner Raum: Vom Aussterben bedroht (IUCN 2018)
Lebensraum
Wälder, Gebirge, Tundra
Bestandszahl
- Braunbären in Europa: 17.000-18.000 (2012-2016)
- Braunbären in den Alpen: 100 (2023)
- Braunbären in Österreich: 2-4 (2018-2023)
Artenlexikon
Bedrohungen
Das bedroht den Braunbären
Bedrohung 1: Fehlende Akzeptanz
Die fehlende Akzeptanz der Menschen stellt in manchen Teilen Europas immer noch eine Bedrohung für die neugierigen Bären dar. Wie andere große Beutegreifer auch, polarisieren Braunbären und ihre Anwesenheit stößt mitunter auf Angst und Ablehnung. Wo der Bär in Konkurrenz zu menschlichen Nutzungsinteressen steht, entstehen Konflikte. Auch die Sorge um die öffentliche Sicherheit führt zu geringer Toleranz und Freude, über die Rückkehr der braunen Riesen. Die Dämonisierung tut den Tieren allerdings Unrecht. Sie sind von Natur aus scheu und meiden in der Regel den Menschenkontakt. Auffällige Bären („Problembären“) werden nicht als solche geboren, sondern oftmals vom Menschen gemacht – zum Beispiel, wenn aus falsch verstandener Tierliebe Bären gefüttert oder achtlos Abfälle liegen gelassen werden. Bären lernen schnell. Verlieren sie ihre Scheu vor Menschen kann das zu kritischen Situationen führen. Nicht selten endet dieses Verhalten mit dem Abschuss der Allesfresser.
Bedrohung 2: Illegale Tötungen
Zu einer der größten Bedrohungen für „Meister Petz“ zählt die Wilderei. Obwohl Braunbären vielerorts unter strengem Schutz stehen, werden sie immer wieder illegal getötet. Allzu oft fehlt es leider an Beweisen und Täter können nicht belangt werden. Wilderer haben es mitunter auf bestimmte Körperteile der Bären abgesehen, die sich auf dem Schwarzmarkt verkaufen lassen. Besonders schlimm ist die Situation in Rumänien, wo heute die größte Braunbär-Populationen Europas lebt. Wilder:innen stellen den Elterntieren nach, zurückgebliebene Bärenjunge werden gefangen und an Zirkusse oder Zoos verkauft – so sie nicht vorher sterben oder das Glück haben, gerettet zu werden. Hinzu kommt die legale, direkte Jagd auf die Tiere.
DER 31 BEIM VERSUCH DER WIEDERANSIEDLUNG IN ÖSTERREICH GEBORENEN BRAUNBÄREN VERSCHWANDEN SPURLOS
VERSCHWAND DER LETZTE IN ÖSTERREICH GEBORENE BRAUNBÄR "MORITZ"
Bedrohung 3: Entwaldung & Straßenbau
Zum (Über-)Leben brauchen Braunbären zusammenhängende Waldgebiete und viel Platz. Männliche Braunbären beanspruchen zwischen 120 und 1.600 km2, Weibchen zwischen 60 und 300 km2. Doch durch die großräumige Entwaldung und Nutzbarmachung der Wälder für menschliche Interessen, verlieren Braunbären immer mehr Lebensraum. Straßen und landwirtschaftliche Flächen zerschneiden die Wälder sowie die letzten Rückzugsorte der Bären. Die Folge: Die mitunter sehr kleinen Braunbär-Populationen werden voneinander getrennt, isoliert und erreichen sich nicht mehr. Langfristig sind die zum Teil sehr kleinen Bären-Populationen aber nur überlebensfähig, wenn sie miteinander verbunden sind und genetischer Austausch stattfindet. Zudem sterben durch die wachsende Infrastruktur immer mehr Braunbären im Straßenverkehr.
Lösungen
So können wir den Braunbären schützen
Lösung 1: Akzeptanz steigern
Für die Zukunft der Bären in und außerhalb Österreichs ist die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung entscheidend. Denn wo der Lebensraum der Braunbären den des Menschen kreuzt oder mit menschlichen Nutzungsinteressen (z.B.: Nutztierhaltung, Tourismus oder Holzindustrie) in Konkurrenz steht, sind Konflikte vorprogrammiert. Wenn alle zusammenarbeiten – Behörden, Politik, Grundbesitzer:innen, Jägerschaft, Naturschutz-Organisationen, Landwirtschaft und Wissenschaft – haben wir gemeinsam die Chance, dem Braunbären in unseren Wäldern wieder das Überleben zu sichern.
Lösung 2: Illegale Verfolgung bekämpfen
Braunbären sind europaweit geschützt. Dennoch kommt es immer wieder zu Fällen illegaler Verfolgung. Wilderei darf nicht länger als Kavaliersdelikt gelten. Der WWF arbeitet gemeinsam mit Partnern daran, dass die illegale Verfolgung von streng geschützten Arten als gravierendes Problem erkannt und entsprechend bekämpft wird. Dafür braucht es die Aufklärung der Bevölkerung, die Fachkenntnis bei den Behörden, mehr Kontrollen und eine konsequente Strafverfolgung. Damit das passiertmüssen vor allem die ermittelnden Behörden mehr Ressourcen bekommen. Der WWF setzt auch Anreize, damit Umweltdelikte gemeldet werden. Außerdem arbeiten wir daran, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Verurteilung von Straftäter:innen ausgeschöpft werden. Aus Sicht des WWF ist es zudem wichtig, die Zusammenarbeit zwischen Exekutive, Justiz und Wissenschaft bzw. Expert:innen auszubauen.
MAL IST DER BRAUNBÄR IN ÖSTERREICH BEREITS AUSGESTORBEN
BRAUNBÄREN HALTEN SICH HEUTE NOCH TEMPORÄR IN ÖSTERREICH AUF
Lösung 3: Bären-Management verbessern
Der österreichische Bären-Managementplan weist das Manko auf, in erster Linie auf die Behandlung von Problemen mit Bären ausgerichtet zu sein, ohne ein klares Ziel der Schutzbemühungen auf Populationsebene zu definieren. Aus WWF-Sicht braucht es ein kluges Bären-Management, das auf ein nachhaltiges, langfristiges Miteinander ausgerichtet ist, Sicherheit vermittelt und stärker auf Prävention setzt. Denn für viele Konflikte zwischen Bär und Mensch gibt es einfache Lösungen wie z.B. Elektrozäune rund um Bienenstöcke, richtiges Abfallmanagement sowie bärensichere Abfallcontainer.
Selbst in Zeiten, als in Österreich gleichzeitig mehrere Bären gelebt haben, ist es in keinem einzigen Fall zu einem gefährlichen Bärenangriff mit Verletztungen eines Menschen gekommen. Wenn allerdings Bären bewusst oder unbewusst gefüttert werden, verlieren sie ihre natürliche Scheu vor dem Menschen und können dadurch regelrecht zu „Problembären“ gemacht werden.
Projekte
So schützt der WWF den Braunbären – eine Auswahl an Projekten
Einsatz gegen Wildtierkriminalität
Der WWF arbeitet daran, dass das Problem von Wildtierkriminalität sichtbar gemacht und gemeinsam mit strategischen Partnern bekämpft wird. Wir haben in den letzten Jahren mit der Auslobung von Prämien versucht die Aufklärungsarbeit der Polizei zu unterstützen. Denn Erfahrungswerte zeigen, dass dieser Anreiz zusätzliche Hinweise und neue Ermittlungsstränge für die Polizei liefern kann. Aufdecken, aufklären und eingreifen – das ist auch der Leitspruch hinter dem Projekt „wildLIFEcrime“. Das Ziel des EU-LIFE-Projektes: Bis 2028 die Wildtierkriminalität in Deutschland und Österreich zu reduzieren.
Auffangstation für verwaiste Braunbären in Rumänien
Nirgendwo in Europa leben heute so viele wilde Bären wie in Rumänien. Doch die Wilderei, Abholzung und der Lebensraumverlust bedrohen die braunen Riesen – insbesondere den Bärennachwuchs. Jedes Jahr bleiben in den Wäldern Rumäniens verwaiste Braunbär-Jungtiere zurück. Auf sich alleine gestellt sind die kleinen Bären absolut hilflos. Der WWF unterstützt darum die einzige wilde Auffangstation für Bärenwaisen in ganz Europa. Mit moderner Technik und so wenig Menschenkontakt wie möglich, werden die Bären hier auf ein Leben in der Wildnis vorbereitet und nach maximal zwei Jahren wieder ausgewildert.
Umsetzung eines rechtskonformen Managements
Wir setzen uns für ein seriöses Management in Österreich ein. Die Basis für ein Management bilden sogenannte Managementpläne, in denen festgelegt wird, wie die Behörden mit einer bestimmten Tierart umgehen sollen. Der WWF ist für die Umsetzung eines rechtskonformen Managements im Einsatz.
Schützen Sie Österreichs Natur
mit einer
Österreich-Patenschaft!
Gemeinsam können wir Österreichs artenreichste Lebensräume und ihre Bewohner schützen. Ihre Patenschaft macht den Unterschied.
Häufig gestellte Fragen zum Braunbären
Sind Braunbären eine Gefahr für Menschen?
Braunbären sind sehr scheue Tiere und wählen bei einer Begegnung mit dem Menschen in der Regel den Rückzug. Dies ist auch der Grund, weshalb man so selten Bären zu Gesicht bekommt. Als intelligente Säugetiere sind Bären jedoch von Natur aus neugierig. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass sie – trotz ihrer angeborenen Scheu vor Menschen – ab und zu auch in der Nähe von Siedlungen beobachtet werden. Man darf nicht vergessen, dass es sich beim Bären um ein Wildtier handelt und man sollte ihnen deshalb – wie allen anderen Wildtieren – mit Respekt und Umsicht begegnen.
Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich einem Bären begegne?
Für den äußerst seltenen Fall einer Begegnung mit einem Bären, ist Ruhe zu bewahren das oberste Gebot. Bleiben Sie ruhig stehen und machen Sie den Bären durch lautes Reden und Bewegen der Arme auf sich aufmerksam. Nicht weglaufen! Verhalten Sie sich nicht ängstlich, aber vermeiden Sie alles, was der Bär als Bedrohung empfinden könnte. Werfen Sie nicht mit Steinen oder Stöcken, und versuchen Sie nicht, den Bären mit drohenden Gesten oder unkontrollierten Bewegungen zu verscheuchen. Verzichten Sie zugunsten Ihrer eigenen Sicherheit auf einen „Bärenschnappschuss“. Bären lernen schnell, sich an Futterquellen zu gewöhnen. Füttern Sie sie daher nicht und lassen Sie auch keine Essensreste zurück. Neben einigen Verhaltenstipps auf unserer Website, haben der WWF und die Österreichischen Bundesforste auch eine gemeinsame Broschüre für den richtigen Umgang mit Bär, Luchs und Wolf erarbeitet.
Gibt es in Österreich Braunbären?
Der Braunbär ist in Österreich bereits zweimal ausgestorben. Heute findet man die Bären nur noch in den Karawanken, Karnischen Alpen und Gailtaler Alpen in Kärnten und in Osttirol. Die 2 bis maximal 3 Männchen sind wandernde Individuen aus der slowenischen Population oder dem Trentino in Italien. Vereinzelt sind Bären in den letzten Jahren auch in anderen Gebieten aufgetreten. Zum Beispiel erreichte 2008/09 ein wandernder Bär Tirol und überwintert als erster Braunbär seit 100 Jahren wieder in dieser Region. Im Frühjahr 2012 haben die Trentiner Bären M12 und M13 in Tirol für Schlagzeilen gesorgt. KJ2G2, ein sechsjähriger Bär, der ebenfalls aus dem Trentino stammt und schon in Osttirol, Kärnten und Friaul nachgewiesen wurde wanderte im April 2012 ins Kerngebiet der ehemaligen Ötscher-Bären-Population ein, bevor er sich auf den Rückweg machte und nahe Donnersbachwald wieder verschwand.
Wohin kann ich mich wenden, wenn ich Bärenspuren entdeckt oder Probleme mit einem Bären habe?
„Bärenwanwälte“ sind in Österreich die wichtigste Anlaufstelle für die lokale Bevölkerung. Sie sind in ganz Österreich verteilt, stehen mit Rat und Tat zur Seite.halten, halten Vorträge und Seminare, begutachten Schäden, informieren, helfen bei Konflikten oder erheben Daten zum Verhalten der Bären. Hier finden sie die Kontaktdaten zu den Bärenanwälten.
Aktuelles zu bedrohten Arten
Artenschutz-Bilanz: WWF kürt “Gewinner und Verlierer des Tierreichs 2024”
Naturzerstörung, Wilderei und Klimakrise gefährden zahlreiche Tierarten – WWF zieht Bilanz und fordert Naturschutz-Offensive von der Politik – Artenschutz-Projekte geben Hoffnung
WWF-Report: Über 230 neue Arten in der Mekong-Region entdeckt
234 Funde entlang des Mekong: “Game of Thrones”-Eidechse, stachelloser Vampir-Igel, Krokodil-Molch – Region leidet unter Verschmutzung und Verbauung – WWF fordert besseren Schutz für “Schatzkiste der Artenvielfalt”
Good News: Mehr Schutz für Störe im Schwarzen Meer
Ein wichtiger Schritt für den Schutz von Stören: Diese müssen zukünftig im Schwarzen Meer besser vor Fischerei und Beifang geschützt werden. Außerdem verbessert sich künftig das Monitoring von Stören.
Winter auf dünnem Eis: WWF warnt vor zunehmenden Belastungen für Eisbären
Klimakrise und wachsende Öl-Industrie bedrohen den Lebensraum der Eisbären – Mütter und ihre Jungtiere besonders betroffen – WWF patrouilliert am Polarkreis zum Schutz und zur Entschärfung von Konflikten
Good News: Geretteter Seeadler besendert und wieder in Freiheit
Der WWF konnte gemeinsam mit VIER PFOTEN einen Seeadler retten und besendern. Am Montag wurde er wieder freigelassen. Der Vogel war zuvor mit einem Schädel-Hirn-Trauma aufgefunden worden.
Good News: Mehr Tiger in Bangladesch
84 bengalische Tiger konnten in einem geschützten Mangrovengebiet in Bangladesch nachgewiesen werden. Laut Schätzungen halten sich nun in dem Gebiet um 10% mehr Tiger auf, als noch im Jahr 2018!
Weltnaturkonferenz: WWF kritisiert fehlende Fortschritte
Wichtige Beschlüsse zur Finanzierung ausständig, der Politik fehlen Ambition und Konsequenz – Vorläufiges Scheitern der Konferenz als “herbe Enttäuschung”
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Start der COP16 in Kolumbien – Österreich läuft Gefahr, Ziele des Weltnaturabkommens zu verfehlen – WWF fordert nationalen Aktionsplan zum Schutz der biologischen Vielfalt
WWF Living Planet Report zeigt dramatischen Rückgang von Wildtierbeständen weltweit
Wildtierbestände seit 1970 um fast drei Viertel geschrumpft – Naturzerstörung als Ursache – WWF fordert globale Naturschutz-Offensive