Der Fischotter
Sündenbock der Flüsse
Der Fischotter war seit jeher in Österreich heimisch und teilte sich mit den Fischen problemlos den Lebensraum. Nachdem er im 20. Jahrhundert fast völlig ausgerottet wurde, erholt sich der Bestand der Art in den letzten 20 Jahren langsam wieder. Dennoch ist sein Comeback so manchen ein Dorn im Auge.
Eine Bereicherung für die Natur
Der Fischotter gehört zusammen mit anderen wasserbezogenen Arten zu gesunden und vielfältigen Fließgewässern einfach dazu. Als Top-Prädator steht er an der Spitze der Nahrungskette und erfüllt wichtige Funktionen im Ökosystem Fluss. So beeinflusst er etwa die Zusammensetzung und das Zusammenspiel anderer Arten in diesen Lebensräumen und sorgt als „Gesundheitspolizei“ für vitale Fischbestände.
Sündenbock im Wasser
Die Rückkehr des Fischotters in seinen ursprünglichen Lebensraum birgt Konfliktpotenzial, denn durch sein natürliches Verhalten geratet der Fischotter in Konkurrenz zu menschlichen Nutzungsinteressen z.B. der Fischereiwirtschaft. Hartnäckig hält sich auch der Mythos, dass Fischotter Flüsse und Bäche leerfressen. Der Fischotter wird zum Sündenbock für menschliche Verfehlungen gemacht. Doch der Rückgang der Fischbestände liegt nicht an der Rückkehr der Fischotter, sondern vielmehr an der weitreichenden Zerstörung und der nicht nachhaltigen Bewirtschaftung der Flüsse. Damit ein friedliches Zusammenleben möglich wird, arbeitet der WWF an Lösungen für ein konfliktfreies Neben- und Miteinander von Menschen und Fischottern.
Wissenschaftlicher Name
Unterarten
13 Unterarten
Gefährdungsstatus
- IUCN (2014): potenziell gefährdet
- Österreichische Rote Liste: potenziell gefährdet
- FFH-Einstufung:
Alpine biogeografische Region: U1 – ungünstig-unzureichend
Kontinentale biogeografische Region – günstig
Lebensraum
Bestandszahl
Artenlexikon
Bedrohungen
Das bedroht den Fischotter
Bedrohung 1: Zerstörte Gewässer & Nutzungskonflikt mit Menschen
Um den Lebensraum der Fischotter, unsere Flüsse und Bäche, steht es schlecht. Jahrzehntelang wurden sie verbaut, begradigt und für die Wasserkraft genutzt. Heute sind 60 % der Fließgewässer in keinem guten ökologischen Zustand. Und nur 17 % des gesamten Gewässernetzes können ohne Hindernisse frei fließen. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf die Nahrungsgrundlage der Fischotter, die Fischbestände, aus. Es fehlt den Fischen an Plätzen, um ihren Laich ablegen zu können. Rund 60 % der heimischen Fischarten gelten heute als gefährdet. Der Fischrückgang entzieht dem Fischotter aber nicht nur die Nahrungsgrundlage, sondern verstärkt auch noch den Nutzungskonflikt mit den Menschen.
Bedrohung 2: Rechtswidrige Ausnahmen vom strengen Schutz
Der Fischotter ist durch österreichische und internationale Gesetze, wie die EU Fauna-Flora-Habitat Richtlinie, streng geschützt. Doch seine Anwesenheit ist in Österreich nicht immer willkommen. Da ein großer Teil seiner Nahrung aus Fisch besteht, kommt es zu Nutzungskonflikten mit Anglern und Teichwirten. Besonders von diesen Nutzern wurde der Ruf nach Fischotter-Tötungen in den letzten Jahren immer lauter. Zuständige Behörden erlauben bereits in manchen österreichischen Bundesländern, Fischotter in großer Zahl zu töten – Maßnahmen, die in den Augen des WWF nicht rechtskonform sind. So kommt es zu einer Aufweichung des strengen Schutzes von Fischottern. Ein Beispiel wäre der Beschluss Kärntens im Jahr 2020 mehr Fischotter abzuschießen.
FISCHOTTER WERDEN IN KÄRNTEN LT. DERZEITIGER VERORDNUNG (2020-2022) GETÖTET
Bedrohung 3: Illegale Verfolgung & Straßenverkehr
Die Hinweise auf illegale Verfolgung von Fischottern mehren sich. Zunehmend werden mehr Fälle bekannt und angezeigt. So kommt es vor, dass Fallen, wie z.B. Tellereisen mit Fischködern aufgestellt werden, um Fischotter zu fangen. Oft verenden die Tiere dann qualvoll. Viele Fischotter werden auf ihren viele Kilometer umfassenden Streifzügen leider auch zu Opfern im Straßenverkehr.
Lösungen
So können wir den Fischotter schützen
Lösung 1: Verbesserung des Fischotter-Managements
Der WWF beobachtet das Management, also den Umgang mit den Fischottern, in den österreichischen Bundesländern genau und gibt Empfehlungen für die Verbesserung des Managements ab. Regelmäßig veröffentlichen wir auch eine Bestandsaufnahme im sogenannten „Bundesländerbarometer“. Wir weisen auf Mängel hin und bringen uns – wenn es gewünscht ist – auch aktiv bei der Erarbeitung von Management-Plänen mit unserem Know-How ein. Voraussetzung dafür ist ein intensiver Dialog mit allen beteiligten Interessensgruppen.
Lösung 2: Steigerung der Akzeptanz
Der Fischotter wird langfristig nur in Österreich (über-)leben können, wenn er und seine Lebensweise von den Menschen akzeptiert wird. Der Fischotter ist ein integraler Bestandteil der Natur und erfüllt wichtige Funktionen in seinem Lebensraum. Das ist leider stark in Vergessenheit geraten. Noch immer ranken sich viele Mythen und Gerüchte um den Fischotter. Der WWF möchte diese Mythen aufklären und sachlich dazu informieren. Darüber hinaus suchen wir im Dialog mit allen Stakeholdern nach Lösungen für ein konfliktfreies Zusammenleben.
Erst, wenn wir es geschafft haben, unsere Flüsse durch weitreichende Renaturierungen wieder lebendig zu machen, werden Fische dort wieder gute Lebensbedingungen vorfinden. Fischotterentnahmen sind aus rechtlicher Sicht bedenklich, nicht zielführend und lenken von den eigentlichen Versäumnissen ab.
Projekte
So schützt der WWF den Fischotter – eine Auswahl an Projekten
Engagement für Flüsse und Auen & Schutz der wertvollsten Gewässer
Über Jahrhunderte hat der Mensch Flüsse und ihre Umgebung massiv verändert. Die Flüsse wurden verbaut, gestaut und in enge Betten eingezwängt. Heute sind nur noch 15% aller Fließgewässer in Österreich ökologisch intakt. Der WWF setzt sich darum für den Schutz und, wo erforderlich, die Wiederherstellung intakter Fließgewässer in Österreich ein. Alles über unseren Einsatz für Österreichs Flüsse, kannst du hier nachlesen.
Artenschutzkonzepte für die „WWF Big 5“ in Österreich
Ziel des WWF Österreich ist es, den Fischotter – wie auch die anderen Arten der österreichischen WWF Big 5 (Biber, Luchs, Seeadler, Wolf) – in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet bestmöglich zu erhalten. Das ist wichtig, damit diese Arten ihre Funktionen im Ökosystem in einer umfassenden Form wahrnehmen können. Das trägt auch zur nachhaltigen Sicherung unserer Lebensgrundlagen bei. Natürlich bringt die Rückkehr dieser Arten auch Konflikte mit sich. Diese gilt es durch ein kluges Management zu minimieren. Um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen, arbeitet der WWF an Schutzkonzepten für die österreichischen „WWF Big 5“- Arten.
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Häufig gestellte Fragen zum Fischotter
Stimmt es, dass Fischotter Flüsse und Bäche leerfressen?
Nein. Zu diesem Schluss kommt auch eine Reihe von Untersuchungen, die die oberösterreichische Landesregierung durchführen ließ. Mehrere Jahre lang konnten Jäger:innen im Rahmen der Untersuchungen an bestimmten Flussabschnitten in Oberösterreich unbegrenzt Fischotter abschießen. Zwischen 2018 und 2021 wurden so insgesamt 52 Fischotter an vier verschiedenen Flussabschnitten getötet. Weder an diesen Fließstrecken noch an zwei Kontrollabschnitten konnten Verbesserungen der Fischbestände gemessen werden. In zwei untersuchten Gebieten wurden sogar Abnahmen der Fischbestände festgestellt. Die Ergebnisse bestätigen frühere Untersuchungen aus Kärnten und dem Burgenland.
Der Rückgang der Fischbestände hat nichts mit dem Fischotter zu tun. Vielmehr ist der Mensch für den heute katastrophalen ökologischen Zustand unserer Fließgewässer verantwortlich. Denn der Mensch hat die Flüsse jahrzehntelang aufgestaut und begradigt. Das brachte eine Fülle negativer Veränderungen mit sich, die dazu führten, dass Fließgewässer als Lebensraum für Fische und andere dort heimische Arten immer weniger geeignet sind. Es fehlen den Fischen wesentliche Strukturen im Gewässer, damit sie alle ihre Lebenszyklen und Entwicklungsphasen abwickeln können. So benötigen Fische, um ihren Laich ablegen zu können, Schotter, Kies und Sand in der richtigen Korngröße. Auch die Nahrungstiere der Fische können nur in Sediment von geeigneter Beschaffenheit überleben. Statt monotoner Gleichförmigkeit, brauchen Fische Vertiefungen, Kehrwasser – also rückwärtsgerichtete Strömung – oder Steine und Wurzeln, die Zuflucht oder Deckung vor ihren Fressfeinden bieten. Auch Sauerstoffmangel oder Krankheiten beeinträchtigen die Fischfauna. Der Fischotter ist demnach nicht Verursacher, sondern allenfalls punktueller Nutznießer von negativen Veränderungen – wie etwa fehlenden Deckungsmöglichkeiten für Fische – am Gewässer.
Haben Fischotter überhaupt Platz in unserer Kulturlandschaft?
Gibt es nicht schon zu viele Fischotter?
Nein, es kann nicht zu viele Fischotter geben. Der Erhaltungszustand wird in Österreichs kontinentaler Region als günstig eingestuft, aber in der alpinen Region noch als ungünstig. Also kann man sagen, dass es in Teilen Österreichs noch wenige oder gar keine Fischotter gibt. Außerdem reguliert sich der Bestand von selbst. Erwachsene Fischotter leben einzeln, sie beanspruchen jeweils eigene Streifgebiete und gehen sich aus dem Weg. Ab einem bestimmten Punkt stabilisiert sich der Bestand und wächst nicht mehr weiter. Eine Bestandsregulation durch den Menschen ist mit Sicherheit nicht notwendig.
Warum töten Fischotter in einem kleinen Teich manchmal mehr Fische, als sie fressen können?
Der Fischotter tötet nicht aus reiner Mordlust. Wie jedes Raubtier ist auch der Fischotter daran gewöhnt, dass Beute ein knappes und wertvolles Gut ist. Er fängt das, was am meisten vorhanden und am leichtesten zu fangen ist. Jagt ein Fischotter an einem Fischteich, findet er ein künstlich überhöhtes Nahrungsangebot vor, das kurzfristig einen Tötungsreflex auslösen kann. Dabei erbeutet ein Fischotter deutlich mehr Fische als er dann fressen kann. Dieses „überschüssige Töten“ ist eine typische Reaktion eines Beutegreifers auf dramatischen Nahrungsüberschuss (vgl. Fuchs im Hühnerstall), sie stellt aber nicht das typische Fressverhalten des Fischotters dar.
Ein leer gefressener Fischteich stellt für den Teichwirt selbstverständlich einen großen Verlust dar. Deswegen ist es wichtig ihnen Beratungsleistungen, Schutzeinrichtungen und Förderungen zur Verfügung zu stellen. Zur Abschreckung von Fischottern haben sich Einzäunungen – v.a. mit Elektrozäunen – bei richtiger Wartung sehr gutbewährt.
Rotten Fischotter tatsächlich Amphibien, Krebse und Muscheln aus?
Amphibien, Krebse und Muscheln sind Teil des Beutespektrums des Fischotters. Verantwortlich für deren Ausrottung ist er mit Sicherheit nicht. Denn er nutzt lediglich einen sehr geringen Teil der jeweiligen Bestände. Der Zusammenbruch von Amphibienbeständen in den letzten Jahrzehnten ist eine Folge von flächendeckend vorgenommenen Trockenlegungen von Feuchtgebieten sowie Verbauungsmaßnahmen an Gewässern. Heimische Krebsbestände hingegen leiden vor allem an der Krebspest. Diese Erkrankung wurde durch den Besatz mit amerikanischen Krebsen in heimische Gewässer eingeschleppt und hat die heimischen Krebsarten seuchenartig vernichtet. Flussperlmuscheln wiederum leiden unter der schlechten Gewässerqualität.
Erfahre im WWF-Report „Warum Tieren das Wasser bis zum Hals steht“ mehr über das Artensterben in Österreich.
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