Flussdelfine: Unbekannte Flussbewohner
akut bedroht
Die meisten Delfine, die wir kennen, leben im Meer. Was viele Menschen jedoch nicht wissen, ist, dass es auch Delfinarten gibt, die sich in trüben Flussgewässern aufhalten. Diese sogenannten Flussdelfine leben in den Flusssystemen Südamerikas und Asiens. Einige dieser Delfine leben ausschließlich im Süßwasser. Andere halten sich auch im Meer oder Brackwasser auf.
Zerstörerische menschliche Eingriffe
Der Mensch macht den Flussdelfinen das Überleben schwer. Flussdelfine brauchen komplexe und große Lebensräume, pflanzen sich erst relativ spät fort und zeugen weniger Nachwuchs. Doch der Mensch zerstückelt ihren Lebensraum, zum Beispiel indem er Staudämme baut. Die Folge: Der Delfin-Lebensraum schrumpft und die einzelnen Flussdelfin-Populationen werden voneinander getrennt. Das erschwert natürlich auch den Gen-Austausch bei der Fortpflanzung. Darüber hinaus nehmen auch die Fischbestände, die den Delfinen als Nahrung dienen, ab. Oder die Flussdelfine landen selbst als Beifang in Fischernetzen. Auch die Wasserverschmutzung stellt eine große Bedrohung dar. Das Resultat: Flussdelfine gehören sie zu den am meisten bedrohten Säugetieren überhaupt. Weltweit gibt es nur noch sechs Arten – und sie alle sind gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Gesunde Delfine – gesunder Fluss
Flussdelfine sind ein Indikator für die Gesundheit der Flüsse, in denen sie leben. Sie zeigen an, ob das Ökosystem intakt ist und reagieren auf negative Umwelteinflüsse wie einen Rückgang der Fischbestände oder Wasserverschmutzung sehr empfindlich. Wo es gesunde Bestände an Flussdelfinen gibt, da gedeiht also auch die gesamte Flusslandschaft mit all ihren Bewohnern. Der Schutz der Flussdelfine nützt also einer großen Anzahl von Arten – und nicht zuletzt auch dem Menschen. Denn auch wir sind auf gesunde Flüsse und sauberes Wasser angewiesen.
Wissenschaftlicher Name
Odontoceti (Fluss- oder Süßwasserdelfine aus der Unterordnung der Zahnwale)
Arten
- Amazonas Flussdelfine (Inia geoffrensis, Inia boliviensis, Inia araguaiaensis)
- Amazonas Sotalia (Sotalia fluviatilis)
- Chinesischer Flussdelfin (Lipotes vexillifer)
- Ganges Flussdelfin (Platanista gangetica gangetica)
- Indus Flussdelfin (Platanista gangetica minor)
- Jangtse Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis)
- Irawadi Delfin (Orcaella brevirostris)
Gefährdungsstatus
Vermutlich ausgestorben:
- Chinesischer Flussdelfin (IUCN 2017)
Vom Aussterben bedroht:
- Jangtse Glattschweinswal (IUCN 2012)
- Flusspopulationen der Irawadidelfine
Stark gefährdet:
- Amazonas-Flussdelfin (IUCN 2018)
- Amazonas Sotalia (IUCN, 2020)
- Ganges- und Indus-Flussdelfine (IUCN, 2004)
Lebensraum
Flusssysteme, Brackwasser und Meere in Südamerika und Asien
Bestandszahl
- Indus-Flussdelfin: ca. 2.000 (2020)
- Irawadi-Flussdelfin: ca. 300 in Flüssen (2020)
- Jangtse Glattschweinswal: ca. 2.000 (2020)
- Gangesflussdelfin: ca. 3.000 (2020)
- Chinesischer Flussdelfin: Zuletzt 2002 lebend gesehen
- Amazonas Flussdelfin: ungenügende Datengrundlage
- Amazonas Sotalia: ungenügende Datengrundlage
Artenlexikon
Bedrohungen
Das bedroht die Flussdelfine
Bedrohung 1: Staudämme
Immer mehr Staudämme zerschneiden den Lebensraum der Flussdelfine, und leider sind noch viele weitere Bauten in Planung. Werden kleine Flussdelfin-Bestände durch ein Kraftwerk getrennt, fördert dies die Inzucht und gefährdet das Überleben der geteilten Gruppen. Die Dämme sind oft unüberwindbare Hindernisse für die Fischwanderungen. Das gefährdet nicht nur die Nahrungsgrundlage der Flussdelfine, sondern auch die Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung, die an den Flüssen fischen.
Bedrohung 2: Gefangen im Netz
Flussdelfine verfangen sich oft mit ihren Flossen in engmaschigen Fischernetzen. Da sie dann nicht mehr an die Wasseroberfläche zum Atmen kommen, ertrinken sie qualvoll. Im Amazonas werden Flussdelfine von Fischern auch gezielt getötet. Den einen ist der Flussdelfin ein Dorn im Auge, weil sie glauben, dass die Delfine zu viele Fische fressen. Andere Fischer wiederum jagen Flussdelfine, um ihr Fleisch als Köder beim Fischen zu benutzen.
Bedrohung 3: Wasserverschmutzung
In Asien leben Flussdelfine oft in Flussabschnitten, in denen die Wasserqualität sehr schlecht ist. Ungefiltert gelangen Abwässer aus Industrie und Siedlungen, sowie Pestizid-Rückstände aus der Landwirtschaft in die Flüsse. Weiters sind Abwässer aus dem Bergbau dafür verantwortlich, dass beispielsweise in Amazonas-Delfinen gefährlich hohe Quecksilberwerte gemessen werden. Das verschmutzte Wasser kann die Fruchtbarkeit und Gesundheit der Tiere beeinträchtigen.
Lösungen
So können wir die Flussdelfine schützen
Lösung 1: Keine großen Staudämme mehr
Staudämme zerstören nicht nur den Lebensraum der Delphine, sie zerschneiden auch wichtige Wanderrouten ihrer Beutefische zerschneiden und trennen zusammenhängende Tierbestände voneinander. Frei fließende Flüsse können den vielen Lebewesen in ihnen optimale Bedingungen bieten – ein Staudamm brächte zubetonierte Flussbette und große zerstörte Gebiete mit sich. Deshalb engagieren wir vom WWF uns gegen zerstörerische Staudammprojekte.
Lies hier mehr über unsere internationale Arbeit zum Schutz der Flüsse: LINK
STAUDÄMME SIND AM MEKONG GEPLANT
Lösung 2: Nachhaltige Fischerei im Lebensraum der Flussdelfine
Zusammen mit Fischereibehörden, lokalen Organisationen und den Menschen vor Ort bekämpft der WWF illegale Fischereimethoden. Zu ihnen zählen beispielsweise das Fischen mit Dynamit oder mit verbotenen Netzen. Dies kommt sowohl den Flussdelfinen wie auch den gesamten Fischbeständen zugute, und davon profitiert letztlich auch die lokale Bevölkerung. Um die Überfischung in Flussabschnitten zu reduzieren, hilft der WWF den Fischern neue Erwerbsmöglichkeiten zu finden. Gemüseanbau oder Geflügelzucht bringen Zusatzeinkommen und erlauben es den betroffenen Familien, auf das Fischen in Schutzzonen zu verzichten oder saisonal begrenzte Schonzeiten einzuhalten.
Lösung 3: Flussverschmutzung stoppen
Wasser ist lebensnotwendig. Dennoch ist die Wasserverschmutzung eine der schwerwiegendsten ökologischen Bedrohungen, denen wir heute ausgesetzt sind. Deshalb ist es wichtig die Verschmutzung zu stoppen und mit Gemeinden, Unternehmen und Regierungen zusammenzuarbeiten, um Süßwasserlebensräume auf der ganzen Welt zu erhalten, zu schützen und wiederherzustellen.
„Die Bestände der Irawadi Delphine in Kambodscha haben sich stabilisiert. Jetzt gilt es für einen Aufschwung der Population im Mekong zu sorgen.“
Projekte
So schützt der WWF die Flussdelfine – eine Auswahl an Projekten
„River Dolphin Rivers“-Initiative (RDRI)
Die „River Dolphin Rivers“-Initiative (RDRI) des WWF hat das Ziel, die Zukunft der Flussdelfine und ihrer Lebensräume langfristig zu sichern. Und damit verbunden auch die Zukunft der ländlichen Gemeinden, die von ihnen abhängen. Die Vision der Initiative ist, bis 2030 den Rückgang der Flussdelfin-Bestände in Asien und Südamerika zu stoppen, die am stärksten betroffenen Bestände zu verdoppeln. Bis dahin will man den Bestand um zusätzliche 3.000 Flussdelfine erhöhen. Damit dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann, geht die WWF River Dolphin Rivers Initiative gegen die drei größten Bedrohungen für Flussdelfine vor: nicht nachhaltige Fischerei, Wasserkraft und Infrastruktur sowie Umweltverschmutzung.
South American River Dolphin Initiative (SARDI)
Wissen ist von entscheidender Bedeutung für den Schutz der Amazonas-Flussdelfine und deren Lebensraum. Nur wenn wir mehr ihr Verhalten, ihre Wanderrouten und vor allem über die Auswirkungen von Goldabbau und den Staudämmen in der Amazonas-Region wissen, können wir die Amazonas-Delfine gezielt schützen. Der WWF arbeitet innerhalb der „South American River Dolphin Initiative“ (SARDI) mit anderen Organisationen zusammen, um diese Wissenslücken zu schließen. Um dieses Wissen zu erlangen, braucht es Monitoring, also wissenschaftliche Beobachtung von Flussdelfinen. Eine Methode ist zum Beispiel die Verwendung von Satellitensendern, die an den Flussdelfinen angebracht werden, um mehr über ihr Wanderverhalten zu erfahren.
Schutz der Flussdelfine Irawadi-Flussdelfine im Mekong
Die größte Bedrohung für die Irawadi-Flussdelfine im asiatischen Mekong ist Beifang. Der WWF fokussiert sich deshalb darauf, illegale Fischereimethoden zu eliminieren, nachhaltige Fischerpraktiken zu fördern und der Bevölkerung den Zugang zu alternativen Erwerbseinkommen zu ermöglichen. Darüber hinaus vermitteln klären wir in Schulen und Weiterbildungen über die bedrohten Delfine auf und vermitteln Wissen über den Mekong als Lebensraum, über seine einmalige Artenvielfalt und darüber, welchen besonderen Wert die Flussdelfine für das Leben und den Menschen in der Region haben.
Häufig gestellte Fragen zu den Flussdelfinen
Warum sind manche Flussdelfinarten rosa?
Weil man die Blutgefäße unter ihrer dünnen haut durchschimmern sieht.
Warum findet man in Flussdelfinen soviel Quecksilber?
Wieso werden Flussdelfine “Zeigerarten” genannt?
Aktuelles zu bedrohten Arten
WWF-Erfolg: Brutrekord bei den Weißstörchen
Mit einem Schnitt von 2,77 flüggen Jungvögeln pro Brutpaar wurde im WWF-Reservat Marchegg ein Rekordwert für die letzten Jahrzehnte erreicht.
WWF-Erfolg: Erstes Flussdelfin-Kalb des Jahres entdeckt
Ein kleiner Irawadi-Delfin im Mekong lässt unsere Herzen zurzeit höher schlagen: Das Kalb ist das erste, das Forscher*innen 2023 vor Ort gesichtet haben.
Good News: WWF unterstützt italienisches Luchsprojekt
Zwei Luchsdamen wurden in die italienischen Alpen umgesiedelt. Das Ziel des Auswilderungsprogrammes: Eine Liebesgeschichte, die keine Landesgrenzen kennt.
Zwei Luchse in Norditalien freigelassen
Insgesamt fünf Auswilderungen Teil im Dreiländereck Friaul-Kärnten-Slowenien mit WWF-Beteiligung – Ziel: Vernetzung europäischer Luchsvorkommen – WWF warnt vor regionalem Aussterben in Österreich
Frühlingsbote: Erster Weißstorch in Marchegg gelandet
Störche kehren aus Winterquartier zurück – Bestand in Marchegg stabil, Gesamtbestand an March und Thaya rückläufig – WWF-Auenreservat bietet ausgezeichnete Lebensbedingungen
Good News: Mehr Nashörner, Elefanten und Büffel in Uganda
Seltene Arten vermehren sich wieder in Uganda. Die Zahl der Elefanten stieg innerhalb von vier Jahrzehnten um fast 300 %.
Welt-Artenschutztag: WWF fordert Rettungspaket für die Natur
Internationaler Artenschutztag am 3. März: Flächenfraß bedroht Artenvielfalt – Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze in ganz Österreich umsetzen
Good News: Wieder mehr Grizzlys in Nordamerika
Im 20. Jahrhundert gab es nur noch ein paar Hundert, zuletzt konnten sich die Bestände erholen. Davon profitieren nicht nur die Bären selbst: Sie machen sich als „Gärtner“ nützlich.
WWF-Erfolg: Nachwuchs bei den thailändischen Tigern
Tolle Neuigkeiten brachte die Auswertung von Wildtierkameras aus Thailand: Eine Tigerin, die wir seit 2021 beobachten, hat Nachwuchs bekommen!