Naturzerstörung, Wilderei und Klimakrise gefährden zahlreiche Tierarten – WWF zieht Bilanz und fordert Naturschutz-Offensive von der Politik – Artenschutz-Projekte geben Hoffnung
Umwelt-Allianz fordert klimafitte Flüsse statt subventionierter Naturzerstörung
WWF Österreich und Umweltdachverband warnen gemeinsam mit 40 Umweltverbänden und renommierten Stimmen aus der Wissenschaft vor Naturzerstörung durch das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
Wien, am 14. Juli 2020. „Für lebendige und klimafitte Flüsse, gegen subventionierte Naturzerstörung“: Unter diesem Motto warnt eine Allianz aus 40 Umweltorganisationen und Vertreter*innen aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft vor einem ungezügelten Ausbau der Wasserkraft auf Kosten der Allgemeinheit. Konkret fordert die Initiative von WWF Österreich und Umweltdachverband in einem aktuellen Appell wirksame Naturschutzkriterien im geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), damit keine neuen Kraftwerke in Schutzgebieten sowie an den letzten ökologisch intakten Flussstrecken subventioniert werden. „Gerade in der Klimakrise brauchen wir intakte Flüsse als Schutzschilder gegen Dürreperioden, Überhitzung und Artensterben. Daher muss die Bundesregierung sicherstellen, dass der notwendige Ökostrom-Ausbau in Zukunft konsequent naturverträglich erfolgt. Neue Kraftwerke in Schutzgebieten sowie in den letzten unberührten Flusslandschaften müssen tabu sein“, fordert WWF-Programmleiterin Hanna Simons. „Österreich hat einen viel zu hohen Energieverbrauch. Deshalb reicht es nicht aus, nur auf Ausbau zu setzen. Stattdessen müssen wir massiv Energie sparen und das Steuersystem komplett ökologisieren, um die Abhängigkeit von Öl und Gas stark zu verringern“, sagt Simons.
„Die Politik hat die Verbauung einzigartiger Flusslandschaften schon viel zu lange subventioniert und dadurch zahlreiche Ökosysteme in den Kollaps getrieben. Anstatt auch noch die letzten freien Fließgewässer zuzupflastern, muss das Fördersystem grundlegend reformiert und auf Modernisierung und Effizienzsteigerung bestehender Kraftwerke gesetzt werden. Der Ausbau der Erneuerbaren muss in Zukunft naturverträglich sein, wie es auch im Regierungsprogramm festgelegt ist. Ansonsten drohen stets neue Belastungen für die bereits stark geschädigte Biodiversität und Morphologie in unseren Fließgewässern“, sagt Umweltdachverband-Präsident Franz Maier. Denn laut einer aktuellen BOKU-Studie gelten bereits rund 60 Prozent der heimischen Fischarten als gefährdet, stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. „Der extrem hohe Ausbaugrad der Wasserkraft ist dafür einer der Hauptfaktoren“, so Maier.
Zu den Unterstützer*innen des Appells zählen neben zahlreichen Umweltorganisationen auch renommierte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft, darunter die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, der Klimaforscher Herbert Formayer, der Politikwissenschaftler Ulrich Brand und der Gewässerökologe Steven Weiss. Dazu kommen engagierte Prominente wie Skispringlegende Toni Innauer und Schauspieler Gregor Seberg. Gemeinsam fordern sie eine naturverträgliche Energiewende und einen Subventionsstopp für den Bau neuer Wasserkraftwerke in Schutzgebieten sowie an den letzten ökologisch sehr guten Flüssen. Da von den bestehenden Wasserkraftanlagen fast 80 Prozent die geltenden ökologischen Mindestanforderungen verfehlen, fordert der Appell Modernisierungen vor Neubauten. Nicht extra subventioniert werden sollen jene Kleinstkraftwerke, die für sehr wenig Energie sehr viel Natur zerstören und daher auch für das Klima nur wenig bringen.
Gewässerökologe Steven Weiss von der Universität Graz: „Unsere Flüsse sind die am stärksten vom Artensterben betroffenen Lebensräume. Auch in Österreich haben jahrzehntelange Fehlentwicklungen diese Ökosysteme stark beschädigt und zu einem drastischen Artenrückgang geführt. Dennoch sind zusätzlich zu den mehr als 5.200 bestehenden Wasserkraftwerken hunderte neue Projekte geplant. Dabei ist der hohe Anteil von Anlagen unter 1 MW Leistung besonders problematisch. Dieser Bereich liefert weniger als 5 Prozent des Stroms, macht aber 86 Prozent aller Anlagen aus, die ins Netz liefern. Befeuert von schlechten finanziellen Anreizen stellt jedes einzelne dieser Kleinstkraftwerke einen massiven Eingriff in die Natur dar.“
Klimaforscher Herbert Formayer von der Universität für Bodenkultur Wien: „Die Klimakrise ist längst in Österreich angekommen. Im Kern jeder Lösungsstrategie muss unser viel zu hoher Energieverbrauch stehen. Wenn wir es nicht schaffen, unseren Bedarf zu reduzieren, führt dies unweigerlich zur weiteren Ausbeutung natürlicher Ressourcen auf Kosten künftiger Generationen. Erneuerbare Energien dürfen – anders als bisher – nur mehr konsequent naturverträglich ausgebaut werden.“
Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Pressesprecher WWF Österreich
Tel.: +43(0)676 834 88 308
E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
www.wwf.at
Dr.in Sylvia Steinbauer
Presse- & Öffentlichkeitsarbeit Umweltdachverband
Tel.: +43 (0) 1 40 113-21,
E-Mail: sylvia.steinbauer@umweltdachverband.at
www.umweltdachverband.at
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