Lückenhaftes und oberflächliches Regierungsprogramm wird Problem nicht gerecht – Neue Bodenstrategie und Raumordnungsnovelle müssen wirksame Maßnahmen gegen Flächenfraß in der Steiermark bringen
Umweltzerstörung und Gesundheit: WWF legt Drei-Punkte-Plan zur Gefahrenabwehr vor
Wien, 02.04.2020 – Angesichts der COVID-19-Pandemie warnen immer mehr führende Biodiversitätsforscher davor, dass die Gefahren für die Gesundheit des Menschen durch massive Umweltzerstörungen weiter zunehmen werden. Zudem steige die Wahrscheinlichkeit des Auftretens weiterer Zoonosen, also von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten, und anderer Infektionskrankheiten. Im schlimmsten Fall können sich daraus neue Pandemien entwickeln. Die Naturschutzorganisation WWF Österreich fordert daher ein international konsequentes Vorgehen gegen den illegalen Wildtierhandel und eine bessere Regulierung des legalen Handels, ein Ende der Zerstörung von Ökosystemen und Lebensräumen sowie mehr Grundlagenforschung über die Prozesse, die das Überspringen von Krankheitserregern von Tieren auf den Menschen möglich machen. "COVID-19 macht uns allen deutlich, dass wir Ökosysteme besser schützen müssen", sagt WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides. "Die Vernichtung der biologischen Vielfalt hat indirekte und direkte Folgen auf die Gesundheit des Menschen. Lebensraumzerstörung wie Entwaldung sowie illegaler oder unzureichend regulierter Wildtierhandel machen häufigere und schwerwiegendere Ausbrüche von Infektionskrankheiten wahrscheinlicher." Eine schlichtes "Weiter so" dürfe es nach der COVID-19-Krise nicht geben, so Johanides. Der WWF hat daher drei Weichenstellungen identifiziert, um die Risiken weiterer Zoonosen und Infektionskrankheiten in Zukunft zu verringern:
1. Konsequentes Vorgehen gegen den illegalen Wildtierhandel sowie bessere Kontrollen des legalen Artenhandels mit Produkten wie etwa Wildfleisch: Kernelement ist ein rigoroses Vorgehen gegen illegalen Artenhandel, inklusive der Schließung von unregulierten Märkten und der Überarbeitung von Gesetzen, um Schlupflöcher zu schließen. Dazu eine bessere Regulierung des legalen Artenhandels, um dem Auftreten von Zoonosen vorzubeugen, etwa durch höhere hygienische Standards. Hier bräuchte es mehr Unterstützung, gerade für Entwicklungs- und Schwellenländer. Auch bei internationalen Abkommen und Verhandlungen muss das Thema, so die WWF-Forderung, noch stärker als bisher in den Fokus rücken.
2. Artenvielfalt schützen und anerkennen, dass diese für Ökosysteme und menschliche Gesundheit unabdingbar ist: Der Schutz der biologischen Vielfalt und ein Ende der Lebensraumzerstörung ist laut WWF ein Schlüsselfaktor, um die Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten zu verhindern. Umweltveränderungen führen zu neuen Ausbreitungsmustern von Krankheitserregern. Wenn Lebensräume und Ökosysteme zerstört werden und natürliche Barrieren wegfallen, bringt das Arten in Kontakt zueinander, die vorher nicht im Kontakt waren. Außerdem entsteht eine neue, räumliche Nähe zum Menschen. Beide Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten und Zoonosen. Österreich muss hier im eigenen Interesse seiner Verantwortung nachkommen und eine Vorreiterrolle übernehmen. Konkret fordert der WWF Gesetze auf nationaler wie europäischer Ebene für entwaldungsfreie und nachhaltige Lieferketten. Die Finanzwirtschaft und die staatlichen Hilfs- und Konjunkturprogramme müssen umgehend neben der Solvenz auch ökologische und soziale Kriterien aufstellen und deren schrittweise Erfüllung überprüfen. Hierzu gehört das Klimaziel von Paris, ebenso wie die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen.
3. Die Gesundheit von Menschen, Wildtieren und Umwelt muss konsequent zusammen gedacht werden: Die Zusammenhänge zwischen Lebensraumzerstörung und dem weltweiten Verlust der Artenvielfalt einerseits und der menschlichen Gesundheit andererseits müssen sowohl in der Politik als auch bei der globalen Gesundheitsvorsorge und in der Forschung stärkeres Gewicht erhalten. Es gelte ein etwaiges Silo-Denken aufzubrechen und diese Herausforderungen noch interdisziplinärer anzugehen. Ohne Trendwende und bessere Vorsorge müsse man davon ausgehen, dass künftig vermehrt Epidemien wie etwa SARS, die Vogelgrippe oder COVID-19 drohen. Die Prozesse, die zur Entstehung solcher Ausbrüche führen, müssen daher besser verstanden und der Mensch durch Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt bestmöglich geschützt werden. Diese Einsicht muss in zukünftigen Forschungs- und Förderprogrammen stärker in den Vordergrund rücken, so der WWF.
Rückfragehinweis:
Mag. Florian Kozák
Pressesprecher WWF Österreich
florian.kozak@wwf.at
+43 676 83 488 276
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF fordert zügige Umsetzung des nationalen Klimaplans
Künftige Bundesregierung in der Pflicht – WWF fordert Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie Energiespar- und Naturschutz-Programme, um Klimaziele zu erreichen
Nachhaltiges Weihnachtsfest: WWF fordert Paket gegen Lebensmittel-Verschwendung
Lebensmittel-Verschwendung während der Feiertage vermeiden: WWF gibt Tipps und fordert künftige Bundesregierung zum Handeln auf
WWF-Report: Über 230 neue Arten in der Mekong-Region entdeckt
234 Funde entlang des Mekong: “Game of Thrones”-Eidechse, stachelloser Vampir-Igel, Krokodil-Molch – Region leidet unter Verschmutzung und Verbauung – WWF fordert besseren Schutz für “Schatzkiste der Artenvielfalt”
Steiermark: WWF fordert deutliche Kurskorrektur beim Bodenverbrauch
WWF-Analyse zeigt ungebrochen hohen Bodenverbrauch – Umweltschutzorganisation fordert umfassende Reform der Raumordnung von künftiger Landesregierung
Silvester: WWF fordert Verkaufsverbot von Böllern und Raketen
Feuerwerkskörper schaden Mensch, Tier und Umwelt – Verwendungsverbot für Personen ohne Pyrotechnikausweis und Verbot von Raketen und Böllern gefordert
Good News: Mehr Schutz für Störe im Schwarzen Meer
Ein wichtiger Schritt für den Schutz von Stören: Diese müssen zukünftig im Schwarzen Meer besser vor Fischerei und Beifang geschützt werden. Außerdem verbessert sich künftig das Monitoring von Stören.
Neue Studie: WWF fordert raschen Abbau umweltschädlicher Subventionen
WWF-Klimasprecher zur KONTEXT-Studie: „Eine Reform muss gerade in budgetär schwierigen Zeiten hohe Priorität haben. Alles andere wäre ein Schildbürgerstreich der Sonderklasse“
Nationalparks: Über 111.000 Hektar Erweiterungs-Potenzial in Österreich
Neue UBA-Studie identifiziert Österreichs Biodiversitäts-Hotspots – WWF fordert politische und finanzielle Weichenstellung zur Erweiterung der österreichischen Nationalparks.