WWF erkämpft Akteneinsicht in Landes-Gutachten und belegt unvollständige Tiwag-Unterlagen – Sachverständige sehen offene Gefahren – WWF fordert Stopp des UVP-Verfahrens
Wasserkraft-Ausbau bedroht Natura 2000-Gebiet Isel: WWF fordert besseren Schutz
Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich warnt vor einem neuen Anlauf zur Verbauung der geschützten Isel und ihren Zubringerflüssen. Obwohl sich das Land Tirol zum Schutz des Osttiroler Wildflusses bekannt hat, sind aktuell im Umfeld und sogar innerhalb des Natura 2000-Gebiets sieben Kraftwerke geplant und teilweise schon erstinstanzlich bewilligt. Insgesamt drohen dadurch 42 Kilometer an Flusslandschaft dauerhaft verbaut werden. „Mit der Nominierung der Isel als Natura 2000-Gebiet im Jahr 2015 hat sich das Land Tirol dem Erhalt dieser einzigartigen Flusslandschaft verpflichtet. Heute zeigt sich, dass dieser Schutzschirm leider große Löcher hat“, warnt Christoph Walder, Naturschutzexperte vom WWF in Tirol. Aktueller Anlassfall ist der geplante Kraftwerksausbau an der Schwarzach, einem wichtigen Isel-Zubringer. Obwohl Gutachten erhebliche ökologische Verschlechterungen belegen, wurde das Projekt in erster Instanz bewilligt. „Die Welle an geplanten Kraftwerken übersteigt die Belastungsgrenze der Isel. Die Tiroler Landesregierung muss endlich tätig werden und die Erhaltungsziele für das Gebiet konkretisieren und den Wildwuchs an Bauplänen in die Schranken weisen“, sagt Christoph Walder. „Gleichzeitig ist die österreichische Bundesregierung gefordert, naturverträgliche Rahmenbedingungen zu schaffen und Wasserkraftprojekten in hochsensiblen Gebieten eine klare Absage erteilen.“
Bereits 90 Prozent der heimischen Süßwassertiere weisen einen ungünstigen Erhaltungszustand auf. Süßwasserökosysteme sind massiv vom Artensterben betroffen. Der WWF warnt daher eindringlich vor weiterer Flussverbauung, vor allem bei ökologisch besonders wertvollen Gewässern. „In Osttirol ist klar ersichtlich, dass die Expansion der Wasserkraft auch vor den letzten intakten Flusslandschaften nicht zurückschreckt“, sagt WWF-Experte Walder. „Es braucht daher einen besseren Schutz für unsere Schutzgebiete. Umweltlandesrätin Ingrid Felipe hat bereits eine Naturschutzverordnung zur Erlassung eines Naturschutzgebietes ‚Gletscherflusssystem Isel‘ ausgearbeitet. Diese müsste endlich unterzeichnet werden, um den diversen naturzerstörerischen Vorhaben rund um das Schutzgebiet endgültig zu begraben.“
Gleich mehrere nicht-abgestimmte Kraftwerksprojekte an den Zubringerflüssen Tauernbach, Kalserbach, Schwarzach und Lesachbach gefährden das Gletscherfluss-System der Isel. An der Schwarzach sollen in Spitzenzeiten sogar bis zu 80 Prozent des Wassers abgeleitet werden. Für viele Wochen im Jahr würde nur ein Bruchteil des Wassers im Fluss verbleiben. Die vorgelegten Gutachten zeigen klar, dass der geplante Kraftwerksausbau zu erheblichen Verschlechterungen führen wird- mit fatalen Auswirkungen auf das Schutzgebiet flussauf- und abwärts. „Gleich mehrere Naturschutzverfahren, wie etwa zum Ausbau des Kraftwerks Schwarzach sowie zu den Kraftwerksplänen am Tauernbach und Lesachbach zeigen, dass Projekte nur unzureichend geprüft und zu schnell bewilligt werden. Anstatt Naturschutz effektiv zu leben, wird hier auf Kosten wertvoller Lebensräume mit völlig unzureichenden Ausgleichsmaßnahmen eine Genehmigung ermöglich“, sagt WWF-Experte Christoph Walder. Gegen die Bewilligung des Kraftwerks Tauernbach und Schwarzach haben mehrere Umweltverbände Berufung eingelegt. Die Bewilligungen werden derzeit gerichtlich geprüft.
Wasserkraftausbau in Österreich
Mit mehr als 5.200 Kraftwerken ist die Wasserkraft in Österreich bereits sehr stark ausgebaut. Dazu kommt: Nur jedes fünfte bestehende Kraftwerk, erfüllt laut Auskunft des Umweltministeriums die geltenden ökologischen Mindeststandards im Hinblick auf Restwasserdotierung und Durchgängigkeit. Dies führt in Kombination mit anderen Belastungsfaktoren wie Verschmutzungen und Regulierungen, dazu, dass nur mehr 15 Prozent der Flüsse einen sehr guten Zustand aufweisen. Unverbaute Flüsse wie die Isel sind somit in ganz Österreich zu einer Seltenheit geworden. Gerade in Zeiten der Klimakrise kommt intakten Gewässern jedoch eine wichtige Rolle zu, da diese besser mit den sich ändernden Umweltbedingungen zu Recht kommen und die negativen Folgen der Klimaerwärmung abmildern können. Der WWF Österreich sieht die neue Bundesregierung gefordert, um zu gewährleisten, dass jeder weitere Ausbau naturverträglich erfolgt und Altanlagen, die nicht mehr am Stand der Technik sind, entsprechend angepasst werden.
Die Isel ist einer der letzten ursprünglichen, rauschenden Wildflüsse der gesamten Alpen und bietet einer großen Vielfalt an seltenen Arten Lebensraum. Beispiele dafür sind die vom vom Aussterben bedrohten und europäisch geschützten Flussuferläufer oder die Deutschen Tamariske.
Rückfragen und Kontakt:
Vincent Sufiyan, WWF-Pressesprecher, Tel. 0676 83 488 308,
E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
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