Wasserkraft-Lobby missbraucht Atomangst für ihre Profitzwecke

25. März 2011 | Presse-Aussendung

Wien, am 25. März 2011 – Der WWF ist schockiert, dass der VERBUND die Atomkatastrophe von Fukushima nach einer – sehr knapp bemessenen – Pietätszeit für eine Offensive in Sachen Wasserkraft nutzt. Noch während die Einsatzkräfte in Japan mit der Eingrenzung der Katastrophe kämpfen ortet hierzulande Verbundchef Anzengruber ein Ausbaupotential für die Wasserkraft um 14 […]

Wien, am 25. März 2011 – Der WWF ist schockiert, dass der VERBUND die Atomkatastrophe von Fukushima nach einer – sehr knapp bemessenen – Pietätszeit für eine Offensive in Sachen Wasserkraft nutzt. Noch während die Einsatzkräfte in Japan mit der Eingrenzung der Katastrophe kämpfen ortet hierzulande Verbundchef Anzengruber ein Ausbaupotential für die Wasserkraft um 14 Terawattstunden bis 2030. „Als Konsequenz aus der Atomkatastrophe vervierfacht Anzengruber gleich einmal die in der Energiestrategie Österreichs festgeschriebene Ausbauzahl“, schüttelt Christoph Walder, WWF-Flussexperte den Kopf. „Selbst wenn man alle Flüsse bis auf den letzten Wassertropfen zubetonieren würde, kann der Energiebedarf in den nächsten Jahren aus Wasserkraft nicht gedeckt werden. Die Folge aus dem Totalverbau wäre der Tod unserer heimischen Gewässer, und dennoch keine Lösung des Energieproblems, wenn der Verbrauchszuwachs weiterhin alles auffrisst. Energieeffizienz und ökologisch und sozial verträglicher Ausbau bei den erneuerbaren Energien lautet das Gegenrezept des WWF.

Damit die Halbierung des Gesamtenergieverbrauchs in Österreich bis 2030 gelingen und Öl und Gas durch Erneuerbare ersetzt werden können, müsse die Wasserkraft massiv ausgebaut werden, argumentiert der VERBUND. „Hier werden – vielleicht bewusst – Äpfel mit Birnen vermischt“, konstatiert Walder. „Denn nicht nur der Energieverbrauch gehört massiv gesenkt, sondern vor allem auch der Stromverbrauch!“. Derzeit entfallen nur 18 Prozent des heimischen Energiebedarfs auf Strom. Den Löwenanteil macht jene Energie aus, die wir für Autofahren und Wärme brauchen. Wenn fossile Energien durch Strom ersetzt werden, steigt der Stromanteil am Gesamtenergieverbrauch automatisch und verspricht gute Geschäfte. „Erst wenn der jährliche Stromverbrauchszuwachs von rund zwei Prozent nicht als Naturgesetz hingenommen, sondern gestoppt wird, kann es zu einer echten Energiewende in Österreich kommen.“

Stadt bei Nacht, © by Michel Gunther/WWF-Canon
Stadt bei Nacht, © by Michel Gunther/WWF-Canon

Auch das Argument, dass Österreich nicht genügend Strom hat und ihn deshalb importieren und seine Wasserkraft ausbauen muss, lässt Walder vom WWF so nicht gelten. Der billige Strom aus Kohle und Atom wird nicht wegen der Versorgungssicherheit Österreichs eingeführt, sondern für den Betrieb der riesigen Pumpspeicheranlagen in den Alpen. „Diese Pumpspeicher verkauft man uns als saubere Wasserkraft, die drei Viertel des heimischen Bedarfs decken sollen. Tatsächlich sind diese Anlagen reine cash cows, die mit billigem Mixstrom aus dem Ausland hauptsächlich Spitzenstrom für den Export erzeugen“, stellt Walder klar.

In Wahrheit kann Wasserkraft niemals die bestehenden Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke ersetzen. „Voraussetzung für die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren, ist ein Stopp der Energieverschwendung in allen Sektoren“, so Walder. „Das klingt nicht sehr sexy und es will auch keiner hören, aber um Einsparmaßnahmen kommen wir nicht herum!“ Durch die in der Energiestrategie Österreichs genannten Einsparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen könnten rund 17 Terawattstunden Energie eingespart werden – das entspricht immerhin rund 10 bis15 Atomkraftwerken des Typs Zwentendorf.

Wasserkraftwerk am Yenisey River, © by Hartmut Jungius/WWF-Canon
Wasserkraftwerk am Yenisey River, © by Hartmut Jungius/WWF-Canon

„Mit dieser Kampfansage beschwört der VERBUND nach der Klima- und Atomkatastrophe eine andere Katastrophe herauf, nämlich den Kollaps der österreichischen Flüsse“, so Walder. Die Folgen wären dramatisch: Verfaultes Grundwasser, Hochwasserverschärfung und Beraubung der Flüsse um ihre Selbstreinigungskraft, die für Trinkwasser so notwendig ist.
Schon jetzt befinden die österreichischen Flüsse aufgrund des hohen Ausbaugrades der Wasserkraft und überzogener Flussverbauungen in einem desaströsen Zustand, wie eine Studie der Universität für Bodenkultur nachweist. Auf einer Skala von 1 bis 5 erreichen sie in der Bewertung "Ökologischer Zustand" nur den Wert von 3,7. In einfacheren Worten: Bereits 70 Prozent der heimischen Flüsse sind beeinträchtigt bis zerstört.

Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, Pressesprecherin  WWF-Österreich
Tel: 01/488 17 250, email: claudia.mohl@wwf.at

Christoph Walder, Wasserschutz-Experte
Tel: 0676/92 55 430, email: walder@ecotone.at

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