WWF an Landeshauptmann: Regionalplan Osttirol statt ökologischer Katastrophe

26. September 2012 | Presse-Aussendung

Innsbruck, am 26. September 2012 – Nach den heftigen Diskussionen um das umstrittene Isel-Kraftwerk im Virgental fordert der WWF den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter auf, die Entwicklungen wieder in geordnete Bahnen zu lenken. „Die Pläne der Firma Infra sind für den WWF naturschutzfachlich eine Katastrophe und werden im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren wahrscheinlich hochkant durchfallen“, prophezeit Bernhard Kohler […]

Innsbruck, am 26. September 2012 – Nach den heftigen Diskussionen um das umstrittene Isel-Kraftwerk im Virgental fordert der WWF den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter auf, die Entwicklungen wieder in geordnete Bahnen zu lenken. „Die Pläne der Firma Infra sind für den WWF naturschutzfachlich eine Katastrophe und werden im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren wahrscheinlich hochkant durchfallen“, prophezeit Bernhard Kohler vom WWF. Nichtsdestotrotz muss bereits jetzt neben dem ökologischen auch vor einem finanziellen Desaster für Virgen und Prägraten gewarnt werden. Die beiden Gemeinden wollen als Bauherren auftreten, obwohl sie das Geld für die weiteren Planungen nicht selbstständig aufbringen können und obwohl kein Eigenbedarf an Strom aus diesem Kraftwerk besteht.

„Wenn schon Kraftwerke gebaut werden sollen, dann nur aufgrund eines regional abgestimmten Plans“, gibt Kohler vom WWF zu bedenken. „An der ökologisch hochsensiblen Isel ist ein Kraftwerk nicht genehmigungsfähig! Dieses Flussjuwel ist viel zu schade, um als Spekulationsobjekt herzuhalten, noch dazu mit dem Geld Dritter.“ Alleine die weiteren Planungen und Bewilligungsverfahren würden rund sieben Millionen Euro verschlingen – Geld, das Virgen und Prägraten zu 50 Prozent aufbringen müssten, jedoch nicht besitzen. „Uns haben die Bürgermeister dagegen utopische Gewinne aus dem Geschäft versprochen und sich so die Zustimmung bei der Bürgerbefragung gesichert“, klagt Adolf Berger von der Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk Virgental. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Planungskosten machen im Übrigen die Werbemaßnahmen aus, mit denen zwei PR-Firmen der Bevölkerung das Projekt ein Jahr lang „schön geredet“ haben, so Berger.

Der Prägratner Landwirt Berger spielt auf die demokratiepolitisch bedenkliche Umfrage voller Suggestivfragen an. In einer eilends vor der touristischen Hauptsaison im Juni durchgezogenen Abstimmung hatten die Bürger von Virgen und Prägraten mehrheitlich für das Kraftwerk gestimmt. Die Gemeinden des Iseltales mit der Stadt Lienz, die aufgrund der Auswirkungen des Kraftwerkes ebenso touristische Einbußen zu befürchten haben, wurden freilich nicht befragt.

„Wir Iselfrauen sind für einen sorgsamen Gebrauch der Ressource Wasser und für einen Diskussionsprozess der über das Virgental hinausgeht“, wirft Anna-Maria Kerber von der Osttiroler Initiative Iselfrauen ein. „Zusätzlich zu den touristischen Einbußen durch das Kraftwerk bedingt die veränderte Flussdynamik massive Auswirkungen auf die Natur der gesamten Nationalparkregion, auf die Pflanzen, die Tiere – und auf den Naherholungsraum für uns und unsere Kinder.“

Dieser alpenweit bedeutende Gletscherfluss darf nicht als Spielball für die Spekulationen zweier Gemeinden und einer Planungsgesellschaft herhalten. Der WWF regt stattdessen an, für Osttirol einen "Wasserwirtschaftlichen Regionalplan" auszuarbeiten. Dieser wird unter breiter Einbindung der Bevölkerung, Gemeinden, Behörden und Interessensvertreter erarbeitet und legt rechtsverbindlich fest, welche Gewässer genützt werden dürfen und welche geschützt werden müssen. Die Naturschutzorganisation WWF bietet gerne an, hier ihr fachliches Know-How einzubringen.

Die Naturlandschaften des Flussheiligtums Isel und seiner Zubringer, punkten mit einer einzigartigen Artenvielfalt die sich im Laufe von Jahrtausenden entwickelt hat. Bedrohte Vogelarten wie der Flussuferläufer oder seltene Pflanzen wie die Deutsche Tamariske würden einem Kraftwerksprojekt geopfert werden, das energiewirtschaftlich nicht notwendig ist und dessen Vorantreiben überwiegend auf wirtschaftlichen Versprechungen basiert. Diese Versprechen werden womöglich nicht halten – der Schaden an der Natur ist in jedem Fall irreversibel, gibt der WWF zu bedenken. Neben dem Iselkraftwerk sollen in Osttirol noch weitere 15 Kraftwerksbauten realisiert werden.

Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Bernhard Kohler, Leiter des WWF-Österreichprogramms, Tel. 01/488 17-281, E-Mail: bernhard.kohler@wwf.at

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