Geplanter Ausstieg aus fossilen Energieträgern muss mit klaren Fristen geregelt sein – Mehr Geld für ärmere Länder und stärkere Rolle für Naturschutz gefordert
WWF: EU-Klimaziel für Österreich zu wenig ambitioniert.
Presseaussendung
Wien, 20. Juli 2016 – Der WWF kritisiert die Klimaziele für Österreich, die die EU-Kommission heute bekannt gab. Österreich muss seine Treibhausgasemissionen auf Basis von 2005 nur um 36 Prozent verringern. Für den WWF ist diese Reduktion viel zu gering, um als Klimaschutzziel ausreichend wirksam zu sein, sie entspricht auch den Pariser Klimaschutzbeschlüssen nicht. „Die Bundesregierung muss für 2030 eine CO2-Reduktion von 50 Prozent auf Basis von 1990 festlegen und den Ausstieg aus fossilen Energien bis 2050 zur Zielvorgabe der österreichischen Energie- und Klimastrategie machen. Sonst bleibt der Beitrag Österreichs gegen den Klimawandel unzureichend“, so WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.
Die EU-Kommission hat heute die Klimaziele für die EU-Mitgliedsstaaten für den Zeitraum bis 2030 bekanntgegeben. Die EU-Ziele können nur als Minimalrahmen gesehen werden, der im Interesse der Menschen und der Wirtschaft in Österreich weit übertroffen werden muss, so der WWF. Die Umweltorganisation sieht den Prozess zur Entwicklung einer Österreichischen Energie- und Klimastrategie sehr kritisch. Beanstandet wird vor allem das Fehlen richtiger Zielvorgaben. Allgemeine Begriffe wie „Leistbarkeit“ oder „Wirtschaftlichkeit“ werden zu Zielen umdeklariert ohne sie zu quantifizieren. Ebenso werden wesentliche Fragen, wie die vielen Eingaben bei der Konsultation ausgewertet werden, wie aus den gesammelten Vorschlägen eine Strategie abgeleitet wird, wie das „Weißbuch“ zustande kommen soll und auch wer es schreibt, nicht beantwortet.
Der WWF ist besorgt: „Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrere Versuche erlebt Strategien gegen den Klimawandel für Österreich festzulegen aber die Versuche sind bisher alle gescheitert. Wir fordern eine klare Linie von der Bundesregierung, die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens als Ziel und keine Scheinaktivitäten wie die derzeit laufende Onlinebefragung“, so Schellmann.
Eines der Hauptprobleme bei den früheren Versuchen zu einer wirksamen Klima- und Energiestrategie war das Fehlen einer Gesamtstrategie. Stattdessen wurden meist ohne deutliche Stoßrichtung Vorschläge für Einzelmaßnahmen gesammelt, die im Kompetenz- und Interessensdickicht von Bund, Ländern und Sozialpartnerschaft nur manchmal, ungenügend oder oft gar nicht umgesetzt wurden. Es war auch nicht erkennbar dass sich die Bundesregierung für die Umsetzung besonders verantwortlich gezeigt hat. Dadurch sind die Treibhausgasemissionen Österreichs seit 25 Jahren praktisch gleich hoch geblieben. „25 wichtige Jahre wurden versäumt“, so Schellmann. Dabei zeigt gerade das erst letzter Woche veröffentlichte „European Innovation Scoreboard“, dass jene Staaten, die eine ambitionierte Energie- und Klimapolitik verfolgen, im Innovationsranking sehr gut abschneiden, allen voran Schweden. Dort gibt es als zentrales Lenkungsinstrument eine CO2-Abgabe kombiniert mit einem innovationsfördernden Rückvergütungssystem.
„Die Fehler aus der Vergangenheit drohen sich zu wiederholen. Wir fordern daher von Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei den zentralen strategischen Fragen für Klarheit zu sorgen“, so Schellmann. „Der WWF bemüht sich intensiv um Verbesserungen im Energie- und Klimastrategie-Prozess. Wir brachten bereits unsere Vorschläge ein und werden dies auch weiterhin tun. Aber für den WWF sind die fehlende Zielvorgaben und die Unklarheit über den Prozess inakzeptabel. Wir werden uns an dieser Online-Konsultation nicht beteiligen, in der derzeitigen Form ist sie nicht zielführend. Wir können uns dieses herumlavieren angesichts der steigenden Klimaschäden nicht mehr leisten“, so Schellmann abschließend.
Weitere Informationen:
Karl Schellmann, WWF Klima- und Energiereferent, Tel. 01-48817-249; E-Mail: karl.schellmann@wwf.at;
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