Naturschutzorganisation fordert Eingreifen des Landeshauptmanns – Tiwag will trotz negativer Volksbefragung langfristig weiter Wasser aus dem Ötztal ableiten
WWF: Neues UVP-Gesetz untergräbt Schutz der Flüsse
Wien, am 27. Juni 2012 – Am 28. Juni behandelt der parlamentarische Umweltausschuss die Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G). Im Vergleich zum ursprünglichen Ministerialentwurf wird eine Erhöhung der Schwellenwerte vorgeschlagen, ab denen bestimmte Wasserkraftwerke UVP-pflichtig werden. „Ein Skandal angesichts der ökologisch kritischen Situation unserer Flüsse“, so Christoph Walder vom WWF. Außerdem sollen auch weiterhin Wasserkraftwerke in Schutzgebieten aller Kategorien, darunter Landschafts- und Naturschutzgebiete sowie Natura 2000-Gebiete, keinen erschwerten Kriterien unterliegen. Im Bereich der Windkraftnutzung sind derartige Bestimmungen beispielsweise seit Jahren Standard. Der WWF und das ÖKOBÜRO fordern die Mitglieder des Umweltausschusses auf, diese Verschlechterungen im novellierten Gesetzestext zu berücksichtigen.
Gemeinsam haben Österreichs Umweltorganisationen am 22. Juni eine Stellungnahme an die Umweltausschuss-Mitglieder eingebracht. Darin fordern sie generell eine Senkung des Schwellenwertes von derzeit 15 auf 10 Megawatt (MW) Engpassleistung eines Kraftwerkes. Das würde sicher stellen, dass Wasserkraftprojekte an den Hauptflüssen Österreichs eine UVP durchlaufen müssen. „Eine UVP muss nur dann durchgeführt werden, wenn die Schwellenwerte im Anhang des UVP-G überschritten werden“, erklärt Lukas Wachter vom ÖKÖBÜRO. „Da diese in Österreich generell für verschiedenste Projektskategorien sehr hoch festgelegt wurden, sind wir mit etwa 20 bis 30 Verfahren jährlich im EU-Vergleich Schlusslicht“, so der Umweltjurist.
Auch die nun vorgeschlagene Neuregelung, wonach Wasserkraftwerke mit mindestens 10 MW nicht UVP-pflichtig sind, wenn der Rückstau weniger als die 20fache Gewässerbreite ausmacht, ist für den Flussschutz kontraproduktiv. „Diese Berechnungsgrundlage funktioniert bei alpinen Gewässern einfach nicht. Sowohl das hohe Gefälle als auch die geringe Gewässerbreite der Bäche würden zu falschen Ergebnissen führen“, erklärt Walder.
Geht das Gesetz in der vorliegenden Form durch, wären Kraftwerke an Flussheiligtümern wie der Steiermärkischen Schwarzen Sulm oder das Projekt Meng in Vorarlberg von einer UVP-Pflicht ausgenommen – „eine Attacke auf die Natur und die Artenvielfalt dieser letzten natürlichen Flusslandschafen, die noch nicht energiewirtschaftlich genutzt sind“, so Walder vom WWF. Wachter vom ÖKOBÜRO unterstreicht: „Die UVP-G-Novelle ist deshalb nicht nur mit entscheidend für die Zukunft unserer Flüsse, sondern auch für die erfolgreiche Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.“
Weiters kritisieren die NGOs novellierten Gesetzestext das Fehlen von Schwellenwerten für schutzwürdige Gebiete. „Der Gesetzgeber muss ein generelles Verbot für Kraftwerke oder andere Infrastrukturvorhaben, die Schutzziele konterkarieren, ermöglichen“, fordert Walder. „Wozu schafft man Schutzgebiete, wenn die Natur dort keinen deutlichen Vorsprung vor allen Nutzungsformen hat?“ Bei der UVP-Pflicht für Kraftwerksketten ist für die Naturschützer wesentlich, dass die kumulierenden Wirkungen mehrerer Kraftwerke berücksichtigt ins UVP-Gesetz mit aufgenommen werden.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Lukas Wachter, Umweltjurist im ÖKOBÜRO, Tel. 01/524 9377-13, E-Mail: lukas.wachter@oekobueo.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Gewinne das „Malbuch – vom Aussterben bedrohte Tiere“ (Ursula Wejwoda)
So nimmst du am Gewinnspiel teil: Zeichne dein Lieblingstier und schick uns bis 16. August 2024 ein Foto von deiner Zeichnung mit dem Betreff "Gewinnspiel Malbuch" an...
WWF-Bodenreport 2024: Wertvoller Boden verschwindet unter Beton
Der WWF hat einen neuen Bodenreport veröffentlicht! Das heißt: Er hat sich angesehen, wie es dem Boden in Österreich geht. Denn schon lange gibt es das Problem, dass natürliche...
Good News: Luchsin Talìa hat Nachwuchs bekommen
Im Mai 2023 wurde Luchsdame Talìa freigelassen. Knapp ein Jahr später hat sie nun Nachwuchs bekommen – vermutlich nach einem Rendezvous mit Männchen Miha. Eine tolle Bestätigung für das Projekt „ULyCA2“.
WWF-Erfolg: Großer Uferschwalben-Brutplatz an der Drau geschützt
Kroatische Gemeinde Ðelekovec stellt seltenen Vogelarten ein Steilwandufer zur Verfügung. Einer der größten Brutplätze für Uferschwalben, Bienenfresser und Eisvögel an der Drau ist somit gesichert.
WWF-Bodenreport: Politik verfehlt Bodenziel um 110.000 Hektar
Umweltschutzorganisation warnt vor Versiegelung als Sicherheitsrisiko für Österreich – WWF fordert nationalen Schulterschluss mit “Bodenschutz-Vertrag”
WWF am Tag der Regenwälder alarmiert: Naturparadiese stehen vor dem Kollaps
Regenwälder weltweit in dramatischem Zustand – Umweltschutzorganisation warnt vor kritischen Kipp-Punkten in den artenreichsten Lebensräume der Erde
Good News: Iberische Luchse weniger gefährdet
In Spanien und Portugal ist die Anzahl der Iberischen Luchse seit 2022 um 21% gestiegen. Die Art wurde nun von der Roten Liste der IUCN im Gefährdungsstatus herabgestuft. Wir freuen uns, denn das bestätigt unsere Arbeit vor Ort.
Artenschutz im Urlaub: WWF warnt vor Souvenirs aus seltenen Tieren und Pflanzen
Umweltschutzorganisation warnt vor tierischen Urlaubsmitbringseln: “Bedrohte Arten haben im Koffer nichts zu suchen” – WWF-Souvenir-Ratgeber bietet Orientierung