Zersiedelung und Straßenbau zerstören den Lebensraum von Hasen und anderen Wildtieren – VCÖ und WWF fordern Reduktion des Bodenverbrauchs und ein Ende der Zersiedelung
WWF Report: Mittelmeer versinkt im Müll

Wien, 06.07.2019 – Mittelmeerländer scheitern daran, ihren Kunststoffmüll umweltverträglich zu entsorgen. Mehr als eine halbe Million Tonnen Plastik werden deshalb jährlich in das Binnenmeer geschwemmt. Das entspricht umgerechnet 33.800 Plastikflaschen pro Minute. Täglich sammeln sich fünf Kilogramm Kunststoffmüll pro Küstenkilometer an. Beliebte Reiseziele der Österreicher zählen zu den meistverschmutzten Gegenden, wie eine Analyse der Umweltschutzorganisation WWF zeigt. Vor allem Barcelona, Tel-Aviv, Valencia, Venedig, das Po-Delta, die Bucht von Marseille und die türkische Region Kilikien sind betroffen. „Der Tourismus erhöht den Druck aufs Mittelmeer. Die kommunale Abfallentsorgung kann mit dem saisonal steigenden Müllaufkommen nicht mithalten. Während der Urlaubszeit mit bis zu 200 Millionen Reisenden steigt die Abfallbelastung der Küstenregionen um bis zu 40 Prozent“, sagt Axel Hein, Meeresbiologe des WWF Österreich.
„Die Natur zahlt den höchsten Preis für die Verschmutzung des Mittelmeeres. Doch auch für die Wirtschaft wird die Plastikflut teuer“, warnt Hein. Meeresmüll verursacht jährlich Kosten von 641 Millionen Euro für Tourismus, Fischerei und maritime Wirtschaft. Gleichzeitig tragen Wirtschaftszweige wie der Seehandel und die Fischerei zur Misere bei: 20 Prozent des Kunststoffmülls sind verlorene Ladung oder Fischereigerät. Hauptursache für die Mittelmeer-Verschmutzung ist ein grundsätzlicher Systemmangel, beruhend auf Versäumnissen bei Produzenten und Behörden. Mehr als die Hälfte des im Mittelmeerraum produzierten Kunststoffs landet innerhalb von einem Jahr in der Mülltonne. Der Großteil endet auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen, nur ein Bruchteil wird wieder genutzt oder recycelt.
Wenig Recycling, Müllimporte binden Kapazität
Abfallentsorgung und Recyclinganlagen sind rund um das Mittelmeer unterschiedlich gut ausgebaut. Offene Mülldeponien sind vielerorts verbreitet, wodurch Müll über die Flüsse ins Meer geschwemmt wird. Von 24 Millionen Tonnen der jährlich in den Mittelmeerländern anfallenden Plastikabfälle werden 6,6 Millionen Tonnen unkontrolliert beseitigt – also entweder gar nicht erst eingesammelt oder auf illegalen Deponien oder in der offenen Landschaft entsorgt. Die drei Anrainerstaaten Ägypten, Türkei und Italien sind verantwortlich für zwei Drittel der Kunststoffabfälle, die in die Umwelt gelangen.
Zudem führte der chinesische Importstopp für Plastikmüll zu Verschiebungen im globalen Handel mit Kunststoffabfällen. Seit 2018 gehört die Türkei zu den zehn größten Plastikmüll-Importländern der Welt und nimmt steigende Müllmengen aus Großbritannien, Belgien und Deutschland auf. „Ein Großteil der Recyclingkapazität in der Türkei wird für importierten Plastikmüll eingesetzt“, so Hein. Diese Abfälle sind besser sortiert als der lokal anfallende Müll, der nicht wiederverwertet wird oder im schlimmsten Fall unkontrolliert in die Umwelt gelangt. „Statt die Recyclinganlagen schwach entwickelter Länder mit westeuropäischem Müll zu verstopfen, sollten wir diese dabei unterstützen, bessere Sammel-, Sortier- und Mehrwegsysteme zu etablieren“, appelliert Hein.
Der WWF fordert Österreich und die Europäische Union auf, sich auf allen Ebenen für ein ambitioniertes internationales UN-Abkommen gegen den Eintrag von Plastikmüll ins Meer einzusetzen. Dieses soll strenge Ziele gegen Plastikmüll enthalten und zu nationalen Aktionsplänen verpflichten. Es soll zudem die Grundlage für eine verstärkte Zusammenarbeit mit weniger entwickelten Staaten legen, um beispielsweise den Ausbau der Infrastruktur für Müllentsorgung und -wiederverwertung voranzutreiben. „Wir brauchen eine gemeinsame globale Antwort gegen die Plastikflut. Sonst verkommt nicht nur das Mittelmeer zur Deponie“, schließt Hein.
Rückfragehinweis:
Mag. Florian Kozák, Pressesprecher WWF Österreich
florian.kozak@wwf.at, +43 676 83 488 276
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF-Erfolg: Kleiner Leopard in Armenien geboren
Persische Leoparden sind extrem selten. Umso erfreulicher: Erstmals wurde in Armenien die Geburt eines Leoparden offiziell registriert. Ein Erfolg, der auf jahrzehntelangen Schutzbemühungen basiert.
Neuer WWF-Bericht: Biber als Schlüsselart in Klima- und Biodiversitätskrise
Welt-Bibertag: Heimischer Nager bringt hohen Nutzen für Biodiversität und Anpassung an Extremwetter – WWF fordert mehr Raum für tierischen Bauingenieur
Wiederansiedlung: WWF stärkt den Artenschutz am Inn
Hilfsmaßnahmen für gefährdete Arten am Inn – INNsieme connect siedelt Zwergrohrkolben in den Mieminger und Rietzer Innauen an und schafft Laichplätze für seltene Gelbbauchunke
WWF kritisiert Kaunertal-Einreichung als “fahrlässig und verantwortungslos”
Tiwag will Ausbau Kraftwerk Kaunertal trotz zahlreicher Risiken und Naturgefahren durchboxen – WWF fordert Stopp und verweist auf Alternativen für naturverträgliche Energiewende
Neuer Klima-Check stellt Regierungsprogramm durchwachsenes bis schlechtes Zeugnis aus
WWF und Ökonomin Sigrid Stagl zeigen Chancen, Lücken und Widersprüche im neuen Koalitionspakt – Mehr Priorität für verbindlichen Klima- und Naturschutz gefordert
WWF: Kärntner Landesregierung will bis zu 740 Biber zur Tötung freigeben
Biber-Verordnung soll verlängert und verschärft werden – Zahl der erlaubten Tötungen wird mehr als verdoppelt – WWF kritisiert Angriff auf Artenschutz
19. WWF-Earth Hour: Weltweite Klimaschutzaktion am Samstag
Bundespräsident unterstützt Initiative – An berühmten Wahrzeichen rund um den Globus geht für eine Stunde das Licht aus – WWF Österreich fordert: “Klimaschutz – jetzt erst recht!”
WWF-Analyse: Bundesregierung muss beim Bodenschutz nachschärfen
Regierungsprogramm im Bodenschutz-Check: vereinzelt neue Ansätze, drohende Rückschritte – Bodenverbrauch weiter viel zu hoch – WWF fordert mehr Verbindlichkeit und echte Reformen